Höhere Akzeptanz der Feldbusse setzt durchgängige Lösungen für das Life-Cycle-Management und die Geräteintegration voraus
Der Feldbus von heute – der Feldbus von morgen?
Die Feldbus-Technik hat sich in der Fertigungsautomatisierung etabliert und wird dort auch längst akzeptiert. Bussysteme wie Profibus, aber auch andere wie Can, Interbus und Devicenet, sind fester Bestandteil im Maschinen- und Anlagenbau. Mit Abstand ist jedoch Profibus die führende Kommunikationstechnologie in der Automatisierung, denn nur Profibus kann als einziges Feldbussystem sowohl in der Fertigungs- als auch in der Prozessautomatisierung eingesetzt werden. Damit erfüllt Profibus insbesondere in der „Hybriden Automatisierung" praktisch alle Anforderungen. Mehr als 23 Mio. Profibus-Knoten sind heute weltweit installiert.
Nach wie vor wächst Profibus stark dank der stabilen und ausgereiften Technologie und des breiten Einsatzspektrums, gerade auch für Hybridanwendungen mit den Ausprägungen Profibus DP und PA (Abb. 1). Ein weiteres Potential zur Kostensenkung bei vernetzten Automatisierungsanlagen wird zukünftig mit Profinet erschlossen. Profinet hat sich mittlerweile als der offene industrielle Ethernet-Standard für die Automation etabliert. Wir erwarten in den nächsten 10 Jahren den 100 Millionsten Knoten mit Profibus und Profinet.
Wo stehen die Feldbusse heute in der Prozessautomatisierung?
Natürlich macht dieser Erfolg stolz. Allerdings darf er uns nicht zufrieden machen. Richtet man den Blick auf die Prozessautomatisierung, sind die Erwartungen, die die „Väter des Feldbusses" geweckt hatten, noch lange nicht erfüllt. „Der Feldbus wird die analoge Übertragungstechnik in den nächsten 20 Jahren komplett ablösen". Dieses Statement konnte man in vielen Artikeln Ende der 80er Jahre nachlesen. Heute ist das Geschäft in der Prozessautomatisierung mit Geräten, die 4-20 mA bieten, weiterhin stark. Woran liegt das? Warum tun sich Feldbusse in der Prozessautomatisierung immer noch schwer, die uneingeschränkte Akzeptanz der Anwender zu erhalten?
An dieser Stelle möchte ich den Versuch einer Erklärung machen. Feldbusse von heute sind leistungsfähig, oftmals leistungsfähiger als für Aufgaben in der Verfahrenstechnik benötigt. Feldbusse von heute sind standardisiert und offen. Sie werden durch Nutzerorganisationen wie die Profibus Nutzerorganisation (PNO) gepflegt, unterstützt und weiterentwickelt. Viele Erfahrungen liegen für die richtige Auslegung eines Feldbusses in diversen Anlagen vor. Die Instrumentierung sowie der elektrische Anschluss an die unterschiedlichsten Systeme sind in der Praxis erprobt. Auf zwei Gebieten kann und muss für Feldbusse generell weiterentwickelt und optimiert werden.
Entwicklungslinien in der Feldbus-Technologie
Das Eine ist die Forderung nach einem durchgängigen Management aller Informationen eines Feldgerätes über dessen gesamten Lebenszyklus, also von der Planung über das Bestellwesen, der Logistik und Inbetriebnahme, bis hin zu der gesamten Datenerfassung während des Betriebes in einer Anlage. Profibus ist hier Vorreiter mit der Spezifikation für I&M-Funktionen (Identification & Maintenance). Dahinter verbirgt sich ein Konzept zur hersteller- und branchenunabhängigen, einheitlichen Identifikation von Feldgeräten (Abb. 2). Durch das Einlesen des elektronischen Typenschilds aus einer zentralen Datenbank in ein I&M-fähiges PC-Tool kann ein gezielter Zugriff auf Online-Informationen zu Inbetriebnahme- und Wartungszwecken ermöglicht werden. Das ist zunächst ein erster Schritt, aber ein wesentlicher, auf dem Weg zu einem durchgängigen Life-Cycle-Management.
Nun zum zweiten Gebiet, das weiterentwickelt werden muss. Was sich immer wieder als beratungsintensiv herausstellt und oftmals unterschätzt wird, ist die informationstechnische Integration in Prozessleit- und Plant Asset Management-Systeme sowie in Engineering-Werkzeuge.
Eine Vision in der Prozessautomatisierung war und ist, dass, wie z.B. wie bei einer USB-Schnittstelle heute bei Personal Computern üblich, der Anschluss eines Sensors oder Aktors an ein Automatisierungssystem automatisch erfolgt: Das System wählt auf Basis des angeschlossenen Gerätes die informationstechnischen Softwarekomponenten automatisch aus und startet sie selbständig. Diese Softwarekomponenten bestimmen dann den weiteren Ablauf im System. Beispielhaft könnten das sein: der Informationsfluss vom Prozess, die benötigte Qualität der Information, der Wartungsbedarf oder Meldungen im Fall einer Störung. In der Prozessautomatisierung muss das oft auch außerhalb der Gerätespezifikationen geschehen, z.B. bei hoher Temperatur. Da Stillstandszeiten nicht toleriert werden, muss ein „Plug & Play" selbstorganisierend, schnell, hochzuverlässig und jederzeit verfügbar und ohne Eingriff des Anlagenfahrers oder des Inbetriebnehmers ins System funktionieren.
Dieser Wunsch ist schon lange als Forderung an zukünftige Feldgeräte der Prozessautomatisierung formuliert. Die Namur hat mit der NE 91 und der NE 105 die wichtigsten Anforderungen an Plant Asset Management, bzw. an Engineering Systeme, beschrieben. Aber die bisherigen Aktivitäten zur Vereinheitlichung von Schnittstellen für Engineering Tools haben bis heute nur bedingt Früchte getragen. In der Prozessindustrie konkurrieren EDDL und FDT als unterschiedliche Lösungen, wodurch der Aufwand für Hersteller und Kunden unnötig erhöht wird.
Eine einheitliche Technologie, bzw. Technologien, die sich ergänzen, sind unabdingbar. Eine weitere Vorraussetzung sind Informationswege mit offener, international standardisierter und leistungsfähiger Semantik.
Die leistungsfähigen Informationswege sind mit Profibus und Foundation Fieldbus vorhanden und werden bereits weiter entwickelt. Mit Profinet und dem Proxy-Konzept (Abb. 3) zur Integration von Hart, Profibus PA und Foundation Fieldbus entsteht bereits die nächste Generation eines Informationsweges, um für die wachsende Funktionalität in Feldgeräten und den damit erforderlichen Fortschritt der Mikroelektronik gerüstet zu sein, wie sie z.B. die Technologie-Roadmap „Prozess-Sensoren" von GMA und Namur mit ihren Visionen und Zielen beschreibt. In der Profi-bus Nutzerorganisation hat der Arbeitskreis „DCS Requirements" für Profinet bereits den Anforderungskatalog aus Sicht der Prozessautomatisierung erarbeitet.
Auch an Lösungen für die „letzte Meile" in der Prozessautomatisierung, die erfahrungsgemäß mit Anforderungen an Explosionsschutz, Hilfsenergieübertragung und Robustheit der Kabel und Anschlüsse die kritischste ist, wird an Alternativen schon heute gearbeitet. Das Stichwort ist hier „Wireless". Die Hart Communication Foundation (HCF) hat sich diesem Thema sehr früh gewidmet und mit Wireless Hart die nächste Generation der Feldübertragungstechnik bereits beschrieben.
Wie steht's mit der dazugehörigen Semantik? Auf Informationswegen werden zunächst nur Daten ausgetauscht, die vom Empfänger, also dem Automatisierungssystem, nur dann zu Informationen werden, wenn sie richtig interpretiert werden können. Dies wird umso komplexer, je höher die Funktionalität eines Feldgerätes wird. Bei der USB-Schnittstelle kümmert sich der Host-Controller um den Austausch der Basisinformation zu Beginn des Betriebes. Er holt sich aus dem Gerät Informationen über Funktionen und Konfigurationsvarianten. Damit ist im Betrieb die richtige Interpretation der Daten möglich. Warum sollte das nicht auch für Feldgeräte in der Prozessautomatisierung möglich sein? Auch dafür gibt es heute schon die Technik. Auf Basis der EDDL- und FDT/DTM-Technologie sowie dem OPC UA Client-Server Model lassen sich Standards entwickeln und leistungsfähige Tools schaffen, die für Plant Asset Management genutzt werden, und den Anforderungen an eine „USB-Schnittstelle für die Prozessautomation" gerecht werden.
Mit der Field Device Integration (FDI), einem Gemeinschaftsprojekt der FDT Group, der Fieldbus Foundation (FF), der Hart Communication Foundation (HCF), der OPC Foundation (OPCF) und der Profibus Nutzerorganisation (PNO) sollen die Vorteile sowohl der EDDL als auch der FDT/DTM-Technologie zusammengeführt und ein einheitlicher Standard für die Geräteintegration geschaffen werden. Hierbei ist nicht nur die Technik eine Herausforderung, sondern auch das Migrationskonzept für die installierte Basis, das eine Rückwärtskompatibilität zu existierenden Lösungen gewährleisten muss. FDI wird nur dann erfolgreich sein, wenn es letztlich keine „3. Lösung", sondern die gemeinsame Lösung für alle gebräuchlichen industriellen Kommunikationssysteme wird. Die PNO unterstützt FDI als die einzige, gemeinsame Lösung im Interesse der Vereinfachung der Geräteintegration.
Letztendlich wird sich die Akzeptanz der Feldbusse nur mit durchgängigen Lösungen sowohl für ein Life-Cycle-Management als auch für die Integration von Feldbus-Geräten stark steigern lassen. Damit würde das Ziel, die analoge Übertragungstechnik irgendwann abzulösen, in greifbare Nähe rücken.
Sowohl Hersteller als auch Anwender müssen für dieses Ziel etwas tun. Denn wenn es um Visionen, Innovationen oder neue Technologien für die Zukunft geht, hören wir heute viel zu häufig immer wieder Argumente, warum etwas nicht geht. Frei nach John F. Kennedy, müssen wir uns jedoch alle fragen: „Fragt nicht, was andere dafür tun können, sondern fragt, was wir dafür tun können, damit sich diese Visionen zum Nutzen der Anwender und letztendlich auch der Gesellschaft realisieren lassen."