Infrastruktur am Flughafen muss passen
Im Interview: Joachim von Winning, Geschäftsführer der Air Cargo Community Frankfurt
Mit dem Ziel Pharmatransporte am Frankfurter Flughafen zusätzlich zu beschleunigen und zu optimieren startete die Air Cargo Community Frankfurt einige Initiativen. Ein Fachforum, die BPI-Tagung und zahlreiche Gespräche mit Logistikverantwortlichen bilden den Anfang.
Mit einer ganzen Reihe von Initiativen ging die Air Cargo Community Frankfurt im September 2015 auf die internationale Pharmaindustrie in Deutschland zu. Ziel der zahlreichen Gespräche und Konsultationen war und ist dabei, gemeinsam neue Ideen zu entwickeln und konkrete Innovationen anzutreiben, wie sich Pharmatransporte künftig noch schneller und effizienter über den Frankfurter Flughafen abwickeln lassen.
Beim Forum „Air Cargo Community Frankfurt meets Pharma“ nahm neben Vertretern von Pharmakonzernen auch das Regierungspräsidium Darmstadt als wichtige Behörde teil. Man tauschte sich u.a. darüber aus, welche Erwartungen und künftigen Anforderungen die Industrie an eine optimale Lufttransportkette stellt. Vertreter der Community zeigten auf, welche umfassenden Serviceangebote es heute bereits insbesondere für den sicheren Transport hochsensibler Pharmasendungen am Standort gebe – Services, die weit über das Portfolio an vielen anderen großen Airports hinausgingen.
Pharmazeutische Industrie tagte am Frankfurter Flughafen
Dem Forum folgte wenig später die Tagung des Ausschusses International Business des Bundesverbandes der Pharmazeutischen Industrie (BPI) direkt am Frankfurter Flughafen mit rund 30 Teilnehmern. Auch hier wurden umfassend Möglichkeiten diskutiert, wie die beteiligten Logistikunternehmen am Flughafen von der Airline bis zum Ground Handling Agent ihren Service und ihre Leistungen für Pharmaunternehmen zusätzlich verbessern können.
Für Joachim von Winning, Hauptgeschäftsführer der Air Cargo Community Frankfurt sind beide Veranstaltungen für alle Beteiligten sehr erfolgreich verlaufen: „Wir haben einerseits einige hervorragende Anregungen für die Arbeit unserer Kompetenzteams in der Community mitnehmen können. Andererseits konnten wir die wesentlichen Stärken des Standortes erläutern und im Detail darstellen. Nach diesen guten Erfahrungen werden wir in einem dritten Schritt jetzt weitere Pharmaunternehmen besuchen und dort direkte Gespräche mit den Logistikverantwortlichen führen.“
In fünf Minuten über das Vorfeld
Um den immer anspruchsvoller werdenden Anforderungen an schnelle, zuverlässige und effiziente Lufttransporte für Pharmasendungen zu entsprechen, bietet der Frankfurter Flughafen gute Voraussetzungen. Mit über 7.000 m² temperierten und GDP-zertifizierten Lager- und Abfertigungsflächen (-24°C bis +24°C) in der ersten Reihe und mit direktem Zugang zum Vorfeld liegt der Standort in Europa ganz vorne. Hinzu kommen zahlreiche hochwertige Services, die die Versender nach Bedarf in Anspruch nehmen können. Hierzu gehören beispielweise moderne Thermotransporter speziell für die Beförderung temperatursensibler Güter auf dem Vorfeld. Denn unabhängig von Witterung und Außentemperatur gewährleisten sie das reibungslose Einhalten der erforderlichen Kühlkette.
Hier könne laut von Winning Frankfurt sogar eine Besonderheit aufweisen: Mit Hilfe der Thermotransporter wurde eine extrem leistungsstarke Infrastruktur für das Ground-Handling aufgebaut, auf deren Basis – trotz bisweilen etwas längerer Fahrtwege an Deutschlands größtem Flughafen – ein Aufenthalt der Ware in nicht-temperierter Umgebung von weniger als fünf Minuten eingehalten werden kann.
Infrastruktur am Flughafen muss passen
Die vor rund eineinhalb Jahren gegründete Air Cargo Community Frankfurt sieht sich beim logistischen Umgang mit Pharmawirkstoffen und Arzneimitteln am Frankfurter Flughafen auf einem guten Weg. CHEManager fragte Joachim von Winning, Geschäftsführer der Air Cargo Community Frankfurt, wie er die weitere Entwicklung der Pharmalogistik einschätzt. Die Fragen stellte Dr. Sonja Andres.
CHEManager: Sie hatten im September das Forum „Air Cargo Community Frankfurt meets Pharma“ durchgeführt. Können Sie die wichtigsten Ergebnisse schildern, die aus diesem Forum hervorgingen, an dem auch Vertreter von Pharmakonzernen und Behörden teilnahmen?
J. von Winning: Eine sehr erfreuliche Erkenntnis, die wir aus dem Forum mitnehmen konnten, war sicherlich die, dass die Logistikkette am Frankfurter Flughafen besten Ruf in Bezug auf Pharmatransporte genießt. Das bedeutet jedoch nicht, dass wir uns auf diesen Lorbeeren ausruhen können. Im Gegenteil. Wir haben aus den Gesprächen einige hervorragende Anregungen mitnehmen können, in welche Richtung wir bestehende Produkte rund um den Versand von pharmazeutischen Waren weiterentwickeln müssen bzw. welche neuen Angebote wir schaffen sollten, beispielsweise bei Vorrichtungen zur aktiven und passiven Kühlung während des Aufenthaltes der Sendungen auf dem Flughafenvorfeld. Auch haben wir darüber diskutiert, wie sich das Zusammenspiel von Versendern, Spediteuren, Abfertigungsgesellschaften, Airlines und Behörden zusätzlich optimieren lässt. Hier haben wir einige interessante Ansatzpunkte definiert, um die Abläufe am Frankfurter Flughafen zusätzlich zu beschleunigen.
Worauf legen aus diesen Diskussionen heraus demnach die Pharmafirmen in der Pharmalogistik den größten Wert?
J. von Winning: Neben der Transportgeschwindigkeit spielt für die Firmen Zuverlässigkeit die ganz entscheidende Rolle. Immer mehr Pharma- und Medizinsendungen werden temperaturkontrolliert verschickt. Versender und Empfänger wollen sich zu Recht darauf verlassen können, dass bei sensiblen Waren, deren Herstellung häufig sehr aufwändig und damit teuer ist, die erforderliche Temperaturkette nahtlos eingehalten wird – im LKW ebenso wie im Flugzeug, beim Abfertiger oder auf dem Vorfeld. Am Flughafen muss eine entsprechende Infrastruktur vorhanden sein, die selbst bei extremen Wetterbedingungen wie Hitze oder Kälte einwandfrei funktioniert. In Frankfurt ist das alles gegeben.
Welche zusätzlichen Ergebnisse in Bezug auf Handling und Lufttransport pharmazeutischer Produkte brachte die Tagung des Ausschusses International Business des Bundesverbandes der Pharmazeutischen Industrie (BPI)?
J. von Winning: Für uns als Airport Community war es sehr interessant festzustellen, wie unterschiedlich intensiv sich die einzelnen Pharmahersteller bisher mit der Thematik auseinandergesetzt haben. Während sich einige der hohen Komplexität der Pharma-Luftfracht bewusst sind, haben wir anderen das weitreichende Miteinander der verschiedenen Stellen und die Abläufe erläutert und ihnen auch wichtigen Einrichtungen am Flughafen gezeigt.
Branchenspezifische Führungen durch die Cargo Cities bieten wir den Logistikverantwortlichen von Pharmaunternehmen übrigens generell an. Dabei zeigen wir das Perishable Center Frankfurt, das Lufthansa Cargo Cool Competence Center, die Abläufe beim Abfertiger, das Vorfeld, einige speziell für den Pharmaversand interessante Spezialprodukte sowie das Innere einer Vollfrachtmaschine.
Wie sehen Sie insbesondere den Frankfurter Flughafen für diese speziellen Anforderungen aufgestellt?
J. von Winning: In Frankfurt haben wir das große Glück, dass wir bereits sehr gut aufgestellt sind. Nicht umsonst ist der Frankfurter Flughafen im Bereich der Luftfracht der Pharma-Umschlagplatz Nummer 1 in Europa. Pro Jahr werden hier Pharmazie- und Medizinsendungen mit einem Volumen von mehr als 100.000 t angeliefert, umgeladen, zwischengelagert und weitertransportiert, viele davon temperaturgeführt. Wir verfügen am Standort über 7.000 m² temperierte und GDP-zertifizierte Abfertigungsflächen in der ersten Reihe und mit direktem Zugang zum Vorfeld.
Wir können, was auf der ganzen Welt nur an ganz wenigen Flughäfen möglich ist, bei sensiblen Pharmaprodukten die für den Transport im Flugzeug notwendigen Paletten ebenfalls in temperierter Umgebung zwischen 2 und 8° C bauen. Und wir sind in der Lage, den Versendern, wenn erforderlich, einige besondere Dienstleistungen anzubieten wie unser „5-Minuten-Produkt“. Hier garantieren wir mit Hilfe spezieller Thermotransporter und einer ausgefeilten Infrastruktur, dass der Aufenthalt der zu versendenden Ware in nicht-temperierter Umgebung bei weniger als fünf Minuten liegt. Etwas Ähnliches werden Sie weltweit an den großen Flughäfen kaum finden.
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