Patentverwertungsfonds – Werte aus Wissen
Eine neue Form der Innovationsförderung
Kaum ein anderes Land patentiert Erfindungen so erfolgreich wie Deutschland. Herausragende Beispiele wie Aspirin, Bakteriologie, Kernspaltung oder das Periodensystem belegen eine einzigartige Erfindertätigkeit. Herausforderungen gibt es jedoch immer wieder bei der Patentverwertung. Eine Möglichkeit Werte aus Wissen zu schaffen bieten Patentverwertungsfonds.
Auf der Suche nach neuen Medikamenten geraten Naturprodukte zunehmend in den Fokus der Wissenschaft und dienen ihr als Leitstruktur für die Entwicklung neuer Wirkstoffe. Unzählige Produktionsverfahren, Wirkstoffe und technische Neuerungen warten in der weißen Biotechnologie, Pharmazie und Chemie auf ihre Entdeckung. Doch der Weg dorthin ist teuer und zeitintensiv. Zwar sind viele gute Ansätze von Wissenschaftlern und Forschern bereits zum Patent angemeldet, jedoch müssen diese in oft langen und hoch spezialisierten Forschungs- und Entwicklungsmaßnahmen zur Marktreife veredelt werden.
Eine Idee, die basierend auf innovativer Ideenfinanzierung durch Patentverwertungsfonds, Marktreife erlangt hat und nur zur Verwertung steht, ist ein Herstellverfahren von Antibiotika vom molekularen Fließband (Die Patente sind Eigentum der Zyrus Beteiligungsgesellschaft). Die biotechnologische Basistechnologie zur Produktion pharmakologisch relevanter Wirkstoffe wie z.B. Antibiotika, ermöglicht die Herstellung von komplexen, ringförmigen Makromolekülen. Bisher mussten diese noch aus der Natur gewonnen oder über komplizierte chemische Syntheseverfahren hergestellt werden. Durch die biotechnologische „Montagestraße" können analog zu einer Fließbandmontage die benötigten Bausteine schnell mit hoher Effizienz hergestellt werden. Dies geschieht über die einzelnen Domänen eines Enzymkomplexes. Besonders für Neuentwicklungen auf dem Gebiet der Peptid-Antibiotika bietet das innovative Verfahren viele Möglichkeiten. Die Einsatzbereiche des patentierten biotechnischen Verfahrens liegen in der pharmazeutischen Industrie und in der „roten" und „weißen" Biotechnologie.
Patentverwertungsfonds: Kapital für die Umsetzung von Schutzrechten
Was aber genau sind Patentverwertungsfonds und wie können diese geschlossenen Fondskonstruktionen bei der Veredelung und Verwertung von chemisch und pharmazeutisch komplexen Innovationen helfen? Patentverwertungsfonds finanzieren sich über den Kapitalmarkt und sind sowohl für Unternehmen als auch für Forschungseinrichtungen und Hochschulen in vielerlei Hinsicht von Vorteil, da sie das notwendige Kapital und Know-how für die Umsetzung von gewerblichen Schutzrechten zur Verfügung stellen.
Seit 2006 bestückt das Hamburger Unternehmen IP Bewertungsgesellschaft (IPB), eine Beratungsgesellschaft im Bereich Patentbewertung, -verwertung und -management, im Auftrag einer deutschen Großbank Patentverwertungsfonds. Dazu werden zunächst die Schutzrechte analysiert und bewertet, um so eine optimale Auswahl sicherzustellen. „Gerade kleinen und mittleren Unternehmen sowie Hochschulen und Forschungseinrichtungen fehlen hier oft die personellen Kapazitäten und finanziellen Möglichkeiten, um solche Analysen selbst zu erstellen", sagt Stephan Lipfert, Prokurist bei der IPB. „Diese Problematik können Patentverwertungsfonds lösen, da sie in der Regel die genannte Identifizierung von verwertungsfähigen Portfolios übernehmen, ohne dass Kosten für den Patentinhaber anfallen." Auch alle weiteren notwendigen Maßnahmen wie die Erstellung und Umsetzung einer Veredlungs- und Verwertungsstrategie sind mit keinerlei Kosten für den Patentinhaber verbunden - im Gegenteil: Oft können Veredelungsaufträge direkt an das patenthaltende Unternehmen bzw. die Hochschule vergeben werden. Das wiederum führt zu einer höheren Auslastung der FuE-Abteilung und oftmals zu zusätzlichen Erträgen bereits vor einer ertragreichen Auslizenzierung. Der Patentinhaber stellt für die Zusammenarbeit mit einem Patentverwertungsfonds lediglich seine Unterlagen zur Verfügung und klärt ggf. technische Feinheiten mit den ihn betreuenden Analysten in einem Telefoninterview oder einem persönlichen Gespräch. Wenn die technische, ökonomische und juristische Bewertung positiv ausfällt, wird das Schutzrecht in den Patentverwertungsfonds aufgenommen. Der Patentinhaber erhält dafür ein attraktives Up-Front-Payment. Im nächsten Schritt werden die Veredlungs- und Verwertungsmaßnahmen umgesetzt, um so die Werthaltigkeit der Patente und damit die Ertragskraft zu steigern. Hierzu zählen u.a. die geographische bzw. territoriale Erweiterung des Patentschutzes, die inhaltliche Erweiterung, die Herstellung eines Prototyps z.B. zur Präsentation auf Messen, die Erstellung von Messreihen oder auch die Finanzierung von Vertriebsaktivitäten wie beispielsweise Flyer, Broschüren und Roadshows. Im Rahmen der Verwertung übernimmt der Fonds anschließend die Suche nach potentiellen Interessenten der Technologie und die Verhandlung mit den möglichen Lizenznehmern.
Der ursprüngliche Patentinhaber erhält neben dem Up-Front-Payment zudem eine zweite variable Kaufpreiskomponente, die sich an der Höhe der erzielten Lizenzeinnahmen ausrichtet. Je nach Entwicklungsstand des jeweiligen Projektes kann die Beteiligung bis zu 50% betragen.
100 Mio. € für innovative Ideen
„Das Interesse des Kapitalmarkts an gewerblichen Schutzrechten ist sehr groß. Wir rechnen damit, dass in den nächsten Jahren Patentverwertungsfonds mit stark steigendem Volumen an den Markt kommen werden", erklärt Lipfert. Allein die von den Hamburger Patentspezialisten betreuten Patentverwertungsfonds werden in diesem Jahr über 100 Mio. € in die Umsetzung patentierter Ideen in marktfähige Produkte investieren. Das Unternehmen befindet sich derzeit in der Selektionsphase und sucht verstärkt vermarktungsfähige Patente aus den Bereichen Chemie und pharmazeutische Chemie. „Diese Patente eigenen sich häufig sehr gut für die beschriebene Form der Innovationsförderung", sagt Lipfert. So wurde für einen Fonds neben den Antibiotika vom molekularen Fließband auch ein umfassendes System zur Produktion von Wirkstoffen z.B. für Arzneimittel und technische Enzyme ausgewählt. Bei der so genannten biotechnologischen Wirkstofffabrik wird die unversehrte Bakterienzelle genutzt. Hierfür werden Proteine als „Werkzeuge" in der Zellmembran fixiert, wo sie die Synthese hochkomplexer Molekülstrukturen mit Substraten aus dem umgebenden Medium ermöglichen.
Steigende Lizenzeinnahmen
Dass nicht nur mit Patenten aus dem Bereich Chemie, sondern auch mit der Lizenzierung insgesamt erhebliche Einnahmen generieren lassen, zeigen nicht zuletzt die stark steigenden Lizenzgebühren, die für die Nutzung fremder Patente gezahlt werden. Anfang der 1990er Jahre wurden von Unternehmen lediglich ca. 10 Mrd. US-$ an Lizenzgebühren gezahlt. Nur zehn Jahre später lag das jährliche Lizenzvolumen bereits bei 100 Mrd. US-$, wobei das Europäische Patentamt damit rechnet, dass diese Zahlungen bis 2010 auf 500 Mrd. US-$ anziehen werden.