Spatenstich zu Napoleons Zeiten
200 Jahre Industriegeschichte in Bomlitz
Der Industriestandort Bomlitz feiert sein 200-jähriges Bestehen und gehört damit zu den ältesten Chemiestandorten weltweit. Der als Pulvermühle im napoleonischen Zeitalter 1815 gegründete Standort gehört seit 2007 zu Dow und spielt für die Forschung und Produktion des Unternehmens in Europa eine wesentliche Rolle.
Der US-amerikanische Chemiekonzern betreibt in Bomlitz den „Industriepark Walsrode“ mit insgesamt rund 2000 Arbeitsplätzen in mehreren ansässigen Unternehmen. In den firmeneigenen Produktionsanlagen und dem dazugehörigen Forschungszentrum für Zellulosechemie sind rund 800 Mitarbeiter beschäftigt. Zellulose spielt dank ihrer wasserbindenden, verdickenden und klebenden Eigenschaft eine wichtige Rolle in der Nahrungsmittel- und Pharmaproduktion, bei Körperpflegemitteln sowie bei der Herstellung von Baustoffen und Farben.
“Wir produzieren hier auf Basis von nachwachsenden Rohstoffen. Unsere moderne und nachhaltige Zelluloseprodukte sind ein wichtiger Teil unseres Spezialchemieportfolios. Wir bedienen damit die unterschiedlichsten Anwendungen, wie die Herstellung von Pharmazeutika und Kosmetika bis hin zur Bauindustrie. Ich bin froh, dass Produktion und Forschung in sehr kompetenten Händen liegen. Das Know-how am Standort ist herausragend“, sagt Ralf Brinkmann, Business President weltweit für Dow Consumer Care. „Das Werk hat es immer wieder geschafft, sich neu zu erfinden und sich durch zukunftsweisende Produkte erfolgreich am Markt zu positionieren. Die Geschichte der Chemieindustrie in Bomlitz zeigt, dass Kontinuität und Wandel keinen Widerspruch bilden. Der heutige Industriepark Walsrode steht damit beispielhaft für die Zukunft des Industriestandortes Deutschland - und beispielhaft für die Zukunft unseres Unternehmens“, erklärt Dr. Willem Huisman, Präsident Dow Deutschland. Dr. Neldes Hovestad, Werkleiter Bomlitz, ergänzt: „Die besonders enge Beziehung zwischen Unternehmen, Gemeinde und Mitarbeitern prägt den Standort. Wir sind hier verwurzelt und danken heute vor allem unseren engagierten und hoch qualifizierten Mitarbeitern, die über Generationen hinweg an der langen und bewegenden Erfolgsgeschichte des Werks mitgearbeitet haben“.
Ausstellung & Jubiläumsbroschüre
Von der Gründerurkunde des Werks über ein altes Pulverfass aus dem 19. Jahrhundert und alten Reklameschildern bis hin zu neusten Forschungs- & Entwicklungsexponaten – eine Jubiläumsausstellung im Erdgeschoss der „Alten Verwaltung“ zeigt die Vergangenheit und Zukunft der Bomlitzer Industrie mit Text, Bild und Video. Außerdem haben die im Industriepark ansässigen Unternehmen eine Jubiläumspublikation in Auftrag gegeben: Der Historiker Thorsten Neubert-Preine hat mit großem persönlichen Einsatz die Mosaikstücke zusammengefügt und einen Überblick über 200 Jahre Industriegeschichte erstellt.
Der Industriepark damals und heute
Mit dem Ausrufen des Königreichs Hannover 1814/1815 fiel einst auch der Startschuß der Bomlitzer Unternehmensgeschichte. Aus den Ruinen der alten Bommelser Papiermühle formten Georg Leschen, Ludolph Uhrlaub und August Wolff eine fortschrittliche Pulvermühle, die zunächst den Aufbau der Hannoverschen Armee unterstützten sollte. 1824 wurde August Wolff Alleineigentümer. Mit der Entwicklung von Schießbaumwolle stieg das Unternehmen 1878 erstmals in die Zellulosechemie ein. Ab 1924 rückte die Herstellung von Folien und Faserdarm in den Vordergrund. Während des Zweiten Weltkriegs wurde in den Betrieben Munition für die Wehrmacht hergestellt. Mit der Entwicklung von Carboxymethylcellulose (CMC) 1950, Methylcellulose (MC) 1960 und Hydroxypropylmethylcellulose (HPMC) 1968 eröffneten sich Mitte des 20. Jahrhunderts neue Geschäftszweige, die durch den Aufbau von Forschung- und Entwicklungsabteilungen weiter forciert wurden. 1974 erwarb Bayer die Aktienmehrheit des ehemals Wolffschen Unternehmens. 2007 wurde der Standort von The Dow Chemical Company gekauft.
Seit über 50 Jahren ist das amerikanische Chemieunternehmen Dow in Deutschland aktiv: Die erste Vertriebsniederlassung wurde 1960 in Frankfurt am Main eröffnet. Heute ist das Unternehmen an 17 Standorten tätig. Dazu gehören Produktionsanlagen, Vertriebsbüros sowie Forschungs- und Entwicklungseinrichtungen. Der Hauptsitz von Dow in Deutschland ist Schwalbach, die größten Produktionsstandorte sind in Niedersachsen (Stade und Bomlitz) sowie in Mitteldeutschland (Dow Olefinverbund: Schkopau, Leuna, Böhlen in Sachsen-Anhalt bzw. Sachsen). Mit über 5000 Mitarbeitern sowie einem Jahresumsatz von rund 4,75 Mrd. US-Dollar ist Deutschland für den Konzern weltweit der zweitgrößte Produktions- und Absatzmarkt nach den USA.