Nanosicherheit
Nanosafety-Konferenz fordert Standards und verlässliche Regeln für Nano-Sicherheitsforschung
Nanotechnologie ist ein sich schnell entwickelndes Forschungsfeld. Produkte in der Optik, dem Energie-, Elektronik- oder Lebensmittelsektor sind ebenso möglich und teilweise schon Realität, wie Innovationen im medizinischen Bereich - von der Diagnostik, über die Medizintechnik bis zu therapeutischen Anwendungen. Daher spielt Nanotechnologie im Rahmen der Hightech-Strategie der Bundesregierung eine wichtige Rolle. Auch die Europäische Kommission betrachtet sie als eine der Schlüsseltechnologien für das 21. Jahrhundert.
Um aber eine nachhaltige Entwicklung zu gewährleisten, gewinnen Aspekte der Nanosicherheit, insbesondere die toxikologische Forschung, zunehmende Bedeutung. Ende November widmete sich die vom Leibniz-Institut für Neue Materialen (INM) in Saarbrücken organisierte Konferenz „Nanosafety 2013" diesem Thema.
Viele offene Fragen
Vornehmlich von fokussierten Forschungsfragen wie dem Verbleib von Gold-Nanopartikeln im Körper oder der Toxizität mehrwandiger Kohlenstoff-Nanoröhrchen geprägt, adressierte die Konferenz auch die offenen Fragen der Regulatoren: Welche Bedeutung hat die akademische Forschung für die Regulation von Nanomaterialien? Welche Ergebnisse können die Gesetzgeber nutzen? Wo sind noch Datenlücken? Wie kann Innovation unterstützt und gleichzeitig Sicherheit für die Verbraucher gewährleistet werden?
Den bestehenden Abstimmungsbedarf zwischen Forschern und Regulatoren erläuterte Prof. Thomas Gebel von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin: Während der Wissenschaftsbetrieb vor allem auf Veröffentlichung und damit auf positive Ergebnisse ausgelegt ist, benötigen Regulatoren auch negative Resultate für eine umfassende Bewertung. Zudem ist es notwendig, standardisierte Testverfahren zu nutzen, um Vergleichbarkeit zu erzielen. In der akademischen Forschung werden hingegen oftmals individualisierte Versuche durchgeführt, die speziell auf die jeweilige Untersuchung ausgerichtet sind. Und nicht zuletzt der Bedarf an quantitativen und repräsentativen Datensätzen wird bisweilen nicht von der Akademia erfüllt.
Auch Dr. Eric Bleeker vom niederländischen National Institute for Public Health and the Environment sprach sich für eine Standardisierung in der Nanotoxikologie-Forschung aus. Er betonte zudem die Notwendigkeit, dass ein gemeinsamer Standard mehr als eine Charakterisierungsmethode umfassen muss um alle benötigen Daten verlässlich erheben zu können. Auch die grundsätzlichen Forderungen nach einer nano-spezifischen Regulation unterstütze Bleeker. Seiner Auffassung nach bietet REACh dafür bereits den geeigneten Rahmen. Dabei sind Anpassungen notwendig, nach Ansicht Bleekers aber leicht zu implementieren.
Gesetzliche Rahmenbedingungen
Eine Übersicht, welche EU-Verordnungen sich bereits mit Nanomaterialien beschäftigen (Abb. 1), welche Aspekte adressiert werden und welche Auswirkungen damit zusammenhängen, präsentierte Stefania Gottardo vom Joint Research Center der Europäischen Kommission. Der Vortrag zeigte, dass sich der Gesetzgeber bereits intensiv mit Nanotechnologie auseinandersetzt, die hohe Komplexität jedoch nach wie vor eine große Herausforderung darstellt.
Einen zentralen Aspekt der Regulation aus Industriesicht sprach Dr. Carolin Kranz, BASF, im Workshop ‚Future Needs in Nanosafety' an: Was passiert mit Produkten, die seit Jahren im Einsatz sind und plötzlich unter eine neue Nano-Regulation fallen könnten? Die Antwort auf diese Frage steht bislang noch aus, und so bleiben die ökonomischen Auswirkungen unvorhersehbar.
Vielversprechende Ansätze
Die Nanosafety 2013 unterstrich vor allem, dass es keine generelle nano-spezifische Toxikologie gibt. Die Materialien und Produkte müssen einer individuellen Case-by-Case-Bewertung unterzogen werden. Dafür sind jedoch standardisierte Testvorschriften notwendig - eine Forderung, die alle Teilnehmer der Konferenz unterstützen. So wird zukünftig eine solide Basis geschaffen, um die Sicherheitsforschung bereits während der Produktentwicklung verlässlich und konsequent implementieren zu können. Zudem sind nur solchermaßen gewonnene Ergebnisse vergleichbar und damit aussagekräftig. Nun müssen die Anstrengungen von Forschung, Unternehmen und Regulatoren gemeinsam vorangetrieben werden.
Forschungsthema Nanosicherheit
Dem Forschungsthema Nanosicherheit widmet das INM-Leibniz-Institut für Neue Materialien eine hohe Aufmerksamkeit. Das Gebiet erfordert eine enge Verzahnung sehr unterschiedlicher Fachgebiete. Im Rahmen des kürzlich eingerichteten Leibniz-Forschungsverbundes Nanosicherheit werden einige der erforderlichen Schlüsselkompetenzen gebündelt. Prof. Eduard Arzt, Sprecher dieses Verbundes und Wissenschaftlicher Geschäftsführer des INM: "Die Sicherheitsforschung erfordert ein tiefgehendes Verständnis der beteiligten Wirkmechanismen. Um der Komplexität der Thematik Rechnung zu tragen, wird die Modellierung von Materialauswirkungen, wie sie auch im Rahmen der Konferenz diskutiert wurde, zunehmend an Bedeutung gewinnen."
Dr. Annette Kraegeloh, Leiterin der Forschungsgruppe "Nano Zell Interaktionen" am INM und Koordinatorin des Forschungsverbundes ergänzt: "Die im Rahmen der Konferenz diskutierten Themen haben ein umfassendes Bild des aktuellen Forschungsstandes gezeichnet. Die zukünftige Herausforderung wird es sein, notwendiges Detailwissen mit Generalisierungsstrategien sinnvoll zu verknüpfen."
Die nächste Konferenz, die laut den Organisatoren für 2015 geplant ist, wird die erzielten Fortschritte zeigen. Eine stärkere Industriebeteiligung wäre dabei wünschenswert. Zusammenfassend kann man angesichts der in Saarbrücken präsentierten Ergebnisse aber festhalten: Vielversprechende Schritte bei der Sicherheitsforschung zur Nanotechnologie wurden bereits getan. Weitere müssen nun folgen.