Logistik & Supply Chain

Kostenoptimierung in der Chemieindustrie

Supply Chain Assessment bietet Ansatzpunkte, um Kosten nachhaltig zu senken

18.04.2023 - Wie konkrete Einsparpotenziale identifiziert werden können, die nicht nur kurzzeitige Effekte mit sich bringen.

Sparprogramm bei BASF – titelte die Süddeutsche Zeitung am 22. Oktober 2022; „Covestro-Chef spürt keine Trendumkehr“ das Handelsblatt am 25. Oktober 2022; „Evonik bereitet sich auf Rezession vor“ die Frankfurter Allgemeine Zeitung am 18. November 2022 – keine Frage, die deutsche Chemie­industrie spürt massiven Gegenwind und bereitet sich mit teilweise dreistelligen Millionen-Sparprogrammen auf den einsetzenden Abschwung vor.

Der Wunsch nach Sparprogrammen ist groß, der Bedarf bei dem einen oder anderen Unternehmen tatsächlich auch – doch vielen Unternehmen gehen nach den üblichen Maßnahmen wie Einschränkung der Reisekosten-Policy und des Beratereinsatzes schnell die Ideen aus, wie und wo auch kurzfristig Kosten zu reduzieren sind, ohne gegen hohe Abfindungen gut qualifiziertes Personal abzubauen, was aufgrund des Fachkräftemangels einige Monate später wieder fehlen wird.  

Auch Aktionen auf der Lieferantenseite laufen derzeit vielfach ins Leere: Die Maßnahme, Einkaufspreise bei anhaltender Inflation sowie steigenden Personal- und Energiekosten zu drücken, erreicht sehr schnell ihre Grenzen, wie viele Einkäufer aktuell feststellen müssen.

Ansatzpunkt zur ganzheitlichen Kostenoptimierung

Wo also ansetzen? Wie konkrete Einsparpotenziale identifizieren, die auch nachhaltig wirken und nicht nur notwendige Investitionen in die Zukunft verschieben?

Ein Ansatzpunkt kann ein Supply Chain Assessment sein. Ziel des Supply Chain Assessments ist es, Ansatzpunkte zur ganzheitlichen Kostenoptimierung in der Supply Chain zu identifizieren und umzusetzen. Dabei werden quasi alle Steine einmal umgedreht und durchleuchtet, inwieweit dort Einsparpotenziale schlummern und wie diese in überschaubarer Zeit zu heben sind.

Analyse mit dem Target Operating Model

Hintergrund des Supply Chain Assessments ist die umfassende Analyse des bestehenden sog. Target Operating Models, also des gesamten Set-ups bzw. des „Produktionssystems Supply Chain Management“. Dabei erfolgt eine Analyse in der Regel in den Dimensionen:

  • Organisation, Schnittstellen,
  • Zentralisierungsgrad
  • Mitarbeitende, Qualifikation und deren Kompetenzen
  • Supply-Chain-Prozesse
  • Technologien und Tools wie Planungstools, Control Towers oder Dashboards
  • KPIs und Reporting
  • Industrial Footprint:Netzwerk und Partner

Diese Dimensionen beschreiben das Target Operating Model im Supply Chain Management und existieren – bewusst oder unbewusst – in jedem Unternehmen. Die ersten drei Kriterien beschreiben sog. qualitative „weiche“ Dimensionen, während die letzten drei auf quantifizierbare „harte“ Dimensionen abzielen. Kurzfristige Kosteneinsparpotenziale orientieren sich zumeist an den letztgenannten „harten“ Dimensionsbereichen, allerdings ist eine Optimierung dieser in der Regel nicht ohne Berücksichtigung der drei erstgenannten Kriterien möglich. Daher verfolgt Miebach auch den Ansatz zur ganzheitlichen Kostenoptimierung.

Zumeist wurden diese Dimensionen einmal definiert, wie sie gelebt werden sollen. Davon abweichend hat sich über die Zeit ein Ist-Zustand herausgebildet, der teilweise dem ehemals definierten Zustand noch entspricht, teilweise davon aus guten oder schlechten Gründen abweicht.

Das Supply Chain Assessment analysiert sowohl den definierten als auch den gelebten Zustand und identifiziert darauf basierend einerseits kurzfristig realisierbare Quick Wins als auch andererseits mittelfristig anzustrebende Optimierungspotenziale. Dabei werden neben aktuellen Erfolgsbilanzen (z.B. was läuft gut und sollte beinbehalten werden, was schlecht) und derzeitigen Rahmenbedingungen (z.B. geplante Umstellung auf S4 Hana verbietet kurzfristig Maßnahme XY) auch Branchen-Best-Practices und State-of-the-Art-Konzepte berücksichtigt.

 

© Miebach
Ansatz zur ganzheitlichen Kostenoptimierung in der Lieferkette © Miebach

 

Optimierungspotenziale auf Basis des Reifegrads

Die Ermittlung der kurz- bis langfristigen Optimierungspotenziale erfolgt nicht willkürlich, sondern mittels einer standardisierten Skala. Angelehnt an das Marktforschungsunternehmen Gartner werden für die unterschiedlichsten Dimensionen und Prozesse sog. Reifegrade definiert, die eine objektive Bewertung und Einordnung des Unternehmens ermöglichen. So erfolgt in jedem Projekt in der Regel eine Bewertung nicht nur durch den Externen, sondern auch eine interne Beurteilung des Status quo durch den Kunden.

Auch die Festlegung, welche Quick Wins kurzfristig umsetzbar sind und welcher Reifegrad mittelfristig anzustreben ist, wird gemeinsam mit dem Kunden erarbeitet. Zumeist wird dabei ein mehrstufiges Vorgehen gewählt, kurzfristige Kostensenkungen als Quick Wins im ersten Schritt „mitzunehmen“ und mittelfristige Entwicklungspotenziale in einem zweiten Schritt anzugehen.

Die Durchführung dieses Assessments kann auf alle Supply-­Chain-Prozesse ausgedehnt werden, sei es Einkauf, Produktionsplanung, Bestandsmanagement, Sales and Operations Planning (S&OP), Customer Service etc. Kostensenkungspotenziale ergeben sich in der Regel sowohl im Prozess als solchem (Reduktion Ressourcenbedarfe, Vermeidung Schnittstellenverluste etc.) als auch im Ergebnis der optimierten Prozesse (Erhöhung Qualität der Planungsergebnisse, Verbesserung Auslastung, Reduktion Working Capital etc.).

Wirksamkeit des Supply Chain Assessments bestätigt

Konkrete Projektbeispiele haben die kurzfristige Wirksamkeit des Supply Chain Assessments eindrucksvoll nachgewiesen. Dabei ist besonders hervorzuheben, dass nicht nur einzelne Teilaspekte berücksichtigt werden und dadurch ggf. anderen Maßnahmen oder Rahmenbedingungen entgegenwirken. Stattdessen stehen kurzfristige Optimierungen im Einklang mit einer mittelfristigen Zielsetzung zum angestrebten Target Operating Model, um nicht nur die befürchtete Krise zu meistern, sondern auch, um für den danach kommenden Aufschwung wieder gut gerüstet zu sein.

Autor: Klaus-Peter Jung, Partner, Miebach Consulting GmbH, Frankfurt am Main

 

„Ziel des Supply Chain Assessments ist es, Ansatzpunkte zur ganzheitlichen Kostenoptimierung in der Supply Chain zu identifizieren und umzusetzen.“

 

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Zur Person

Klaus-Peter Jung, ist Partner der Miebach Consulting Gruppe und dort Head of Industry der Bereiche Chemieindustrie, Getränkeindustrie und Logistikdienstleister. Seit über 25 Jahren berät er Kunden im Supply-Chain- und Logistikumfeld auf nationaler und internationaler Ebene. Seinen Einstieg bei Miebach Consulting fand Jung im Jahr 2000 nach seiner Promotion am Lehrstuhl für Logistik an der Universität Marburg. Zuvor hatte er sein Studium zum Diplom-Wirtschaftsingenieur/Elektrotechnik an der TU Darmstadt absolviert.

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