Chemie & Life Sciences

Investition ins Iod-Recycling

Interview mit Florian Grandel über eine neu entwickelte Iod-Recycling-Anlage

25.10.2016 -

Häffner hat im Jahr 2014 ein neu erbautes Distributionszentrum in Marbach am Neckar eröffnet. Teil des Zentrums ist eine im Unternehmen selbst entwickelte Iod-Recycling-Anlage, die vor einigen Monaten in Betrieb genommen wurde. Zugelassen ist diese Anlage im aktuellen Zustand für die Verarbeitung von 500 t iodhaltiger Rückstände und Abfälle. CHEManager befragte Florian Grandel, Verkaufsleiter bei Häffner, zur Technik der Recyclinganlage und zu den wirtschaftlichen Hintergründen. Die Fragen stellte Dr. Birgit Megges.

CHEManager: Herr Grandel, wie ist die Idee entstanden, eine eigene Iod-Recycling-Technologie zu entwickeln und die Anlage zu bauen?

F. Grandel: Uns war seit Langem die Entsorgungsproblematik von diversen iodhaltigen Produktionsrückständen bekannt. Die gängigen Entsorgungswege führten fast immer Richtung Verbrennung. Die Iodfracht ging somit dem Wirtschaftskreislauf verloren. Ein geordnetes Recycling mit gekoppelter Produktion hochwertiger Iodverbindungen war uns in Deutschland sowie auch europaweit unbekannt. Da Iod ein seltenes und wertvolles Element ist, entstand durch Kontakte mit einigen Recyclingexperten die Idee zur Errichtung einer Versuchsanlage für eine Machbarkeitsstudie. Gleichzeitig fand eine Marktsondierung in punkto Qualität und Quantität der potenziellen Produkte statt.

Können Sie kurz erläutern, wie das jetzige Verfahren funktioniert?

F. Grandel: Wir arbeiten zurzeit ausschließlich nasschemisch im wässrigen Medium. Somit können nur Rückstände im Flüssigzustand direkt verarbeitet werden. Durch verschiedene chemische Reaktionen wird zuerst das elementare Iod gewonnen, das nach der Reinigung chemisch zur verschiedenen Verbindungen veredelt wird.

Materialien, die nicht direkt in unsere Prozesse passen, müssen vorpräpariert werden. Hierbei kommen Verfahren wie Destillation, thermische Zersetzung, Ionenaustausch und Mikrofiltration zum Einsatz.

Was passiert mit anfallenden Nebenprodukten bzw. Abfällen?

F. Grandel: Die Nebenprodukte sind völlig unterschiedlich und werden, sofern möglich, in einer eigenen Abwasseranlage behandelt. Abfälle, die wir nicht behandeln können, werden extern entsorgt.

Aus welchen Branchen kommt die Ware, die Sie recyceln?

F. Grandel: Die Hauptlieferanten stammen aus der Pharmaindustrie und dem Bereich der Spezialitätenchemie. Zusätzlich erhalten wir auch Fehlchargen, abgelaufene beziehungsweise verbrauchte Chemikalien und Abfälle aus der metallbearbeitenden Industrie.

Welchen Vorteil haben Ihre Kunden/Lieferanten davon, das Recycling außer Haus zu geben und nicht im eigenen Betrieb durchzuführen?

F. Grandel: Für die chemische Industrie ist das Iod-Recycling am Ort des Entstehens mit einem zu hohen apparativen Aufwand verbunden und meistens unwirtschaftlich, weil die Rückstände nicht kontinuierlich anfallen. Auch die Vorpräparation des Rückstands vor dem Recycling ist sehr speziell.

Wie lange dauert es von der Bereitstellung der Abfälle bis zur Lieferung des recycelten Iodprodukts?

F. Grandel: Das ist sehr stark abhängig von der Konzentration und Zusammensetzung der Eingangsstoffe. Auch die Reinheit des Produktes spielt eine große Rolle für die Verweilzeit innerhalb der Anlage. Eine pauschale Aussage macht hier keinen Sinn. Auf jeden Fall ist es so, dass wir bei der Herstellung eines Produkts mit Pharmaqualität bis zur Konfektionierung sechs Produktionsschritte benötigen, die zum Teil in einem 24-Stunden-Rhythmus erfolgen.

Wer sind die Abnehmer für Ihre iodhaltigen Produkte?

F. Grandel: Zum größten Teil nimmt auch dieselbe Industrie die Produkte ab, die die Rückstände liefert. Aber auch Großhändler, und Hersteller von Katalysatoren oder speziellen Mischungen gehören zu unseren Kunden. Obwohl wir es geplant haben und durchaus in der Lage dazu wären, stellen wir keine Lebensmittel- oder Futtermittelzusatzstoffe her. Die Nachfrage im technischen Bereich ist dafür einfach zu groß.

Wie viele Mitbewerber gibt es auf dem Gebiet? Haben Sie einen Überblick, welche Mengen an Iod weltweit recycelt werden?

F. Grandel: Der Wettbewerb ist nicht groß. Weltweit relevante Primärerzeuger lassen sich an einer Hand abzählen, das Gleiche gilt für das echte stoffliche Recycling in der EU. Der Markt wird durch die Primärerzeuger dominiert, die auch die Abfälle verarbeiten. Daten zur Recyclingquote sind meines Erachtens sehr unsicher, da eine große Menge der recycelten Ware an die Primärerzeuger zurückgeführt wird.

Wie sieht es mit der Auslastung Ihrer Anlage aus? Planen Sie einen weiteren Ausbau der Geschäfte mit iodhaltigen Produkten?

F. Grandel: Die Auslastung ist sehr hoch. Unsere aktuelle Produktion ist bereits für 2017 restlos verkauft. Insofern wäre ein Ausbau sehr erwünscht. Wir sind aktuell an mehreren anderen Iod-Projekten aktiv beteiligt und dies zum Teil sehr erfolgreich.

Die größte Problematik liegt jedoch in der Genehmigungssituation in Deutschland: Anlagen für chemische Erzeugnisse – also auch unsere Iod-Recycling-Anlage – müssen nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz genehmigt und einer Umweltverträglichkeitsprüfung unterzogen werden. Dahinter verbirgt sich ein teures und langwieriges Genehmigungsverfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung. Leider ist diese Genehmigung unabhängig von der Menge der erzeugten Produkte. Das hat zur Folge, dass die Anforderungen für Kleinanlagen die gleichen sind wie für großchemische Anlagen, in denen die tausendfache Menge oder mehr hergestellt wird. Da von der Antragstellung bis zur Realisierung in der Regel zwei bis drei Jahre vergehen, sind wir momentan an unsere Anlagenbedingungen gebunden. Die Zukunft wird zeigen, welche Projekte noch realisiert werden können.

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