Gerüstet für den Notfall
Die Chemische Industrie leistet freiwillige Hilfe bei Transportunfällen mit Chemikalien
Unfälle mit gefährlichen Gütern lassen sich trotz umsichtiger Sicherheitsmaßnahmen nicht vollkommen ausschließen, deshalb hat der Verband der Chemischen Industrie VCI bereits 1982 das Transport-Unfall-Informations- und Hilfeleistungssystem (TUIS) als freiwilliges Hilfeleistungssystem der deutschen chemischen Industrie ins Leben gerufen.
Mit seinen etwa 130 TUIS-Mitgliedern bietet es rund um die Uhr ein dreistufiges Hilfeleistungspaket an: Beratung durch Experten am Telefon oder direkt vor Ort sowie technische Hilfe am Unfallort durch gut ausgebildete Werkfeuerwehren. Im Jahr 2011 leistete TUIS laut Einsatzstatistik mehr als 1.140 Mal bundesweit freiwillige Hilfe bei Transportunfällen mit Chemikalien, knapp 4% mehr als im Jahr davor.
Da die Sicherheit von Chemikalientransporten zu einer grenzüberschreitenden Aufgabe geworden ist, kooperiert das TUIS mit dem internationalen System ICE (Intervention in Chemical Transport Emergencies), dem sich auch ähnlich strukturierte Systeme wie der Global Distribution Emergency Response (DER) Process von Dow angegliedert haben.
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Rolf Haselhorst, Vorsitzender des Arbeitskreises TUIS im VCI und u.a. Leiter der Werkfeuerwehr der BASF, zum aktuellen Stand der TUIS.
CHEManager: Herr Haselhorst, wie hat sich das TUIS bewährt? Wird es von den öffentlichen Feuerwehren gut angenommen?
Rolf Haselhorst: Die Einsatzzahlen belegen über viele Jahre die hohe Akzeptanz des Systems. Es wird von den öffentlichen Gefahrenabwehrkräften sehr gut angenommen. Durch gezielte Information, also auf Messen, in Broschüren, Internet und über Vorträge, sorgen die Werkfeuerwehren der Chemie dafür, dass die Wahrnehmung von TUIS hoch bleibt. Bei der grenzüberschreitenden Einbindung sind wir auf die Zusammenarbeit mit den Nachbarländern angewiesen, und hier gibt es noch Potential für verschiedene Maßnahmen.
Gab es in jüngster Zeit wichtige Neuerungen in der Handhabung des TUIS?
Rolf Haselhorst: Seit Mitte 2012 können die öffentlichen Gefahrenabwehrkräfte die TUIS-Hilfeleistung direkt im Internet (www.tuis.org) erkunden. Wir haben unsere bewährte Datenbank online gestellt. Die beteiligten Werkfeuerwehren pflegen ihre Hilfeleistungs-Daten online ein. So sind wir besonders aktuell.
Welche Neuerungen könnten die Hilfssysteme in der Zukunft noch schlagkräftiger und effizienter machen?
Rolf Haselhorst: TUIS ist bereits als Hilfeleistungssystem effizient, unsere Werkfeuerwehren sind schlagkräftig. Aber es kommt künftig mehr denn je darauf an, dass wir den Generationenwechsel bei den Feuerwehren richtig begleiten, gute Nachwuchskräfte ausbilden und die wertvollen Erfahrungen der ausscheidenden Kräfte für die Jüngeren bewahren.
Und die Mittel müssen stimmen, damit TUIS auf dem Stand der Technik bleiben kann. Gegenwärtig befassen wir uns beispielweise mit Online-Ausbreitungsmodellen und mit fernsteuerbaren Fluggeräten für die Lageerkundung.
In welcher Form können Chemie- und Pharmaunternehmen das TUIS bzw. ICE-System unterstützen?
Rolf Haselhorst: Im Rahmen ihres Responsible-Care-Programms stellen die Chemie- und Pharmaunternehmen ihre Spezialisten und Werkfeuerwehren in den Dienst des TUIS. Wir hoffen, dass dies auch künftig so bleibt. Wir haben nicht nur Feuerwehren, sondern auch Toxikologen, Ökologen und Chemiker, deren Rat bei TUIS geschätzt wird. Dies verstehen wir auch als Beitrag zur Nachhaltigkeit.
www.tuis.org
www.responsible-care.de
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Günter Schiefer Goodwin, Emergency Services & Security Expertise Leader Europe, Dow Deutschland Anlagengesellschaft, äußert sich zum Global Distribution Emergency Response Process bei Dow.
CHEManager: Was waren für Dow die entscheidenden Gründe einen globalen Dow-Prozess für Transportunfälle (Global Distribution Emergency Response (DER) Process) zu installieren?
Günther Schiefer Goodwin: Bereits Jahrzehnte vor der Einführung von „Responsible Care" („Verantwortliches Handeln") wurde bei Dow ein globaler Prozess zur Unterstützung bei Transportunfällen etabliert, der es zum Ziel hatte, öffentliche Gefahrenabwehrkräfte schnell und effizient zu unterstützen. Da Dow Produkte weltweit vertrieben werden, war es sinnvoll diesen Prozess global einzuführen.
Wie funktioniert dieser Prozess in groben Schritten?
Günther Schiefer Goodwin: Hilfeleistungen werden wie bei den z. B. in Europa etablierten Systemen wie z.B. TUIS (Deutschland, Österreich und Schweiz), Transaid (Frankreich) und ICE (Europa) in 3 Hilfeleistungsstufen angeboten: Stufe 1 - Fachliche telefonische Beratung und elektronische Weiterleitung von Informationen, Stufe 2 - Fachliche Beratung an der Unfallstelle - und Stufe 3 - Aktive technische Unterstützung durch Fachpersonal an der Unfallstelle.
Diese Unterstützung wird in interdisziplinären Teams geleistet, z.B. arbeiten hier Fachberater Chemie, interne Gefahrenabwehrkräfte, Umweltwissenschaftler, Transportsicherheitsexperten, Logistikmitarbeiter und Product Stewards zusammen. Die Zusammensetzung dieser Teams wird sehr flexibel nach den spezifischen Anforderungen der Ereignisse bestimmt.
Gerade in Europa sind bei länderübergreifenden Aktionen stets Sprachbarrieren zu überwinden. Wie hat man bei Dow diese Schwierigkeit gelöst?
Günther Schiefer Goodwin: Um frühzeitig mit öffentlichen Notfallorganisationen wie Feuerwehr, Polizei und Rettungsdienst kommunizieren zu können, halten wir in Europa 25 nationale Notrufnummern vor, die an 365 Tagen rund um die Uhr erreichbar sind. Dow Einsatzzentralen in verschiedenen Ländern sind über 12 Notrufnummern zu erreichen. In Ländern in denen wir keine Dow Präsenz rund um die Uhr sicherstellen können, bedienen wir uns weiterer 13 nationaler Notrufzentralen. Somit können wir sicherstellen, dass die Notrufmeldung und Fachberatung in der nationalen Sprache durchgeführt wird.
Die Unternehmenssprache der Dow, mit Hauptsitz in den USA ist Englisch. Dies hilft uns bei internen Abstimmungen unserer interdisziplinären Notfallteams. Die Kommunikation zu den Hilfeersuchenden Behörden wird dann über die 25 nationalen Notrufzentralen in der Sprache des jeweiligen Landes geleistet.
Die Notrufzentrale unseres Werkes in Terneuzen/Niederlande hat die wichtige zusätzliche Aufgabe als „europäische Einsatzzentrale" die Kommunikation zur Einsatzzentrale am Konzernsitz in Midland/USA sicherzustellen, um bei Transportunfällen mit Dow Produkten, welche nicht in Europa produziert wurden, den Kontakt zum versendenden Werk sicherzustellen.
Besteht eine Art Kooperation zwischen dem Dow Global DER-System und dem europäischen ICE?
Günther Schiefer Goodwin: Ja, unsere Einsatzzentralen in Europa sind in die nationalen Hilfskonzepte fest integriert. Dow ist Mitglied im Europäischen Chemieverband CEFIC und arbeitet in der ICE Gruppe aktiv mit. Die europäischen Kontaktdaten unserer Einsatzzentralen wurden ICE zur Verfügung gestellt. In den USA unterstützt Dow aktiv das Chemtrec System, das sich neuerdings auch in Ländern außerhalb des amerikanischen Kontinents engagiert, sofern dort keine Nationalen Transportunfall-Hilfskonzepte etabliert sind.
www.dow.com
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