Prozessindustrie - Feldbus etabliert sich als neuer Standardt
02.08.2011 -
Prozessindustrie - Feldbus etabliert sich als neuer Standardt Der Feldbus eröffnet nicht nur völlig neue Möglichkeiten in der Prozessautomation. Er senkt auch die Kosten von der Planung bis zum laufenden Betrieb. Neue Technologien, wie Advanced Diagnostics, erlauben eine gezielt vorbeugende Wartung. Konzepte, wie der High-Power Trunk (Abb. 1) ermöglichen eine vereinfachte Installation bis in explosionsgefährdete Bereiche hinein. Dabei ist der Feldbus eine bewährte Technologie, die schon in zahlreichen Anlagen seit mehr als zehn Jahren im Betrieb ist und damit ihre Tauglichkeit für die Prozessindustrie bewiesen hat.
Der Feldbus ist auf dem besten Weg, sich auch in der Prozessindustrie zu einem Standard zu entwickeln, an dem künftig niemand mehr vorbei kommt. Ganz gleich ob als Profibus PA oder Foundation Fieldbus H1, mit dem Feldbus steht eine Infrastruktur zur Verfügung, die eigentlich nur Vorteile bringt. Das fängt schon bei einer drastisch reduzierten Verkabelung an. Dazu kommt eine deutlich beschleunigte Projektabwicklung von der Projektierung über das Engineering bis hin zur Inbetriebnahme. Ganz zu schweigen von den Zeit- und Kosteneinsparungen beim laufenden Betrieb und der Instandhaltung.
Die digitale Kommunikation über den Feldbus ebnet den Weg für eine neue Generation intelligenter Feldgeräte. So liefern zum Beispiel digitale Messinstrumente deutlich exaktere Ergebnisse, die außerdem direkt an der Bedien-, Wartungs- und Engineering- Station angezeigt werden können und damit jederzeit den gesamten Prozessablauf anzeigen und die Anlage bis ins Detail transparent machen. Dazu kommt eine völlig neue Funktionalität, wie zum Beispiel Feldgeräte mit mehreren Variablen zur Erkennung von Temperatur, Druck und Durchfluss. Ganz zu schweigen von intelligenten Funktionen zur Selbstüberwachung, die kritische Betriebszustände signalisieren und damit die Voraussetzung für eine effiziente vorausschauende Wartung schaffen.
Doch trotz aller Innovationen ist der Feldbus keine völlig neue Technologie, die sich erst noch in der Praxis bewähren muss. Im Gegenteil, es gibt eine Vielzahl von Anlagen, die mittlerweile schon seit mehr als zehn Jahren in Betrieb sind und Tag für Tag beweisen, dass der Feldbus das Zeug dazu hat, auch in der Prozessindustrie für einen zuverlässigen Anlagenbetrieb zu sorgen.
Weniger Hardware, Platz und Kosten
Beim Feldbus muss nicht mehr jedes einzelne Feldgerät über ein eigenes Kabel und eine eigene E/A-Karte direkt mit dem Steuerungssystem verbunden werden. Vielmehr lassen sich an einen einzigen Feldbus- Strang bis zu 31 Sensoren, Aktoren oder Messinstrumente anschließen, die wiederum über nur einen gemeinsamen Controller angesprochen werden. Das führt nicht nur zu einer drastischen Reduzierung der erforderlichen Leitungen. Es bedeutet auch kleinere Schaltschränke, insgesamt weniger Platzbedarf und damit eine deutlich niedrigere Kostenstruktur.
Doch die Vereinfachung macht nicht bei den Kabelverbindungen halt. Nach IEC 61158-2 laufen beim Feldbus Datenkommunikation und Energieversorgung der Feldgeräte über ein und dasselbe Kabel. Dabei wird in der Regel eine Topologie eingesetzt, bei der jedes Instrument über ein eigenes kurzes Kabel mit dem Trunk verbunden ist. Der Trunk wiederum führt zur Leitstelle, wo sich die erforderlichen Stromversorgungen und Hostadapter befinden. Eine solche Trunk & Spur-Topologie (Abb. 2) ist nicht nur erheblich einfacher zu planen, als jede diskrete Verkabelung. Sie vereinfacht auch ganz erheblich Betrieb und Wartung des Systems. Dabei sorgen zum Beispiel FieldBarriers für die Zone 1/Div. 2 und Segment Protektoren für die Zone 2/Div. 2 für den erforderlichen Kurzschlussschutz und erlauben außerdem Zeit sparende Wartungsarbeiten oder Systemerweiterungen ohne Heißarbeitserlaubnis bei laufendem Betrieb.
Mehr Transparenz durch Advanced Diagnostics
Feldgeräte arbeiten an den Brennpunkten des Prozesses. Nicht selten sind sie extremen Umgebungsbedingungen oder aggressiven Prozessmedien ausgesetzt und unterliegen damit einer erhöhten Korrosion. Dennoch ist es die einwandfreie Funktion der Feldgeräte, von der Betriebssicherheit und Verfügbarkeit der gesamten Anlage abhängen.
Die Feldbus-Technologie der neuesten Generation bietet hier entscheidende Vorteile. Dazu gehört zum Beispiel Advanced Diagnostics, die umfassende Ferndiagnose der gesamten Feldbusphysik. Sie erlaubt es, die Signalqualität jedes einzelnen Feldgerätes und die Übertragungsqualität jedes einzelnen Segments der Feldbus- Infrastruktur direkt von der Leitstelle aus zu überwachen. Dabei werden zum Beispiel physikalisch bedingte Kenngrößen, wie Stromfluss und Erdfehler auf Segment-Ebene, sowie der Signalpegel und -störabstand bezogen auf jedes einzelne Feldgerät erfasst. Werte, die eine zuverlässige und detaillierte Auskunft über den physischen Zustand der Feldbus-Infrastruktur geben, eine zunehmende Verschlechterung sichtbar machen, bevor es zu Ausfällen und damit zu einer Störung des laufenden Betriebs kommt.
Diese Funktionalität ist mit klassischer 4…20 mA Technologie schlichtweg wirtschaftlich unmöglich. Sie erlaubt nicht nur den Aufbau eines umfassenden Asset-Managements. Sie führt auch zu spürbaren Kosteneinsparungen bei Inbetriebnahme und Wartung. Messwerte müssen nicht mehr umständlich vor Ort erfasst werden, sondern stehen jederzeit direkt an der Wartungsstation zur Verfügung. Bei der Installation eines neuen Systems oder der Erweiterung eines bestehenden Systems kann eindeutig nachgewiesen werden, dass alle Feldgeräte einwandfrei mit der Leitstelle kommunizieren und damit ein reibungsloser Betrieb des Steuerungssystems gewährleistet ist.
Dabei sorgt eine intelligente Software mithilfe eines Analyse- und Inbetriebnahme- Wizards dafür, dass mit wenigen Mausklicks alle relevanten Informationen über den physikalischen Zustand der Feldbus-Infrastruktur zur Verfügung stehen. Messberichte werden in elektronischer Form oder als Ausdruck auf Papier zur Verfügung gestellt.
Advanced Diagnostics macht also den Feldbus durchgängig transparent bis zum einzelnen Feldgerät. So lässt sich zum Beispiel nach Wartungsarbeiten oder Systemerweiterungen schnell und einfach überprüfen, ob die Feldbus- Infrastruktur weiterhin eine einwandfreie Signalübertragung gewährleistet. Und es besteht die Möglichkeit, Wartungsarbeiten gezielt zu planen und sich andeutende Probleme rechtzeitig zu beseitigen, um die Verfügbarkeit der gesamten Anlage aufrecht zu erhalten.
Höhere Leistung mit High-Power Trunk im explosionsgefährdeten Bereich
In der Prozessindustrie reicht der Feldbus in der Regel auch in explosionsgefährdete Bereiche hinein. Normalerweise sorgt dabei eine eigensichere Energieversorgung, die den Stromfluss über den Bus begrenzt, für einen sicheren Betrieb und erlaubt außerdem Wartungsarbeiten an den Feldgeräten bei laufendem Betrieb. Der Preis dafür ist jedoch eine deutliche Einschränkung, was die maximal mögliche Kabellänge und die maximale Anzahl an Feldgeräten pro Segment angeht.
Hier bietet der High-Power Trunk Abhilfe (Abb. 1). Bei diesem von Pepperl + Fuchs entwickelten Konzept, das mittlerweile von den meisten Herstellern übernommen wurde, muss die über den Trunk geleitete Energie nicht begrenzt werden. Dafür wird der Trunk in der Schutzart erhöhte Sicherheit (Ex e) oder non-arcing (Ex nA) verlegt. In der Nähe des Feldgerätes sorgen intelligente Feldbusverteiler gezielt für den betreffenden Zweig für Eigensicherheit (Ex i) oder eine non-incendive Leistungsbegrenzung (Ex nL).
Für den Anwender ergeben sich daraus gleich mehrere Vorteile: Ein Segment kann problemlos fast zwei Kilometer lang sein und dabei eine Vielzahl von Feldgeräten anbinden. Diese wiederum lassen sich an herkömmlichen Standard-Stromversorgungen ohne spezielle Zulassung für Gefahrenbereiche betreiben. Wo dies erforderlich ist, lassen sich die Geräte auch redundant auslegen. Wartungsarbeiten am Feldgerät sind jederzeit problemlos möglich, ohne dass dafür ein Feuerschein erforderlich ist.
Einfache Topologie, problemloser Explosionsschutz
Normalerweise erfordert der Explosionsschutz-Nachweis umfangreiche Berechnungen, die alle Kabelverbindungen und Feldgeräte einbeziehen. Zur Vereinfachung dieser Kalkulationen berücksichtigen Hersteller bestimmte Beschränkungen definiert in den Sicherheitsrichtlinien nach FISCO (Fieldbus Intriniscally Safe Concept) und Entity, beschrieben in den IEC-Normen 60079-27 und 60079-11. FISCO und Entity haben sich als Standards etabliert. Hersteller liefern Ausrüstungen für den Feldbus: Geräte und Infrastruktur- Komponenten mit FISCO-Kennzeichnung vereinfachen den Nachweis des Explosionsschutzes.
Bei Einsatz des High-Power- Trunk-Konzepts können Feldgeräte nach FISCO oder Entity nach Belieben eingesetzt und auch gemischt betrieben werden. Zum Nachweis des Explosionsschutzes wird jeder Zweig als eigenständiger Kreis angesehen. Dabei ist der Feldbusverteiler die Stromquelle während das Feldgerät der einzige Verbraucher ist. Der Nachweis beschränkt sich, wenn ausschließlich Komponenten nach FISCO oder Entity eingesetzt werden, auf einen einfachen Vergleich dreier Kennwerte.
Auf Dauer einfach wirtschaftlicher
Was den reinen Investitionsaufwand für die Hardware angeht, unterscheidet sich eine Feldbus- Infrastruktur nur wenig von herkömmlichen Lösungen. Die Vorteile liegen jedoch in kontinuierlichen Kosteneinsparungen beim laufenden Betrieb, sodass sich im Laufe des Lebenszyklus einer Anlage deutlich niedrigere Gesamtkosten ergeben. Wesentliche Faktoren sind dabei ein reibungsloser Betrieb und eine insgesamt höhere Verfügbarkeit der Anlage. Merkmale, die sich in niedrigeren Betriebskosten ausdrücken und damit eine deutlich bessere Amortisation der Investition bewirken.
Da die Feldgeräte in der Lage sind, automatisch über ihren aktuellen Betriebszustand zu informieren, ist eine vorbeugende Wartung möglich und Wartungsarbeiten müssen nur dann vorgenommen werden, wenn auch tatsächlich Bedarf dafür besteht. Die ständige Überwachung der Signalqualität bewirkt eine durchgängige Transparenz des gesamten Systems und sorgt dafür, dass das Leitsystem stets mit einer einwandfreien Signalqualität arbeitet und damit optimale Voraussetzungen für einen zuverlässigen Betrieb gegeben sind.
Mit anderen Worten: Der Feldbus schafft die entscheidenden Voraussetzungen für mehr Zuverlässigkeit, eine höhere Verfügbarkeit und damit einen höheren Produktionsausstoß. Und er ist gleichzeitig die Basis für spürbare Kosteneinsparungen, mit denen sich die Gesamtkosten einer Anlage langfristig senken lassen.