Forschung & Innovation

Patentschutz muss bezahlbar bleiben

Teure Patentstreitfälle gefährden die Innovationskraft von KMUs

07.10.2010 -

François Battistelli, der neugewählte Präsident des Europäischen Patentamts, tritt für bezahlbare Schutzrechte in der gesamten EU ein. Doch was nützt das beste Patent, wenn es auch nach der Erteilung unter hohen Kosten verteidigt werden muss: Ein Konkurrent kann das Patent in jedem Land anfechten oder den Patentschutz erst einmal unterlaufen. Damit werden Patentinhabern zusätzlich zu Gebühren und Bearbeitungszeit bis zur Patenterteilung ein mit weiteren Kosten und Verzögerungen verbundener Rechtsstreit aufgezwungen. Battistelli räumt ein: „Durch diese Praxis gehen europäischen Unternehmen eine Menge Zeit und Geld verloren."

Nicht immer geht eine David-gegen-Goliath-Geschichte so gut aus wie diese: Bis vor den Bundesgerichtshof musste der mittelständische Unternehmer Peter Jöst aus Wald-Michelbach (Odenwald) gehen, um das Patentrecht für seine Erfindung schließlich durchzusetzen. Mit seinen 45 Mitarbeitern produziert Jöst Schleifscheiben für die Industrie und hatte ein Verfahren entwickelt, mit dem die Scheiben gegenüber den herkömmlichen um das drei- bis vierfache länger eingesetzt werden können. Doch schon bald hatte sich ein konkurrierender Branchenriese unverfroren an seiner Innovation bedient. Der mehrere Jahre dauernde Rechtsstreit gegen den übermächtigen Konzern konnte letztinstanzlich gewonnen werden, hat den Mittelstandsbetrieb jedoch mehr als 250.000 € gekostet. Erst nach der Wiederherstellung des Patents durch den Bundesgerichtshof kann Jöst nun mehrere anhängige Patentverletzungsverfahren wieder aufnehmen, die wegen der vorangegangenen Nichtigerklärung des Patents durch das Bundespatentgericht ausgesetzt worden waren. Der Mittelständler sieht die Sache dennoch positiv: „Ich werte die Entscheidung des Gerichts als Signal für den Mittelstand, für seine Patente zu kämpfen und sie zu verteidigen", sagt Jöst.

Problem für KMUs
„Man braucht Geld und einen langen Atem, um sich bei einem Angriff auf die eigenen Patentrechte gegen eine viel größere Firma durchzusetzen", so Jürgen Friedrich, Geschäftsführer der Gesellschaft für Marken- und Patentrechtsschutzversicherung (GMP). Sein Unternehmen bietet eine Rechtsschutzversicherung für Patentstreitfälle an. Die Probleme von Unternehmen, die ihre Patentrechte immer wieder gegen Angriffe und Plagiatoren verteidigt werden müssen, kennt er aus langjähriger Erfahrung. „Die Gegner verfügen oft über eigene Rechtsabteilungen und haben praktisch unbegrenzte finanzielle Reserven, um die Sache gegebenenfalls einfach auszusitzen. Für Mittelständler ist das - unabhängig von der juristischen Sachlage - ein großer Nachteil", so Friedrich.
Auf die Frage, warum es vor diesem Hintergrund in Deutschland nur einen einzigen Anbieter für den Rechtsschutz im Patentwesen gibt, erklärt er: „Die Materie ist aus versicherungstechnischer Sicht nicht ganz einfach. Den großen Rechtsschutzanbietern mit vielen Privatkunden ist das zu speziell, die können die Risiken nicht gut abschätzen. Wir haben selbst über mehrere Jahre an der Entwicklung gearbeitet und lange mit der Versicherungswirtschaft verhandelt. Schließlich muss die Sache ja auch aus Sicht eines Mittelständlers bezahlbar bleiben."

Deutschland Spitzenreiter
Mit 11.384 beim Europäischen Patentamt zugelassenen Patenten war das generell innovationsfreudige Deutschland auch 2009 wieder Spitzenreiter unter 44 Ländern. Die Branchen Pharma, Maschinenbau sowie die industrielle Chemie liegen dabei ganz vorn. Zunehmend sind jedoch auch die offenen oder versteckten Angriffe auf bereits erteilte Patentschutzrechte. Laut statistischer Erhebung landet ein Viertel aller Patente nach der Erteilung als juristischen Streitfall vor Gericht. Nach Angaben des Bundespatentgerichts dauert ein Hauptverfahren im Durchschnitt 31 Monate. Gerichtskosten und Anwaltsgebühren bei einem angenommenen Streitwert von 250.000 Euro können dabei bis zu 70.000 € betragen. Kleine und mittlere Unternehmen, die nicht über eigene Rechtsabteilungen verfügen, haben in solchen Fällen oft das Nachsehen, wenn sie sich eine lange Auseinandersetzung mit einem übermächtigen Global Player nicht leisten können. Mitunter müssen sie mit der Aussicht auf einen existenzbedrohenden Rechtsstreit einfach aufgeben und auf ihre Rechte verzichten.
Bei Streitfällen über EU-Patente kann es durchaus vorkommen, dass ein Fall in einem Land gewonnen, in einem anderen verloren wird. Dazu der Präsident des Europäischen Patentamts François Battistelli: „Ein Patent ist nur sinnvoll, wenn es einen sicheren Schutz bietet und vor allem für den mittelständischen Unternehmer bezahlbar ist." Battistelli will daher das Vorhaben der EU-Mitgliedsstaaten unterstützen, eine einheitliche Gerichtsbarkeit für Patentrechtsstreitfälle einzurichten. 

Kontakt

GMP Ges.f. Marken-u Patentrechtsschutzversicherung, Europäisches Patentamt

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Deutschland