IG BCE fordert Zukunftsfonds für Europäische Leitindustrien
"Strukturwandel intelligent managen"
Die Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE) fordert von der Politik einen stärkeren Einsatz für Leuchtturm-Branchen in Europa. Nötig seien mehr Förderinstrumente, die die Innovationsfähigkeit von Schlüsselindustrien voranbringen, sagte der Vorsitzende der IG BCE, Michael Vassiliadis, beim energie- und industriepolitischen Pressegespräch in Haltern am See. Zentrale Wirtschaftszweige wie der Energie- und der Mobilitätssektor müssten engagierter als bislang in ihrem Strukturwandel unterstützt werden. "Uns schwebt ein Zukunftsfonds für Europas Leitindustrien vor", so Vassiliadis.
Der Fonds solle Unternehmen mit Investitionshilfen zur Seite stehen, die sich auf neue Geschäftsfelder in ihrer Branche ausrichten. "Das wäre ein echter Beitrag zur Stärkung der heimischen Industrie und ihrer Wettbewerbsfähigkeit. Und gleichzeitig ein für viele EU-Bürger sofort einleuchtendes Plädoyer für den gemeinsamen Binnenmarkt." Derzeit seien gerade die EU-Förderprogramme eher auf die Beseitigung regionaler Unterschiede und auf Agrarthemen beschränkt.
So müssten künftig in der Energieversorgung verstärkt Hochtechnologieprojekte wie etwa künstliche Fotosynthese oder Power-to-x gefördert werden, sagte der IG-BCE-Vorsitzende. Derzeit flössen Milliarden-Subventionen in die erneuerbaren Energien, deren Leistung mit dem Wetter stark schwanke und die kaum noch Innovationspotenzial hätten. Dass sie allein keine sichere Versorgung bieten könnten, habe nicht zuletzt der zurückliegende Januar gezeigt - als wegen "Dunkelflaute" Deutschlands Energiebedarf fast ausschließlich durch konventionelle Kraftwerke gedeckt werden musste. Der Strommix der Zukunft benötige deshalb revolutionäre Hochtechnologie, wenn er eine sichere Versorgung gewährleisten solle. "Wir müssen uns mehr Gedanken über die Alternativen zu den Alternativen machen", forderte Vassiliadis.
Der Gewerkschaftschef verwies zudem auf große strukturelle Herausforderungen in der Mobilitätswirtschaft. Durch den Wandel bei den Antriebstechnologien und dem Trend zur Digitalisierung der Fahrzeuge werde in den kommenden Jahren "die gesamte Wertschöpfungskette ,auf links' gedreht", mahnte der IG-BCE-Vorsitzende - etwa weil E-Autos deutlich weniger Komponenten benötigen als Fahrzeuge mit konventionellen Verbrennungsmotoren. Das werde vor allem den Veränderungsdruck auf die Automobilzulieferer wachsen lassen.
"Der Strukturwandel in der Industrie betrifft unsere Branchen und unsere Kolleginnen und Kollegen ganz direkt", sagte Vassiliadis. Bis zu 200.000 Beschäftigte in Chemie-, Kautschuk- und Kunststoffindustrie sind Teil der Zulieferbranche. Vassiliadis forderte einen "Zukunftspakt für die gesamte automobile Wertschöpfungskette", an dem sich Industrie, Sozialpartner und Politik beteiligen sollten. Gemeinsam könne man im internationalen Wettbewerb verlorenes Terrain etwa in der Batterieproduktion, bei Leichtbau-Werkstoffen oder bei der Digitalisierung zurückgewinnen.