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Mit erneuerbarem Strom zu nachhaltigen Produkten

Elektrischer Prozessofen für neue Grundöldestillation im Shell Energy and Chemicals Park Rheinland

16.10.2024 - Der Umbau des Energy and Chemicals Park Rheinland zu einer Produktionsstätte für nachhaltige Energie- und Chemieprodukte läuft auf Hochtouren.

Der Umbau des Energy and Chemicals Park Rheinland zu einer Produktionsstätte für nachhaltige Energie- und Chemieprodukte läuft auf Hochtouren. Shell hat es sich zum Ziel gesetzt, bis 2050 ein Unternehmen mit Netto-Null-CO2-Emissionen zu werden. Ein wichtiger Schritt der Transformation ist das Ende der Rohöldestillation am Standort Wesseling im Laufe des Jahres 2025 sowie der anschließende Umbau des bestehenden Hydrocrackers zu einer Anlage für die Produktion hochwertiger Grundöle. Dabei kommt ein elektrisch beheizter Prozessofen, der erste seiner Art in der petrochemischen Industrie, zum Einsatz.

Das Baufeld ist leergeräumt, Baumaschinen bereiten den Boden für die Fundamentplatte vor. Im Untergrund stecken bereits sechs mächtige Betonpfähle, 13 m tief und über einen Meter im Durchmesser. Sie werden für die Stabilität der Vakuumkolonne der Grundöldestillation (Base-Oil-Distillation-Unit, BODU) sorgen. Nebenan wird ein weiteres Areal von den Überresten des vorherigen Baus bereinigt. Dort entsteht das neue Schalthaus 1010.
Mit dem Umbau des Chemieparks rückt auch das Ende der Rohöldestillation im südlichen Parkteil, am traditionsreichen Standort Wesseling, näher. Ende März 2025 soll die Verarbeitung enden. Im Norden des Parks, am Standort Godorf wurden bereits technische Vorkehrungen getroffen, um das dort produzierte Vakuumgasöl (VGO) für die Verarbeitung in der BODU vorzubereiten. Ein 10 m breiter und knapp 2 m hoher Luftkühler ist bereits installiert. Es geht Schlag auf Schlag, denn schon ab 2027 soll die neue Destillationsanlage hochwertige Grundöle herstellen, die u. a. als Schmierstoffe, als Kühlflüssigkeit sowie in der Pharma- und Kosmetikindustrie zum Einsatz kommen können.

Transformation Richtung Netto-Null
Der Umbau ist das Herzstück der Transformation des gesamten Parks mit dem Ziel, künftig kohlendioxid­arme Energie- und Produktlösungen anzubieten. Eine der wichtigsten Maßnahmen für die Minderung des CO2-Fußabdrucks der neuen Anlage ist die Elektrifizierung von Anlagenteilen. Diese sind, wenn sie mit erneuerbaren Energien betrieben werden, deutlich klimafreundlicher als Anlagen, die durch herkömmliche, fossile Energiequellen erwärmt werden. Allerdings setzen weite Teile der Industrie gerade bei hohen Temperaturen und anspruchsvollen Prozessbedingungen nach wie vor auf klassische, sprich, fossilbasierte Technik. Schließlich ist diese über Jahrzehnte bewährt und gelernt, eine Elektrifizierung im industriellen Maßstab für Temperaturen oberhalb von 500 °C dagegen eine Herausforderung.
Daher blicken viele nun gespannt zu Shell ins Rheinland, denn die neue BODU soll künftig mit einem elektrischen Prozessofen beheizt werden. Nicht nur aufgrund seiner markanten äußeren Erscheinung hat dieser bereits einen Spitznamen bekommen und man spricht scherzhaft vom „Toaster“. Auch das grundlegende Prinzip der Wärmeabgabe über Strahlungsheizelemente findet sich auf jedem Küchentisch wieder.
Der geplante elektrische Strahlungsofen ist der erste seiner Art in der petrochemischen Industrie und arbeitet ohne direkte Emissionen von Luftschadstoffen: Weder Kohlenstoffdioxid noch Stickoxide, Staub oder Schwefeloxide werden ausgestoßen. Diese Innovation ist ein technischer Durchbruch im Vergleich zu herkömmlichen, gefeuerten Prozess­ö­fen, gerade vor dem Hintergrund der angestrebten CO2-Reduzierung.
Entscheidend für die Realisierung war, dass Lösungen gefunden wurden, die eine ausreichende Wärmestromdichte des elektrischen Rohrheizkörpers für den Betrieb unter den sehr anspruchsvollen Prozessbedingungen erreichen und die Anforderungen des industriellen Großbetriebs der petrochemischen Industrieprozesse erfüllen.
Während beim herkömmlichen Ofendesign fast alles irgendwann einmal gemessen, getestet und implementiert wurde, galt es für den Toaster Neuland zu beschreiten. Mit Erfolg: Die technischen Zielsetzungen wurden erreicht und trugen maßgeblich dazu bei, dass Anfang des Jahres die endgültige Investitionsentscheidung für den Umbau getroffen wurde. Die Lieferung des Toasters ist für das dritte Quartal 2025 geplant.

Auf dem Weg in eine CO2-arme Zukunft
Die Entscheidung für eine technisch innovative Lösung zur Fortentwicklung des Standorts passt in die Gesamtstrategie des Ölkonzerns, bis 2050 zu einem Netto-Null-CO2-Emissionen-Unternehmen zu werden. Es gilt, sowohl die Emissionen im eigenen Betrieb (Scope 1 & 2) zu reduzieren, als auch die Umstellung auf CO2-arme Produkte zu bewältigen, um keine indirekten Emissionen durch Nutzung der Produkte zu erzeugen (Scope 3). Gerade für einen klassischerweise rohölverarbeitenden Standort, wie den in Köln, bedeutet dies eine riesige Herausforderung. Es gilt, etablierte Geschäfts- und Betriebsmodelle auf den Prüfstand zu stellen und Möglichkeiten der Dekarbonisierung zu entwickeln, ohne dabei Wirtschaftlichkeitserwägungen aus den Augen zu verlieren.
Die ersten Schritte zur Transformation des Parks wurden bereits absolviert. Im Frühjahr 2024 ging am Standort Wesseling Deutschlands bis dato größte Anlage zur Produktion von Bio-LNG (verflüssigtes Biome­than) in Betrieb. Diese produziert aus nachhaltigen Rohstoffen wie Gülle, Mist oder organischen Reststoffen rund 100.000 t/a des CO2-ärmeren Kraftstoffes. Damit könnten jährlich bis zu 5.000 LNG-Lkw betankt werden, was eine CO2-Reduktion von bis zu 1 Mio. t entspricht. In Kürze geht am Standort Godorf außerdem ein neues Gaskraftwerk für die eigene Dampf- und Energieerzeugung in Betrieb, das in Teilen die bisherige Schweröl-Befeuerung des Parks ersetzt. Bereits seit 2021 produziert Refhyne I, betrieben mit regenerativen Energien, nachhaltigen Wasserstoff. Dem damals größten Elektrolyseur Deutschlands wird nun ein weiterer zur Seite gestellt: Im Sommer 2024 fiel die Investitionsentscheidung, Refhyne II zu realisieren, ein PEM-Elektrolyseur (Polymer-Elektrolyt-Membran) mit 100 MW Leistung und damit zehnmal so groß wie der Vorgänger.
Die Entscheidung wird nicht nur dazu beitragen, dass das Energieunternehmen die selbst gesteckten Ziele zur Senkung der CO2-Emissionen erreichen kann. Die innovative Anlage führt außerdem dazu, dass die produzierten hochwertigen Grundöle einen geringeren CO2-Fußabdruck aufweisen als herkömmlich erzeugte Produkte – ein entscheidender Vorteil auf Produktebene gerade auch vor dem Hintergrund künftiger Emissionsregularien. (op)

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