Feuerwehr sorgt für Know-how-Transfer
Vom Standortfaktor zum Ausbildungs- und Kompetenzzentrum
Für InfraServ Gendorf ist die hauptberufliche Werkfeuerwehr ein wichtiger Standortfaktor. Über 50 hochqualifizierte Feuerwehrmänner sind im Chemiepark Gendorf im Schichtbetrieb im Einsatz, um bei Notfällen die Gefahrenabwehr und Schadensbekämpfung vorzunehmen. Dieses für Einsätze bei Industrieanlagen zugeschnittene Notfall-Know-how können seit kurzem auch externe Werk- und Betriebsfeuerwehren sowie freiwillige Feuerwehren in Bayern nutzen: Im Herbst 2016 realisierte der Dienstleister ein Feuerwehr Ausbildungs- und Kompetenzzentrum. Damit wurde im Freistaat ein einmaliges Bildungsangebot geschaffen, das staatliche Ausbildungen um die Komponente der Branchenexpertise ergänzt.
„Unsere rund 20 Ausbilder sind keine praxisfernen Theoretiker, sondern erfahrene Feuerwehrexperten mit Chemiepark-Erfahrung“, betont Martin Siebert, Leiter der ISG-Werksicherheit. „Außerdem können unsere Kursteilnehmer die Übungsausstattung unserer hochmodernen Feuerwehrwache nutzen wie etwa eine Atemschutz- und Kanalübungsstrecke, Rohrbrücken und einen Übungsturm – inklusive der für Übungszwecke bereitstehenden Löschfahrzeuge.“ Auch mit den Möglichkeiten, welche die 3.000 m² große, ehemalige Eissporthalle bietet, hebt sich die Ausbildung von herkömmlichen Kursen ab. Die Halle wurde eigens als Übungsumgebung eingerichtet, in der die Ausbilder auf großer Fläche mit Nebelgeneratoren, Licht- und Soundeffekten arbeiten können, um reale Einsatzbedingungen zu simulieren. Diverse Szenarien sind möglich - eine Häuserfront mit verschiedenen Dachkonstruktionen, eine Chemieübungsanlage und zwei freistehende Häuser speziell für Löschangriffe.
Kompetenzen sichern
Die Nachfrage nach den Kursen ist hoch. Kein Wunder: Das Kompetenzzentrum schließt eine Marktlücke. An den drei staatlichen Feuerwehrschulen in Bayern ist die Nachfrage nach Ausbildungen deutlich größer als das Angebot. Wartezeiten von mehreren Jahren sind keine Seltenheit. Die bisher angebotenen Lehrgänge im Gendorfer Ausbildungs- und Kompetenzzentrum für externe Feuerwehren könnten dabei erst der Anfang sein, so Siebert. Denn auch Fachvorträge und Kurse, welche die Werkfeuerwehr seit über 20 Jahren im Rahmen des Transport-Unfall-Informations- und Hilfeleistungssystem (TUIS) abhält, werden in das Ausbildungs- und Kompetenzzentrum einfließen. Dass dieses neue Ausbildungsmodell im Trend liegt, bestätigt eine VCI-Studie über die Zukunft von TUIS. Demnach müsse das bestehende Fachwissen der Werkfeuerwehren gesichert werden, um einem Kompetenzverlust methodisch entgegenzuwirken. Darüber hinaus solle der bisherige Austausch und die Zusammenarbeit mit den öffentlichen Feuerwehren in einem kooperativ-integrativen Ansatz ausgebaut werden.
Investitionen in Feuerwehrwache und Turbolöschsystem
In Gendorf ist man mit dem Kompetenzzentrum schon einen Schritt weiter. Der Chemieparkbetreiber weiß diese Ressource zu schätzen und forciert die eigene Kompetenz mit unterschiedlichen Investitionen. Erst vor drei Jahren wurde für 10 Mio. EUR eine Feuerwehrwache mit modernster Einsatzleitzentrale neugebaut. Damit ist sichergestellt, dass auch bei einer Vergrößerung des Areals die Werkfeuerwehrleute in maximal drei Minuten jeden Ort im Chemiepark erreichen können. In dem Neubau sind Einsatzgeräte, Werkstätten, Lager und Fahrzeughallen unter einem Dach und vereinen Werkfeuerwehr und Werkschutz. Da sich auch Löschmittel und -techniken in den vergangenen Jahren weiterentwickelt haben, wurde zudem das Einsatzkonzept umgearbeitet. Jüngste Maßnahme ist dabei etwa die Nutzung eines Turbolöschsystems: „Das ermöglicht einen effizienten Brandschutz, bei dem der Wassereinsatz und somit auch Rückstände wie etwa kontaminiertes Löschwasser reduziert werden können“, erklärt Martin Siebert. Der Grund: Gelöscht wird mit Hochdruckwassernebel statt mit einem Wasserstrahl. Das Wasser wird in feinste Tröpfchen zerstäubt und nahezu komplett verdampft. Je kleiner die Wassertropfen, umso schneller verdampfen sie.“ Verdampfen bedeutet „Energie entziehen“: „Das kühlt nicht nur, sondern unterbindet auch die Sauerstoffzufuhr. Durch die Thermik, die bei einem Brand herrscht, werden die Wassertropfen verteilt, so dass sich das Feuer quasi selbst erstickt“, erklärt Brandschutzexperte Siebert.
Mehr Sicherheit für Mensch und Umwelt
Im Zuge der Umstellung auf die Wassernebel-Technik wurde zu Beginn diesen Jahres eine halbstationäre Löschanlage für den Einsatz in Innenräumen angeschafft: „Da der Wassernebel das Feuer in allen Ecken und Nischen erreicht, können wir ihn in geschlossenen Räumen auch als Alternative zu gasförmigen Löschmitteln wie etwa Kohlendioxid verwenden“, erklärt der Leiter der Werkfeuerwehr. Für Außeneinsätze steht ein Turbo Hydrojet Modul zur Verfügung, das aus einer Flugzeugturbine besteht, die ein brennendes Objekt in bis zu 150 m Entfernung in eine Wasserwolke einhüllen kann. „Im Gegensatz zu herkömmlichen Wasserwerfern können die Feuerwehrmänner dadurch aus größerer Entfernung agieren, was ihre Sicherheit erhöht“, erläutert Siebert. Durch das Einnebeln können zudem die Rückseite von hohen Reaktoren und Behältern umhüllt werden: „Mit dem Aufrichtwinkel von 60°C kann eine Höhe von 80 m abgedeckt werden. Somit können wir die höchste Produktionsanlage im Werk mit dem Werfer erreichen“, fügt der Sicherheitschef hinzu. Auch fluorfreie Schäume können den Modulen, die mit Hochdruckwassernebel arbeiten, beigemischt werden: „Anders als bei einem Wasserstrahl wird der Schaum sanft aufgebracht, zerstört also nicht die Oberfläche. Das ermöglichst zudem ein zielgerichtetes Verteilen des Schaums.“ Einziger Nachteil des Systems: Eine Flugzeugturbine bleibt eine Flugzeugturbine und die macht Lärm. Im Notfall dürfte das freilich keine Rolle spielen.
Anmeldungen für die Feuerwehr-Lehrgänge und Schulungen sind hier möglich. (op)
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