Good Distribution Practice für Hilfsstoffe
Erfahrungsbericht eines Excipientherstellers
Nicht erst seit gestern haben die Zulassungsbehörden in Europa, den USA und kooperierende Behörden ein verstärktes Augenmerk auf die Versorgungskette auch bei den Hilfsstoffen für pharmazeutische Produkte gelegt. Ursprünglich geriet dieser Aspekt der Qualität von Medizinalprodukten aus bekannt gewordenen Skandalen in das Blickfeld der Behörden. So kamen sowohl 1990 in Nigeria als auch 2006 in Panama mehr als 100 Menschen durch mit Diethylenglycol manipulierten Hustensaft ums Leben, während vor zwei Jahren in China hauptsächlich Babys durch verunreinigte Säuglingsnahrung die Opfer des sog. Melamin-Skandals waren.
All diese Fälle waren auf absichtlich, d.h. aus kriminellen Motiven, verunreinigte Hilfs- oder Zusatzstoffe zurückzuführen. Die Behörden haben dadurch im Laufe der Jahre realisiert, dass von den Hilfsstoffen eine viele größere Gefahr ausgeht, als von den recht gut kontrollierten Wirkstoffen.
Neue Hürden für Hilfsstoffe
Nicht nur, dass eine Vielzahl von Hilfsstoffen, neben nur einem oder wenigen Wirkstoffen, in eine Formulierung einfließen, auch die pekuniären Anreize hier zu manipulieren sind ungleich höher und die technischen Hürden geringer.
Daher befassten sich die WHO (WHO Technical Report Series, No. 917, 2003), die EU (Directive of the Board of the European Community92/25/EEC) und die US-FDA (Code of Federal Regulations21 CFR 210/211, and USP 107) mit dem Thema der Integrität der Versorgungskette.
Im April 2010 verabschiedete die EU-Kommission einen Zusatz zum Art. 118a(92/25/EEC), in dem die Zulassung eines Arzneimittels in der EU auch von der Einhaltung der GDP durch Händler gefordert wird. Die US-FDA stellte durch ein Statement von Dr. Stephen Wolfgang, Consumer Safety Officer, FDA/CDER, klar, dass sie für die Zulassung eines Arzneimittels auch die Integrität jeder Charge eines Hilfsstoffes über die gesamte Versorgungskette fordert.
Sicherung der Versorgungskette
Dieser Herausforderung musste und hat sich Meggle 2009, als einer der führenden Hersteller für pharmazeutische Hilfsstoffe mit einem weltweiten Distributionsnetz in mehr als 100 Ländern gestellt. Das Problem bei dieser Aufgabe war es, dass trotz der behördlichen Forderungen keine zertifizierbaren Standards und nicht einmal weltweit akzeptierte Standards existieren.
Aus diesem Grund hat sich das Unternehmen für den Weg der Implementierung des „IPEC-Good Distribution Practices Guide for Pharmaceutical Excipients 2006" entschieden. Dieser beruht u.a. auf einer Übereinkunft der Organisationen EFCG (European Fine Chemicals Group), IPEC Europe (International Pharmaceutical Excipients Council Europe), IPEC Americas, PQG (Pharmaceutical Quality Group) und des europäischen Chemiehandelsverbandes FECC.
Die Richtlinien basieren auf den Empfehlungen der WHO, die auf dem 40. WHO Expert Committee im Oktober 2005 vorgestellt und angenommen worden waren, und wurden speziell im Bezug auf Hilfsstoffe weiter entwickelt.
Um diesen Richtlinien innerhalb des Qualitätssystems des Unternehmens den richtigen Stellenwert und bei den Distributeuren die richtige Akzeptanz zu verschaffen, wurden diese Richtlinien in die Qualitätsdokumentation des Unternehmens als gelenktes Dokument aufgenommen. Inzwischen sind sie ein integraler Bestandteil des GMP-Systems.
Angepasste Lösungen
Ein weiteres Problem vor der Implementierung dieser IPEC-GDP Richtlinien stellte das sehr heterogene Distributionsnetz des Unternehmens im Hinblick auf die Versorgungskette dar. Da sich das Distributionsnetz von Deutschland über Mittel- und Osteuropäische Länder in den Nahen Osten und bis nach Asien zu Ländern wie Bangladesch, Korea und China erstreckt, war es nicht möglich, alle Geschäftpartner über einen Kamm zu scheren. Dazu finden sich zu unterschiedliche Lager- und Transportbedingungen in all diesen Ländern und der Umgang mit der Dokumentation, einem Kernelement der IPEC-GDP Richtlinien, wird unterschiedlich gehandhabt. Es musste ein Weg gefunden werden, die Standards für alle in einer realisierbaren Form umzusetzen. Aus diesem Grunde wurden die GDP-Richtlinien in zwei Blöcke geteilt: Zum einen bilden die „Minimum Requirements" die Grundlage, um Distributeur von Meggle zu sein und zu bleiben. Zum anderen muss die volle Implementierung der Richtlinie, - je nach Kapazität des jeweiligen Distributeurs - in festgelegten Zeiträumen abgeschlossen sein.
Um dem Nachdruck zu verleihen und ggf. auch Instrumente zur Durchsetzung oder Sanktionierung in der Hand zu haben, wurden diese GDP-Richtlinien fester Bestandteil der Distributionsverträge, die mit den Distributionspartnern geschlossen werden.
Abgerundet wird dieses Paket durch einen Qualitätsvertrag nach IPEC (IPEC Quality Agreement Guide, 2009), der zwar nicht bindend für die Umsetzung der GDP-Richtlinie gefordert wird, aber im Rahmen eines GMP-gerechten Handelns nach Auffassung des Unternehmens unerlässlich ist.
Überprüfung und Weiterentwicklung
Um die Umsetzung der Ansprüche des Unternehmens hinsichtlich GDP auch überprüfen zu können, die Weiterentwicklung zu begleiten und zu fördern, sowie alle Schritte zu dokumentieren, wurden parallel dazu Audit-Tools entwickelt. Diese basieren auf einer Audit-Checkliste, die die IPEC-GDP Richtlinien (Minimum Requirements & komplette Richtlinien) Eins zu Eins abbildet. Auch diese Audit-Checkliste, sowie die resultierenden Audit-Reports wurden in das Dokumentenmanagementsystem integriert und somit eine Dokumentation sichergestellt. Des Weiteren wurden Auditoren auf die IPEC-GDP Richtlinien hin geschult, um in regelmäßigen Abständen den Status Quo und den Fortschritt zu überprüfen und vor allen Dingen Hilfestellung bei der Umsetzung und Fortentwicklung dieser Richtlinie geben zu können.
Fazit
Die Akzeptanz und die positiven Rückmeldungen der Distributeure bei der Vorstellung dieses Programms im Juni 2010 stimmten das Unternehmen zuversichtlich, dass im Laufe der nächsten Jahre eine vollständige Implementierung gelingen wird und man auch für Hilfsstoffe dem Anspruch an einen umfassenden Schutz des Verbrauchers vor qualitativ minderwertigen oder manipulierten Einsatzstoffen gerecht werden kann.
Kontakt
Molkerei Meggle Wasserburg
Megglestr. 6-12
83512 Wasserburg