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Robuste Spezialchemie

Altana: Mit einem breiten Portfolio und zahlreichen Innovationen trotzt der Konzern konjunkturellen Risiken

10.12.2019 - Byk, Eckart, Elantas und Actega – hinter diesen klangvollen Namen verbergen sich die vier Geschäftsbereiche des Spezialchemiekonzerns Altana.

Das Portfolio des Unternehmens umfasst Additive für Lacke und Kunststoffe, Effektpigmente, Isolierstoffe und Drahtlacke sowie Dichtungsmassen, Druckfarben und Klebstoffe für vielfältige Anwendungen. Weltweit erzielte der Konzern damit im Jahr 2018 einen Umsatz von 2,3 Mrd. EUR. Andrea Gruß sprach mit Altana-Vorstandsmitglied Christoph Schlünken über Geschäftsentwicklung und Innovationen des Unternehmens mit Sitz in Wesel.

CHEManager: Herr Schlünken, die deutsche Chemieindustrie leidet unter einer schwachen Konjunktur und einer verhaltenen Nachfrage. Eine Trendwende ist aktuell nicht in Sicht. Wie läuft das Spezialchemiegeschäft von Altana in diesem Umfeld?

Christoph Schlünken: Auch wir spüren das herausfordernde Umfeld. Altana hat im ersten Halbjahr einen Umsatzrückgang von 4 % verbucht, vor allem im Geschäft mit Industriekunden und aufgrund der konjunkturellen Abschwächung in China; das konsumnahe Geschäft entwickelte sich eher positiv. Doch trotz negativer Entwicklung bei Umsatz und Ergebnis sind wir zuversichtlich und investieren weiter. Denn Altana zielt auf langfristiges Wachstum, wir haben eine gute Bilanz und sind finanzstark.


Welche Industrien zählen zu den Kunden des Konzerns?

C. Schlünken: Wir sind in Bezug auf unsere Kundenindustrien sehr breit und robust aufgestellt und nicht von einzelnen Branchen abhängig. Größte Abnehmer sind die Automobil- und Bauindustrie sowie die Druck- und Verpackungsindustrie. Darüber hinaus beliefern wir eine Vielzahl weiterer Branchen. 

Etwa 17 % unseres Umsatzes erzielen wir mit der Automobil­industrie, zum Beispiel mit Additiven für die Fahrzeugbeschichtung von Byk, Pigmenten und funktionalen Anwendungen von Eckart und Elektroisolierstoffen von Elantas. 19 % Umsatzanteil entfallen auf die Bauindustrie, die wir vor allem mit Additiven für Lacke und Pigmenten beliefern. Und ein Viertel unseres Umsatzes erzielen wir mit Kunden der grafischen Industrie und der Verpackungsindustrie, beispielsweise mit Speziallacken, Druckfarben, Klebstoffen und Dichtungsmassen von Actega.

 

Wie ist der Konzern regional aufgestellt?

C. Schlünken: In grober Näherung erzielen wir etwas mehr als ein Drittel unseres Umsatzes in Europa, knapp ein Drittel in Amerika und ein Drittel in Asien. Dabei war Asien in den vergangenen Jahren der Wachstumstreiber für fast alle unsere Geschäftsbereiche, insbesondere gilt dies für Byk und Elantas.

„Wir begreifen den Umbruch in der Auto­mobilindustrie als Chance,
um ein deutliches Wachstumspotenzial zu erschließen."


Inwieweit beeinflussen die Handelskonflikte mit China und den USA Ihr Geschäft?

C. Schlünken: Der direkte Einfluss durch Zölle ist eher gering, weil wir durch unsere globale Produktionsstruktur in der Regel vor Ort produzieren. Produktionen, die von Zöllen betroffen wären, wie zum Beispiel in den USA – von dort haben wir Additive nach China geliefert – haben wir zunächst nach Deutschland verlagert und investieren zudem in eine Produktionserweiterung in China, wo wir derzeit schon fünf Produktionsstandorte betreiben.

Die handelspolitischen Auseinandersetzungen haben jedoch die Unsicherheit auf den Märkten erhöht und den Konsum und die Investitionen in vielen Ländern gebremst. Hiervon sind wir betroffen. Hinzu kommen Verschiebungen der Marktkanäle, die voraussichtlich auch nach Beilegung der Handelskonflikte beibehalten werden. So suchen beispielsweise amerikanische Kunden, die Produkte aus China beziehen, nach neuen Lieferanten aus anderen Ländern. Aus diesem Grund sind zum Beispiel die Exporte der chinesischen Möbelindustrie in die USA stark zurückgegangen, was unser holzlackbezogenes Geschäft in China belastet.

Einer Ihrer wichtigsten Kunden, die Automobilindustrie, befindet sich derzeit im Umbruch – welche Chancen oder Risiken birgt dies für Altana?

C. Schlünken: Wir begreifen den Umbruch in der Automobilindustrie als Chance, um ein deutliches Wachstumspotenzial zu erschließen. Der Trend zur Elektromobilität und zum autonomen Fahren wird die Branche massiv verändern. Von diesen Technologieveränderungen – die zwar aktuell noch zu Umsatzeinbußen führen – möchten wir in Zukunft profitieren. Weltweit werden heute etwa 1,5 bis 2 Mio. elektrifizierte Autos verkauft, davon etwa die Hälfte in China. Für das Jahr 2025 werden bereits 25 Mio. Neuzulassungen von Hybrid- oder Elektroautos erwartet. Schon heute liefert Elantas für diesen Markt Isolationsmaterialien. Wir gehen davon aus, dass sich die Menge bis 2025 verzehnfachen wird.

Welche besonderen Anforderungen werden an die Materialien für diese Anwendung gestellt?

C. Schlünken: Elektroautos müssen leicht sein, das heißt, sie brauchen kleine und leichte Motoren, Batterien und Transformatoren. Die eingesetzten Materialien sollten zudem langlebig sein, auch unter starker thermischer und elektrischer Beanspruchung. Das stellt enorme Anforderungen an die Elektroisoliermaterialien. Das Drahtlackgeschäft von Elantas bietet hierfür temperaturbeständige Isolierungen für Rectangular-Kupferdrähte, das sind viereckige, flache Drähte, die statt Runddrähten in den Motoren von morgen eingesetzt werden. Darüber hinaus bieten wir innovative Imprägnierharze zur Verfestigung des Motors und Gussmaterialien zum Schutz der gesamten Elektronikkomponenten in den Elektrofahrzeugen.

Profitieren auch andere Geschäftsbereiche von der Transformation der Automobilindustrie?

C. Schlünken: Durch autonomes Fahren werden sich auch die Technologien für Lacksysteme verändern. Künftig wird ein Auto viele Sensoren benötigen, um mit der Umwelt zu kommunizieren und zu verstehen, ob ein Mensch über die Fahrbahn läuft, wo eine Mauer steht oder eine Straßenmarkierung verläuft. Hierzu werden elektromagnetische Strahlungen mit sehr unterschiedlichen Leistungsstärken eingesetzt. Ein Lack oberhalb dieser Sensoren darf diese nicht aufhalten oder abschwächen. Bei Eckart entwickeln wir daher gemeinsam mit unseren Kunden Pigmente und neue Lacksysteme für diese Anwendungen, die kurz vor der Patentierung stehen.

Das Pigmentgeschäft von Eckart gehört 

zum Kerngeschäft von Altana."


Das heißt, Sie halten an Ihrer Pigmentsparte fest, während zum Beispiel BASF sein Pigmentgeschäft in diesem Jahr veräußert hat und auch Clariant diesen Schritt plant?

C. Schlünken: Ja, das Pigmentgeschäft von Eckart gehört zum Kerngeschäft von Altana und ich bin überzeugt davon, dass wir noch viel Freude damit haben werden. Die Konsolidierung, die wir derzeit am Markt für anorganische und organische Pigmente beobachten – einem Markt mit einem Volumen im zweistelligen Milliardenbereich – betrifft vor allem Commodities, die leicht austauschbar sind. Hier wächst der Wettbewerbsdruck in Europa aufgrund chinesischer Anbieter.

Darüber hinaus gibt es Nischenbereiche mit Spezialitäten. Wir sind zum Beispiel im Effektpigmentmarkt mit Metallpigmenten, vor allem Aluminium, aber auch Perlglanzpigmenten aktiv. Ein Metallpigment ist nach wie vor ein sehr erklärungsbedürftiges Produkt. Um es in einer Formulierung auszutauschen, benötigen Kunden unsere Unterstützung.

Sie haben bereits ausgeführt, welche Beiträge Altana zu einer nachhaltigen Mobilität leistet. Können Sie uns weitere Beispiele nennen, wie Ihr Unternehmen zu einem nachhaltigen Umgang mit Ressourcen beiträgt?

C. Schlünken: Wir haben beispielsweise ein Additiv zum besseren Recycling von Polypropylen in Autobatterien entwickelt. Dieses kann herausgelöst werden, so dass der Kunststoff wiederverwendet werden kann. Andere Lösungen tragen dazu bei, dass von Anfang an weniger Material eingesetzt wird und Ressourcen geschont werden. So haben wir zum Beispiel für die Innenbeschichtung von Joghurt­deckeln einen PVC-freien Lack entwickelt, der es ermöglicht, wesentlich dünnere Alufolien zu verwenden, die zudem besser recycelt werden können. Für die Herstellung von Kronkorken bieten wir eine spezielle Dichtungsmasse, mit der jährlich tausende Tonnen Stahl eingespart werden können. Mit unserer Metalldrucktechnologie können sie metallische Pigmente direkt auf das Substrat aufbringen. Bislang waren hierfür großflächige Folien aus Kunststoff notwendig. Die Direktmetallisierung birgt gegenüber gängigen Foliendruckverfahren ein großes Nachhaltigkeitspotenzial und spart Material- und Produktions­kosten.

Einen Teil dieser Innovationen stammt aus Akquisitionen. Welche Rolle spielt die eigene Forschung und Entwicklung bei Altana?

C. Schlünken: Eine sehr bedeutende. Wir investieren etwa 7 % unseres Umsatzes in Forschung und Entwicklung, zuletzt 154 Mio. EUR im Jahr 2018. Damit haben wir eine überdurchschnittlich hohe Investitionsquote im Branchenvergleich. Jeder sechste unserer Mitarbeiter ist in F&E tätig. Weltweit betreiben wir 60 Service- und Forschungslabore. Aktuell haben wir 13 Mio. EUR in den Ausbau unserer Labore bei Byk in Wesel und bei Actega in Grevenbroich investiert, das zeigt: Deutschland ist und bleibt ein wichtiger Forschungsstandort für unser Unternehmen.

 

ZUR PERSON
Christoph Schlünken gehört seit dem Jahr 2014 dem Altana-­Vorstand an und ist dort für das konzernweite Innovationsmanagement und das Key Account Management zuständig. Darüber hinaus leitet er gegenwärtig interimistisch den größten Altana Geschäftsbereich Byk. Der promovierte Chemiker trat 2001 in das Unternehmen ein und war seitdem in verschiedenen Positionen für Altana tätig. Schlünken studierte Chemie in Würzburg und begann seine berufliche Laufbahn Mitte der 1990er Jahre bei den Rütgerswerken in Frankfurt.

 

 

Kontakt

Altana AG

Abelstraße 43
46483 Wesel
Deutschland

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