Mitwachsende Logistik
Loxxess erweitert Immobilie und Intralogistik für Chemiekunden in Haiming
Die Chemiebranche kämpft mit zahlreichen Herausforderungen: Erhöhte Personalkosten, gestiegene Energiepreise, aber auch Preissteigerungen bei Rohstoffen und Vorprodukten machen der energieintensiven Branche zu schaffen. Immer mehr Unternehmen sehen eine Möglichkeit der Kostenreduktion im Outsourcing der Logistik. Dienstleister operieren als langfristige Partner und gliedern sich nahtlos in die Abläufe ein. Wenn größere Umstrukturierungen oder Skalierungsvorhaben anstehen, machen sich die Vorteile der Zusammenarbeit besonders bemerkbar. So auch in Haiming, wo Loxxess für einen langjährigen Kunden aus der Chemiebranche die bestehende Immobilie erweitert.
Loxxess ist auf komplexe Outsourcing-Projekte in der Industrie- und Handelslogistik spezialisiert. Mit 28 Standorten ist das Familienunternehmen sowohl in Deutschland als auch Polen und Tschechien in unterschiedlichen Branchen tätig. Über die Jahre hat sich der Logistikspezialist in der pharmazeutischen und chemischen Industrie große Branchenexpertise aufgebaut. Im bayerischen Chemiedreieck am Standort Haiming umfasst das Dienstleistungsspektrum für einen namhaften Chemiekunden Lagermanagement, Werksversorgung sowie weitere Value Added Services im 24-Stunden-Betrieb.
Im Rahmen des eigenen Wachstums benötigte der Chemiekunde für die Logistikprozesse mehr Platz und Kapazität. Die Kooperation ermöglichte ihm, sich ganz auf seine Kernkompetenzen und seine Produkte zu konzentrieren. Der Logistikpartner machte sich frühzeitig an die Planung, damit die Immobilie als auch die Prozesse exakt auf die Bedürfnisse des Kunden zugeschnitten werden konnten.
14 Monate von Vertragsverlängerung bis Inbetriebnahme
Ziel der Erweiterung war es, dringend benötigten Platz im Produktionswerk des Kunden zu schaffen. Insgesamt 40.000 m² Lagerfläche und knapp 38.000 Palettenstellplätze bot das Logistikzentrum vor dem Ausbau. Die neue Halle bietet nun zusätzliche 16.300 m² und verdoppelt die Anzahl der Palettenstellplätze auf 80.000. Als der Bau der Erweiterungshalle beschlossen wurde, ging man davon aus, dass die Konstruktion und Inbetriebnahme in Modulen bis 2026 vollständig abgeschlossen sein würden. Die Zusammenarbeit verlief sehr gut, sodass trotz Lieferengpässen, der Pandemie und des Kriegs in Europa der Hochlauf im Januar 2022 starten konnte. Bereits im Frühjahr 2023 wird die Endausbaustufe in Betrieb gehen.
Die sachgerechte Produktionsver- und -entsorgung des Chemiewerks liegt seit 2008 in der Verantwortung des Logistikdienstleisters. Dabei wurde der Materialfluss eng mit dem Werk des Kunden verzahnt. So wird die Fabrik mit der Menge an persönlicher Schutzausrüstung, Labor- und Produktionsmaterialien versorgt, wie der aktuelle Bedarf vorgibt. Im vergrößerten Lager mit neuem Logistikkonzept werden die Prozesse weiter verfeinert. Dafür werden zusätzliche Aufgaben übergeben, wie etwa Qualitätsprüfungen und Transporte ins Werk nach dem Milkrun-Prinzip, wodurch Leerfahrten vermieden werden, weil die Transporte in beide Richtungen besser ausgelastet werden können. Neue Aufgaben, wie die Versorgung mit Packmitteln sowie die Produktionsvorbereitung von Fässern mit Inlinern werden übernommen.
Synergieeffekte beschleunigen Implementierung
Doch insbesondere intralogistische Aspekte spielen eine zentrale Rolle für die gewünschten Effizienzsteigerungen. Bereits bei der Planung des Konzepts wurden individuelle Gesichtspunkte berücksichtigt, was den Umgang mit den Produkten des Kunden angeht.
Um den gesetzlichen Vorgaben bezüglich der Lagerung und dem Transport von Gefahrstoffen bzw. Gefahrgut zu entsprechen, wurde die Immobilie mit einer entsprechenden Folierung gemäß der Wassergefährdungsklasse ausgerüstet. Außerdem kommt für Gefahrgut ein gesonderter Lagerbereich mit speziellem Brandschutz und Entlüftung hinzu.
Die Regalierung ist auf die Nutzhöhe der Gebinde mit chemischen Erzeugnissen angepasst. Im Schmalgangsystem reihen sich die Regale unmittelbar an die Übergabeplätze, wodurch Leerflächen im Lager vermieden werden. Die Halle wurde mit einer Höhe von 22 m errichtet, um den vorhandenen Platz mit einem hohen Regal optimal auszunutzen. Um maximale Sicherheit und Stabilität des Regalkonstrukts als auch der Regalbediengeräte zu gewährleisten, wurde ein spezieller, nivellierter Boden mit nahezu keinen Unebenheiten verlegt. So können Gefäße auch auf den obersten Regalplätzen ohne Schwankungen sicher ein- und ausgelagert werden.
Das Handling der Produkte in der neuen Lagerstruktur mit Überhöhe und Schmalgangregalierung erfordern spezielles Equipment für eine nahtlose Integration der Prozesse. Deshalb werden spezielle energiesparende Flurförderzeuge eingesetzt. Sie arbeiten mit einer Software, die Schwankungen gegen null bei möglichst hoher Geschwindigkeit erreichen. Außerdem werden sie durch eine moderne Ladeinfrastruktur flankiert, die die Stromlast signifikant reduziert. Die Halle erfüllt sehr hohe Energiestandards durch die Ausstattung mit LED-Beleuchtung und die Bereitstellung von Ladesäulen für E-Autos.
Die größte Herausforderung bestand darin, den Betrieb bei laufendem Ausbau zu starten. Seit Anfang 2022 wird der Betrieb schrittweise hochgefahren und soll im April 2023 vollzogen sein. Die Einhaltung der Fertigstellungstermine stellte sich ebenso als Hürde heraus. Fehlende Teile und Materialien mussten ad hoc durch manuelle Prozesse kompensiert werden. Die mehrjährige Zusammenarbeit mit dem Partner vereinfachte die Konzeption neuer Prozesse, da die Produkte und die Anforderungen des Produktionswerks bekannt waren. Genauso verhielt es sich mit der Implementierung der Prozesse im Lager, die durch diese Synergieeffekte beschleunigt wurden.
Herzstück der Logistik: Der Mensch
Umweltverträglichkeit und die Vorbeugung von Gesundheitsrisiken werden in der Chemieindustrie groß geschrieben. Dabei gibt es eine Vielzahl gesetzlicher Auflagen zu beachten, die sich fortlaufend ändern. Deshalb muss ein Fokus auf die notwendige Qualifikation des Teams gelegt werden. Dies geschieht durch die Einstellung von gut ausgebildeten Anlagenführern sowie ein Angebot an Weiterbildungen und geeigneten Trainings. Insgesamt sind in beiden Hallen aktuell etwa 120 Mitarbeitende beschäftigt, mit der Aussicht, auf 200 zu erhöhen. Nicht nur die Sicherheit, sondern auch das Wohlergehen der Teammitglieder stehen beim Erweiterungsbau im Vordergrund. Deshalb wurden in der Immobilie auch soziale Aspekte mit dem Einbau attraktiver Sozialräume und eines Bistrobereichs berücksichtigt.
Für das Chemieunternehmen stellt sich das Recruiting von passendem Personal in Zeiten des zunehmenden Fachkräftemangels als schwierig dar. Der Einsatz von innovativer Technologie in der Chemielogistik wirkt dem zum Teil entgegen und unterstützt die Arbeit der Mitarbeitenden. Durch schnell und zuverlässig arbeitende Roboter kann sowohl die Fehlertoleranz als auch die Sicherheit der Arbeitskräfte verbessert werden.
Eigens entwickelte Automationstechnik
In Haiming wird ein Inline-Roboter für das Handling von Fässern getestet. Der Prototyp entstand aus einer Kooperation des Logistikdienstleisters mit einem bayerischen Maschinenbauer und dem Kunden. Der Roboter soll das schonende Einlegen von Schutzfolie in unterschiedliche Fasstypen übernehmen. Bisher wurde der Arbeitsschritt manuell getätigt und soll künftig ganz automatisch erfolgen. Die Steuerung der Prozesse gelingt dabei ganz ohne Papierbelege dank Scannern, Apps und Laptop. Das macht die Logistik ergonomischer, transparenter und sicherer.
Auch der Einsatz von Machine Learning und KI sind perspektivisch in Planung für die Optimierung der Versorgungslinien. Loxxess hat bereits Erfahrung mit der Entwicklung und dem Einsatz digitaler, von Algorithmen gesteuerter Logistikprozesse. Das selbstentwickelte und mehrfach ausgezeichnete Lagerverwaltungssystem mit dem Namen „SMILE – Smart und Innovativ: Logistik für den E-Commerce“ kommt mittlerweile an mehreren Standorten zum Einsatz.
Autor: Claus-Peter Amberger, Vorstand, Loxxess AG, Unterföhring
„Durch schnell und zuverlässig arbeitende Roboter kann sowohl die Fehlertoleranz als auch die Sicherheit der Arbeitskräfte verbessert werden.“