Strategie & Management

Herausforderung REACh: Ein aktueller Überblick zur Registrierung

Ein Prüflabor stellt seine Erwartungen zur dritten Registrierungsphase dar

10.12.2014 -

Bereits 2007 ist die REACh-Verordnung in Kraft getreten. Sie soll sicherstellen, dass chemische Produkte nicht negativ auf Mensch und Umwelt einwirken. Nach Beginn der dritten Registrierungsphase, die bis Mitte 2018 laufen wird, stellt hier ein Prüflabor seine Erwartungen dar, die sich aus der Erfahrung mit den beiden ersten Phasen ergeben.

Nach Abschluss der ersten beiden Registrierungsphasen, in denen bereits Stoffe mit mehr als 100 t/a oder einer hohen Gefährdung (z.B. krebserzeugende chemische Produkte) anzumelden waren, läuft momentan die dritte und - nach derzeitigem Stand - letzte dieser Phasen von REACh an. Gleichzeitig werden die Dossiers der beiden abgeschlossenen Fristen evaluiert. Nun sind bis zum 1. Juni 2018 bereits existierende Stoffe, die in Mengen von 1 t/a bis zu 100 t/a hergestellt und importiert werden, bei der ECHA (European Chemicals Agency) zu registrieren. Für alle Phasen mussten die betroffenen Stoffe vorab registriert werden, dies erfolgte für etwa 143.000 Stoffe (alle Zahlen der registrierten Stoffe gemäß ECHA-Homepage). Davon sind, Stand Februar 2014, nur ungefähr 12.500 registriert. Es ist zu erwarten, dass viele vorregistrierte Stoffe nicht endgültig registriert werden, da sich für viele kleinere Produkte der für REACh notwendige, enorme Aufwand nicht lohnt. Dennoch ist eindeutig, dass in der dritten Phase eine große Zahl endgültiger Registrierungen ansteht - aktuelle Schätzungen gehen von 25.000 bis 40.000 Stoffen aus.

Ausblick auf Phase III

In der laufenden dritten Registrierungsphase sind aufgrund der kleinen Tonnagen vor allem die kleinen und mittelgroßen Unternehmen verstärkt gefordert, die bisher eher wenig Erfahrung mit dem komplexen Thema REACh haben. Aber auch die großen Unternehmen haben aufgrund ihres umfangreichen Produktportfolios weiterhin viel Arbeit vor sich. Es ist zu befürchten, dass die SIEFs (Substance Information Exchange Forum), in denen sich Unternehmen austauschen müssen, die dieselben Chemikalien anmelden wollen, diesmal deutlich kleiner sind oder sogar nur aus einer einzigen Firma bestehen, die dann den Aufwand allein bewältigen muss.

Der notwendige Studienumfang ist für die Stoffe der letzten Registrierungsphase deutlich geringer als für diejenigen in großen Tonnagen. Dennoch müssen auch diese Dossiers vielfältige Informationen enthalten: Es sind vor allem physikalisch-chemische Daten notwendig, der Umfang an toxikologischen und ökotoxikologischen Prüfungen ist deutlich kleiner als in den vorangegangenen beiden Phasen.

Physikalisch-chemische Prüfungen

Bei den physikalisch-chemischen Prüfungen, wie sie in Laboren der Siemens-Prozess-Sicherheit durchgeführt werden, handelt es sich fast immer um Standarduntersuchungen. Dennoch ist - aufgrund der mitunter komplexen Proben und Versuchsergebnisse - für deren erfolgreiche Bewertung umfangreiche chemische Expertise unersetzlich. Dies gilt für alle Phasen der Testdurchführung: die Auswahl der korrekten Tests und Testmethoden (z.B. zur Bestimmung des Dampfdrucks), die Durchführung der Tests (etwa die Entwicklung der richtigen Analytik für die Bestimmung der Wasserlöslichkeit) und vor allem die Interpretation der Ergebnisse (beispielsweise selbst erhitzende Eigenschaften). Mit der zweckmäßigen Durchführung steigen die Chancen einer Verknüpfung von REACh mit der Klassifizierung gemäß der CLP-Verordnung (Classification, Labelling and Packaging). Der Leitfaden der ECHA „Endpoint specific guidance" vom August 2014 besagt, dass physikalisch-chemische Daten, die auch für die Klassifizierung verwendet werden, gemäß den korrespondierenden Tests für die Klassifizierung durchzuführen sind. Durch die Expertise des durchführenden Labors bei der Auswahl und Bewertung von Studien entsteht ein erheblicher Mehrwert, da die Daten eines einzigen Tests zur REACh-Registrierung sowie zur Klassifizierung für CLP und die Transporteinstufung eines Stoffes genutzt werden können.

Mangel an Daten und Zeit

Ein weiterer wichtiger Aspekt dieser aktuellen Phase ist, dass für die Stoffe mit kleinen Tonnagen zum Teil deutlich weniger Daten vorliegen, als dies für viele Stoffe der vorherigen Fristen der Fall war. Zudem verlangt auch die Durchführung des diesmal notwendigen Studienprogramms nicht nur Expertenwissen, sondern auch viele Ressourcen, angefangen bei den Herstellern bis zu den entsprechenden Prüflaboren. Die dritte Frist endet in weniger als vier Jahren, dies ist unter all den genannten Bedingungen sehr wenig Zeit.

Rückblick auf die Phasen I und II

Das Registrierungsdossier für REACh enthält alle wichtigen Daten eines chemischen Stoffes. Zu diesen Daten gehören u.a. die Identität des Herstellers und der chemischen Produkte und ihre physikalisch-chemischen, toxikologischen und ökotoxikologischen Eigenschaften. In Phase I, die im Dezember 2010 endete, waren alle Stoffe zu registrieren, die in einer Menge von mehr als 1.000 t/a hergestellt oder importiert werden, sowie bestimmte gefährliche Stoffe in kleineren Tonnagen. Bis Juni 2013 lief die Frist für Stoffe mit mehr als 100 t/a. In Phase I wurden etwa 4.300 und in Phase II ca. 3.000 Stoffe registriert. Als angemeldet gelten zusätzlich etwa 5.000 sog. „Neustoffe" des ELINCS-Verzeichnisses (European List of Notified Chemical Substances).

Für die Erstellung der spezifischen Dossiers mit allen zugehörigen Aufgaben haben die betroffenen Unternehmen viel Aufbauarbeit geleistet. Dazu gehört auch die Zusammenarbeit in den SIEFs, die darauf abzielt, unnötige Studien, insbesondere an Wirbeltieren, zu vermeiden. Diese Zusammenarbeit mit anderen Unternehmen war und ist nicht immer einfach, weil einerseits die Frage einer fairen Kostenteilung zu klären ist und andererseits in diesem Kreis auch vertrauliche Daten weitergegeben werden müssen. Zudem ist die Bestimmung der Stoffidentität sehr komplex (etwa bei Naturstoffextrakten), wie zahlreiche Nachforderungen der ECHA zu diesem Thema zeigen. Die große Anzahl durchzuführender Studien und deren gehaltvolle Auswertung und Übertragung in IUCLID (International Uniform ChemicaL Information Database) zur Übersendung an die ECHA waren ebenfalls umfangreich und komplex. Alle Beteiligten, von den Herstellern und Importeuren über die nachgeschalteten Anwender bis zu den beteiligten Prüflaboren, haben daher in den vergangenen Jahren viel Zeit für die Erstellung aussagekräftiger Studien und Registrierungen aufgewendet, dabei aber auch einen Erfahrungsschatz aufgebaut, der das zukünftige Vorgehen erleichtert.

Zusammenfassung und Ausblick

Die Umsetzung von REACh hat der Industrie einen großen Ressourceneinsatz abverlangt. Auch wenn die Verordnung bereits mehr als ein halbes Jahrzehnt in Kraft ist, so lernen alle Beteiligten, von der ECHA bis zum nachgeschalteten Anwender, erst nach und nach mit ihr umzugehen. Insbesondere, da jede Phase ihre spezifischen Herausforderungen hat. Dass die Erstellung toxikologischer Daten einen hohen Zeitaufwand erfordert, ist bekannt. In den ersten beiden Registrierungsphasen kam es jedoch auch bei der Ermittlung physikalisch-chemischer Daten zu Engpässen in den Prüflaboren. Es ist daher ratsam, sich direkt um die Registrierung für die laufende Frist zu kümmern und sich rechtzeitig Unterstützung zu sichern.

Aufgrund der hohen Komplexität von REACh setzt die Umsetzung eine offene Kommunikation aller Beteiligten voraus. Es ist dennoch zu erwarten, dass noch etliche Jahre vergehen, bis die größten Herausforderungen gemeistert sind. Erst dann wird sich zeigen, ob das Ziel von REACh, die Sicherheit von Mensch und Umwelt beim Umgang mit gefährlichen Stoffen, zu erreichen ist. Bis dahin sind alle Beteiligten gefordert, ihre Erfahrungen zu machen und einzubringen.

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