Linde testet CO2 als Rohstoff für Synthesegas-Produktion
08.12.2015 -
Der Münchener Gase- und Technologiekonzern Linde testet am Standort Pullach in einer neuen Pilot-Anlage, inwieweit Kohlendioxid (CO2) als Rohstoff zur Herstellung von Synthesegas genutzt werden kann. Etwa zwei Jahre lang wird die Reformer-Anlage mit verschiedenen Katalysatoren gefahren, dann soll sie bei ersten Industriekunden in den Praxisbetrieb gehen.
Üblicherweise ist CO2 ein umweltbelastendes Abfallprodukt industrieller und energetischer Prozesse. Der Gase- und Technologiekonzern Linde versucht, CO2 nun auf andere Weise zu nutzen. Eine kürzlich in Betrieb genommene sogenannte Pilot-Reformer-Anlage im Münchener Vorort Pullach, dem größten Standort von Linde, soll die Einsatzmöglichkeiten von CO2 als Rohstoff für industrielle Prozesse testen.
Mit dem Pilot-Reformer, in den Linde mit finanzieller Unterstützung des Bundeswirtschaftsministerium fünf Millionen Euro investiert hat, will der Konzern die Technologie im Bereich der Dampfreformierung weiterentwickeln. Dabei handelt es sich um ein Verfahren zur Erzeugung von Synthesegas bestehend aus Wasserstoff (H2) und Kohlenmonoxid (CO), bei dem Einsatzstoffe wie Erdgas, Flüssiggas (LPG), Naphtha oder auch Kohlendioxid (CO2) als Kohlenstoffquelle genutzt werden.
Bei der Erprobung neuer Reforming-Prozesse in der Forschungsanlage steht derzeit das sogenannte Dry-Reforming-Verfahren im Mittelpunkt. Die Trockenreformierung von Erdgas zur Erzeugung von Synthesegas ermöglicht nach Angaben von Linde die industrielle und wirtschaftliche Nutzung von CO2 sowie eine erheblich verbesserte Energieeffizienz. Aus dem Synthesegas können dann nachgelagerte Produkte wie Grundchemikalien oder Kraftstoffe produziert werden. Ein Beispiel ist die Herstellung von Dimethylether (DME) aus Synthesegas: Hier führt das Dry-Reforming-Verfahren zu einer besseren Energieausbeute und geringeren CO2-Emissionen.
Mehr Energieeffizienz
„Diese Forschungsanlage ist ein wichtiger Meilenstein“, sagte Dr. Wolfgang Büchele, Vorstandsvorsitzender von Linde, bei der Einweihung. „Linde will damit einen Beitrag für mehr Energieeffizienz leisten, einen ökologischen Fußabdruck setzen und seinen Kunden helfen, wettbewerbsfähiger zu werden“, so Büchele. Gleichzeitig gehe Linde damit auf die Bedürfnisse seiner Kunden sein.
Auch wenn die Energiepreise derzeit niedrig sind und damit die Bereitschaft, an neuen Verfahren zu arbeiten, vielfach nicht sehr hoch sei, treibe Linde derartige Innovation voran. Büchele wörtlich: „Wir geben nicht auf, an energieeffizienten Technologien zu arbeiten. Wir sind bereit zu investieren.“
Deutschland bezeichnete der Linde-Chef als Powerhouse für Innovation. Gleichzeitig wies er darauf hin, dass die Entwicklung neuer Verfahren und Produkte immer herausfordernder werde, da sich Wissen immer schneller entwickle und verbreite.
Vorstandsmitglied Dr. Christian Bruch erklärte, dass es sich bei der neuen Forschungsanlage nicht um eine neue Technologie handele. Vielmehr gehe es darum zu verstehen, wie eine ausgereifte Technologie möglichst weit vorangetrieben werden könne. Bruch: „Die Anlage hilft uns, noch energieeffizientere Lösungen für die Industrie anbieten zu können.“
Auch der Vertreter des Bundeswirtschaftsministeriums, Ministerialrat Ulrich Benterbusch, wies auf die Bedeutung derartiger Projekte hin. „Der Klimawandel verlangt von uns, neue Horizonte anzustreben.“
Ein Beispiel, wohin solche Entwicklungen gehen können, ist ein von Linde entwickeltes wasserstoffbetriebenes Elektrofahrrad. Eine Brennstoffzelle dient als Antriebsquelle und erzeugt den zur Unterstützung des Fahrers benötigten Strom aus Wasserstoff und Sauerstoff aus der Umgebungsluft. Das emissionsfreie Antriebssystem ermöglicht eine Reichweite von über 100 Kilometern. Dafür genügen maximal 34 Gramm mitgeführtes Wasserstoffgas. Die Befüllung durch ein eigens entwickeltes Befüllsystem soll dabei maximal sechs Minuten dauern.