Schlüsselelement Wasser
Integriertes industrielles Wassermanagement – E4Water – hebt Potentiale der Prozessindustrie für eine nachhaltige Entwicklung
Ein effizientes industrielles Management der immer knapper werdenden Ressource Wasser ist dringend erforderlich. Das EU-Projekt E4Water setzt sich damit auseinander.
Der Bedarf an Wasser wird in den nächsten Jahrzehnten immer mehr zunehmen, da ein Anstieg der Bevölkerung einen erhöhten Verbrauch durch die Privathaushalte, landwirtschaftlichen Betriebe und Unternehmen mit sich bringt (OECD 2012). Der erhöhte Wasserbedarf, aber auch der Klimawandel sind schon heute für die zunehmende Wasserknappheit in vielen Regionen verantwortlich (Maddocks et al., 2015). Die Zahl der in Wassereinzugsgebieten mit hohem Wasserstress lebenden Menschen steigt an und somit auch der Wettbewerb um das Wasser (UNEP 2008).
Verbesserungen gefordert
Die Forderungen vieler nationaler, europäischer und internationaler Organisationen nach einer deutlichen Verbesserung der wasserwirtschaftlichen Verfahren und Methoden liegen auf der Hand (OECD, WssTP, SusChem, SPIRE, EWP, EIP Water, UN, EPA etc.). Die Vereinigten Nationen (UN) fokussieren Wasser als wichtigen Faktor für verschiedene Sektoren in einigen ihrer 17 Ziele für eine nachhaltige Entwicklung zur Veränderung der Welt (UN Sustainable Development Goals).
Wasser ist für die Prozessindustrie ein Schlüsselelement. Es ist Kernkomponente für die Kreislaufwirtschaft und ein Kernelement für nachhaltiges Wirtschaften. Die ressourcenintensive Prozessindustrie steht heute einem herausfordernden wirtschaftlichen und politischen Umfeld gegenüber mit wachsendem internationalem Wettbewerb und regionaler Ressourcenknappheit. Daher stellt ein effizientes (Wasser)Ressourcen-Management eine strategische Notwendigkeit dar.
Die Prozessindustrie bietet ein hohes Potential zur Reduzierung des Wassergebrauches, des Abwasseraufkommens und zur Steigerung der Effizienz im industriellen Wassermanagement. Sie ist nicht nur ein bedeutender Wassernutzer, sondern bietet mit innovativen Produkten, Technologien und Dienstleistungen auch wichtige Lösungen an, die ein integriertes industrielles Wassermanagement ermöglichen (ProcessNet 2015, Positionspapier). Durch die enge Verzahnung (Interaktionen, Synergiepotentiale und Synergiepotential) von Produktion, Wassermanagement und Wassernutzern, auch über Anlagen und Standorte hinaus (Prozess – Anlage – Standort – lokal – regional), lässt sich die Abhängigkeit von Frischwasserressourcen verringern und gleichzeitig die Kosteneffizienz steigern.
Effizientes Wassermanagement
Im Kontext des industriellen Wassermanagement wird derzeit die Behandlung von industriellen Prozesswässern ohne die Ein- bzw. Ableitung von wasserhaltigen Stoffströmen breit diskutiert. Dieses Konzept, Zero Liquid Discharge (ZLD) genannt, zeigt einen starken Trend weltweit. Bei ZLD verlässt kein Wasser in flüssiger Form (nur als Dampf, strikte Bedingung)) bzw. kein Abwasser (eingeschränkte Bedingung) das System. Die Membrantechnik ist ein zentraler Bestandteil des ZLD-Konzeptes. Unter bestimmten Umständen ist ZLD sinnvoll, d. h. wenn eine Vielzahl von Randbedingungen (z. B. bei Wassermangel, fehlender Infrastruktur, keine Möglichkeit für Wiederverwendung, bei vorhandenen Wärmequellen und bei Grundwassergefährdung) erfüllt sind und das Stoffstrommanagement vollständig ausgeschöpft ist. Hohe Kosten sprechen gegen das Konzept. Weiterhin gibt es bisher noch keine Konzepte für den Umgang mit den entstehenden Konzentraten (ProcessNet 2015 Diskussionspapier).
Das EU-Projekt „Ökonomisch und ökologisch effizientes Wassermanagement in der europäischen chemischen Industrie”, kurz E4Water, hat sich mit „integriertem industriellem Wassermanagement“ auseinandergesetzt. Treiber für ein integriertes industrielles Wassermanagement in der Prozessindustrie können sowohl extern (z. B. die Gesetzgebung, Süßwasserknappheit oder die Übereinstimmung mit den Standards für ein nachhaltiges Wassermanagement) als auch intern (z. B. grüne/ nachhaltige Corporate-Philosophie oder Wettbewerbsfähigkeit) angesiedelt sein (CEN 2016). Auch andere Akteure wie z. B. Gemeinden, Regionen, Technologieanbieter etc. können eine treibende Kraft darstellen, ebenso wie das Risiko in Bezug auf Wasser. Hierbei spielen physikalische Risiken (Wasserqualität/ -quantität), regulatorische Risiken (Einschränkungen der Entnahme von Wasser, steigende Wasserpreise), und strategische Risiken (Sicherstellung der Produktionskapazität, negatives Image in den Medien) eine wichtige Rolle.
Strategischen Herausforderungen für E4Water, die allgemeingültig für die chemischen Industrie im Hinblick auf ein integriertes Wassermanagements sind, waren eine Verringerung der Abhängigkeit von Süßwasserressourcen, der Anstieg der Ressourceneffizienz (Wasser, Energie, Rohstoffe) bei gleichzeitiger Abkopplung der Produktionssteigerung, und die Entwicklung eines Abwassermanagements für die Kreislaufwirtschaft (Circular Economy).
Synergien und Symbiosen
Um dieses Ziel zu erreichen, sollten Schnittstellen bei Wasserkreisläufen erzeugt und Synergien und Symbiosen identifiziert werden, sowohl in der Industrie als auch in Hinblick auf das urbane und landwirtschaftliche Wassermanagement. Die Wiederverwendung („Re-use“) und das Recycling von Wasser mit industrieller Relevanz sollte verbessert werden. Weitere wichtige Themen in E4Water waren die Erschließung von anorganisch und organisch konzentrierten Strömen und die Wertstoffrückgewinnung. Die Verlinkung von Wasser- und Produktionsprozessen für eine Optimierung der Prozesseffizienz wurde fokussiert.
Das E4Water-Projekt war darauf bedacht, umfassend, übergreifend und ganzheitlich auf diese Herausforderungen einzugehen. Das zeigt zum einen die Vielschichtigkeit des Konsortiums (davon > 40 % Industriebeteiligung), zum anderen auch die Auswahl der industriellen Fallstudien. Dazu kommt die Einbeziehung von übergreifenden Tools wie Prozessoptimierung durch Modellierung, Ökobilanzierung durch LCA und Beachtung von regulatorischen Richtlinien.
Das Konzept von E4Water ist im Bild dargestellt. In insgesamt sechs industriellen Fallstudien (CS1- CS6) wurde Wasser eingespart (> 40 %), weniger Abwasser erzeugt (> 20 %) und weniger Energie verbraucht (> 20 %); gleichzeitig wurde die Wirtschaftlichkeit gesteigert (~ 30 %) (E4Water 2016). Die Schwerpunkte der jeweiligen Fallstudien sind durch die gestrichelten Linien gekennzeichnet. Um die Allgemeingültigkeit und umfassende Bedeutung des E4Water-Konzepts aufzuzeigen, wurden für die Fallstudien Industriestandorte ausgewählt, die eine große Vielfalt entlang der Wertschöpfungskette abdecken. Die Fallstudien stellen prototypische Beispiele dar, die allgemeine Herausforderungen des chemischen Industriesektors aufzeigen. Die Tabelle gibt einen Überblick über die E4Water Fallstudien.
Win-Win Situation für Industrie und Umwelt
Innovationen in E4Water konnten bei Technologien und Verfahrensketten gezeigt werden, aber vor allem bei neuen Konzepte und integrierten Ansätze, wie z. B.
- Optimierte „In-process“ Wasserkreislaufschließung durch Kombination von Abtrennungs- und Sterilisationsprozessen mit einer modernen Abwasserbehandlung: Dieses Konzept ist bereits an mehreren EU und internationalen Produktionsstandorten implementiert.
- Industrielle Symbiose: Wiederverwendung von Sole der benachbarten Industrie, Einbeziehung von alternativen Wasserressourcen, Algenproduktion integriert in der Abwasserbehandlung: Kostenreduktion, Versorgungssicherheit und eine gesteigerte Wertschöpfung wurden erzielt.
- Optimierung des industriellen Wassermanagements durch die Bereitstellung von neuen Verfahrensketten in neuen Anwendungsfeldern: Hohe industrielle Akzeptanz, niedriges Risiko und Kostenreduktion waren möglich.
Die Ergebnisse zeigen hohe technologische, wirtschaftliche, ökologische Bedeutung und stellen für die Industrie und Umwelt eine Win-Win Situation dar. Die Industrie ist weniger abhängig von Frischwasserressourcen, hat wirtschaftliche Vorteile, unternehmerische Chancen, Reputationsgewinn, kommt zukünftigen Gesetzgebungen und Richtlinien zuvor, und stellt die Betriebsgenehmigung sicher. Die Ergebnisse zeigen, dass Innovation im Wasserbereich erhebliche strategische Vorteile bietet. Von den Ergebnissen profitiert nicht nur die chemische Industrie. Das Projekt liefert auch Ideen für andere Industriezweige.