Evonik investiert in Lipid-Produktion für mRNA-basierte Therapien in den USA
02.06.2022 - Evonik baut in den USA eine neue, hochflexible Produktionsanlage für pharmazeutische Lipide im Weltmaßstab. Die neue Anlage am Evonik-Standort Tippecanoe in Lafayette, Indiana, wird den Konzern für künftiges Wachstum bei neuartigen mRNA-basierten Therapien über Covid-19-Impfstoffe hinaus breit aufstellen.
Der Bau beginnt Anfang 2023, zwei Jahre später soll die Anlage in Betrieb gehen. Die Investition in die Lipidanlage wird zur Schaffung von mehr als 80 hochqualifizierten Arbeitsplätzen in der Region Lafayette beitragen.
Die Gesamtinvestition beläuft sich auf 220 Mio. USD. Die US-Regierung beteiligt sich mit bis zu 150 Mio. USD über ihre Biomedical Advanced Research and Development Authority (BARDA), die zum Office of the Assistant Secretary for Preparedness and Response im U.S. Department of Health and Human Services gehört. BARDA fördert die Entwicklung medizinischer Gegenmaßnahmen, um auf die Gesundheitsbedrohungen des 21. Jahrhunderts zu reagieren und koordiniert die Auftragsvergabe mit Unterstützung des DOD Joint Program Executive Office for Chemical, Biological, Radiological and Nuclear Defense (JPEO-CBRND).
Das Vorhaben wird außerdem von der Wirtschaftsförderungsgesellschaft Indiana Economic Development Corporation (IEDC), der Handelskammer Greater Lafayette Commerce (GLC) und dem Energieversorger Duke Energy unterstützt.
Das Health-Care-Geschäft des Essener Spezialchemieunternehmens Evonik ist ein führender und integrierter Dienstleister für Produkte und Technologien für mRNA-basierte Medikamente. Evonik beliefert weltweit große Pharmaunternehmen mit Lipiden, die für den Einsatz von mRNA (Boten-Ribonukleinsäure) benötigt werden. Lipide sind entscheidende Komponenten zur Formulierung von mRNA-basierten Medikamenten.
Während der Corona-Pandemie hat Evonik durch die Bereitstellung von Lipiden einen entscheidenden Beitrag für den Impfstoff Covid-19 von Pfizer/BioNTech und für Impfkampagnen in aller Welt geleistet. mRNA dient als Träger genetischer Informationen in Zellen. Sie kann für ein breites Spektrum pharmakologischer Anwendungen konzipiert werden. mRNA-Impfstoffe beispielsweise bringen den Zellen bei, wie sie ein Protein herstellen sollen, das eine Immunreaktion auslöst.
„Mit dieser Investition in die Lipidproduktion bauen wir unsere führende Position am Weltmarkt weiter aus und stärken gezielt unser Health-Care-Geschäft“, sagt Evonik-Vorstandschef Christian Kullmann. „Die Investition unterstützt unsere strategische Transformation zu 'Next Generation Evonik': Durch Lösungen mit einem überlegenen ökologischen und sozioökonomischen Profil schaffen wir Mehrwert für unsere Kunden.“
Der Standort Tippecanoe im US-Bundesstaat Indiana ist aufgrund der vorhandenen Infrastruktur, der hochqualifizierten Arbeitskräfte und der verfügbaren Technologien der bevorzugte Standort von Evonik für dieses Projekt. Tippecanoe ist einer der weltweit größten Standorte zur Herstellung pharmazeutischer Wirkstoffe (APIs) und mit rund 650 Mitarbeitern der zweitgrößte Standort von Evonik in den USA. Als führender Hersteller von Wirkstoffen konzentriert sich Evonik auf die großtechnische Produktion von hochwirksamen Arzneimitteln und Wirkstoffen, die auf komplexer Chemie basieren und eine mehrstufige Synthese erfordern.
„Die Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika freut sich, Teil dieser Bemühungen zur Erweiterung der industriellen Basis zu sein, um die Produktion von Rohstoffen für mRNA-Impfstoffe zu steigern“, sagt Nicole Kilgore, Deputy Joint Program Executive Officer (JPEO) for Chemical, Biological, Radiological and Nuclear (CBRN) Defense.
„Die strategische Expansion von Evonik in Tippecanoe ist eine großartige Nachricht für den gesamten Großraum Lafayette“, sagt Scott Walker, President und CEO der Handelskammer Greater Lafayette Commerce. „Die Stadt Shadeland, Lafayette, West Lafayette, Tippecanoe County, die Purdue Research Foundation und Greater Lafayette Commerce haben dieses Vorhaben unterstützt und freuen sich nicht nur über die hochwertigen Arbeitsplätze, die dadurch entstehen, sondern auch über die wichtige Rolle, die das neue Lipidzentrum für die Impfstoffvorsorge unserer Nation spielen wird.“
Mit dem Ausbau der Produktion für Speziallipide stärkt Evonik das Portfolio der Division Nutrition & Care an Systemlösungen für die so genannte Advanced Drug Delivery. Ziel der Division ist es, den Anteil der Systemlösungen am eigenen Geschäft von heute 20% bis zum Jahr 2030 auf über 50% zu erhöhen.
„Als strategischer Partner für Pharma- und Biotechnologie-Unternehmen unterstützen wir mit der neuen Anlage unsere Kunden von der Entwicklung bis zur Kommerzialisierung Nukleinsäure-basierter Medikamente. Diesen neuen Therapien gehört die Zukunft“, sagt Thomas Riermeier, Leiter des Health-Care-Geschäfts von Evonik. „Wir prüfen auch, unsere Formulierungsservices und Kapazitäten zur Aufskalierung zu erweitern, um damit unsere führende Position als Komplettanbieter zu festigen.“ Die pharmazeutische Formulierung ist ein mehrstufiger Prozess, bei dem der Wirkstoff mit allen anderen Komponenten zusammengeführt wird.
Die neue Mehrzweckanlage wird auf eine schnelle und flexible Produktion von Lipiden ausgelegt, um eine Vielzahl von Lipiden für zukünftige Anwendungen der mRNA-Technologie in der Bekämpfung von Infektionskrankheiten, in der Krebsimmuntherapie, beim Proteinersatz und in der Gentherapie liefern zu können. Ferner stellt die neue Anlage die schnelle und umfangreiche Versorgung mit Lipiden im Falle einer künftigen Pandemie sicher.
Lipide, also Moleküle, die die Bausteine lebender Zellen bilden, sind für die Herstellung von mRNA-basierten Medikamenten von entscheidender Bedeutung. Die mRNA ist in einem Lipid-Nanopartikel (LNP) eingeschlossen, der sich aus spezifischen Lipiden zusammensetzt. Der LNP schützt die mRNA und bringt sie sicher in die Zelle, wo sie freigesetzt wird. LNPs sind derzeit das fortschrittlichste Wirkstoffdarreichungssystem für biopharmazeutische Medikamente und haben sich dank ihrer Vielseitigkeit im Kampf gegen Covid-19 weltweit etabliert.
Evonik hat früh das Potenzial genbasierter Therapieansätze erkannt und mit der Übernahme des kanadischen Unternehmens Transferra Nanosciences bereits im Jahr 2016 gezielt in diese Technologie investiert. Die Labore in Vancouver haben sich auf die Entwicklung parenteraler Arzneimittelformulierungen, also in den Körper injizierbare Medikamente, mit Lipidnanopartikeln (LNPs) und Liposomen spezialisiert. Durch Übernahme von Wilshire Technologies, einem amerikanischen Hersteller von pflanzlichen Hilfsstoffen für die pharmazeutische Industrie, erweiterte Evonik das Portfolio 2020. Hilfsstoffe sind nicht-pharmazeutisch wirksame Bestandteile und können, wie im Fall der Lipide, eine entscheidende Rolle dabei spielen, dass die Wirkstoffe ihren Zielort im Körper erreichen.