Erbschaftsteuerreform: Druck zur Einigung wächst
VCI-Rechtsexpertin Chin Chin King erläutert die aktuelle Rechtslage
Der Bundesrat hat die bereits vom Bundestag verabschiedete Reform der Erbschaftsteuer vorläufig gestoppt. Auch das Bundesverfassungsgericht erhöht den Druck.
Den Grünen, die an vielen Landesregierungen beteiligt sind und deren Zustimmung im Bundesrat nötig ist, kommt die geplante Reform der Erbschaftsteuer immer noch zu unternehmerfreundlich vor. Sie sprechen sich für ein Flat-Tax-Modell mit einheitlicher Besteuerung von 15% ohne Ausnahmen aus. Dies würde vor allem Firmenvermögen von kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) belasten, die nach der jetzigen Fassung der Reform steuerfrei blieben. Die Länderkammer verwies den Gesetzesentwurf zu Nachverhandlungen an den Vermittlungsausschuss.
Auch das Bundesverfassungsgericht hat den Druck erhöht. Der Vorsitzende des Ersten Senats hat mit Schreiben an die Gesetzgebungsorgane mitgeteilt, dass sich das Gericht Ende September mit dem weiteren Vorgehen im Normenkontrollverfahren befassen wird. Das Bundesverfassungsgericht kann das jetzige Gesetz hinsichtlich des von ihm als verfassungswidrig angesehenen Teils außer Kraft setzen, so dass alle Begünstigungen für Betriebsvermögen wegfielen. Das Gericht kann auch selbst als Gesetzgeber fungieren. Ob es von diesen weitreichenden Kompetenzen Gebrauch macht, ist noch fraglich. Sicher ist aber, dass der Einigungsdruck auf die Gesetzgebungsorgane steigt.
Rechtsunsicherheit bis zur Einigung
Die Folge ist nun eine erhebliche Rechtsunsicherheit für betroffene Unternehmensinhaber. Die alte Rechtslage besteht zwar weiterhin fort, kann jedoch jederzeit rückwirkend durch ein neues Erbschaftsteuergesetz, dessen Inhalt nun weiter austariert wird, ersetzt werden.
Die angestrebten neuen Regeln zur Steuerbefreiung von Firmenübertragungen bedeuten bereits eine Verschärfung gegenüber der bisherigen Rechtslage. Sie sollen nach den Vorstellungen der Opposition im Bundesrat noch weiter verschärft werden.
Positiv: Stundungsmöglichkeit
Im Kompromissentwurf des Bundestages ist eine zehnjährige zinslose Stundungsmöglichkeit nur im Erbfall (Todesfall) vorgesehen, wenn die Steuer aus dem Privatvermögen gezahlt wird. Der VCI plädiert aber für eine Ausweitung der Stundungsregelung auch auf den in der Praxis häufigeren Fall der Schenkung.
Der Gesetzgeber sollte den Schutzzweck der Begünstigung für Betriebsvermögen nicht aus den Augen verlieren, also den Erhalt von Arbeitsplätzen und die Fortführung von Unternehmen.
Der VCI setzt sich daher dafür ein, dass die als Freigrenzen ausgestalteten Grenzwerte in Freibeträge umgewandelt werden. Bei Überschreiten des Freibetrags würde dann nur der darüber hinausgehende Teil besteuert. Beim gegenwärtigen Vorschlag hingegen würde der Gesamtbetrag des zu vererbenden Vermögens besteuert, sobald der Grenzwert überschritten ist. Außerdem sollte das ursprünglich diskutierte Abschmelzmodell beibehalten werden.
Eine weiter zunehmende Verschärfung der Erbschaftsteuerreform würde familiengeführte Mittelständler mit einer zu hohen Besteuerung ins Ausland treiben, in die Hände von Finanzinvestoren oder letztlich zu einem Arbeitsplatzabbau. Damit gefährdet eine weitergehende Verschärfung der Reform den Wirtschaftsstandort Deutschland.
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