Die Schlauchleitung – das unterschätzte Arbeitsmittel
Die Bedeutung des Schlauchbeauftragten für einen gefährdungsfreien Betrieb
Die sichere Handhabung von Schlauchleitungen ist in der chemischen Industrie von herausragender Bedeutung. Der Schlauchbeauftragte ist dafür der erste Ansprechpartner.
Schlauchleitungen kommen immer dann zum Einsatz, wenn eine Verbindung zwischen stationären und beweglichen Betriebseinrichtungen notwendig ist. Sie werden oft als temporäre Zwischenlösungen konzipiert, die in der Praxis jedoch meist eine längere Zeit im Einsatz sind als ursprünglich geplant. Wenn eine Anschlussseite ständig ortsbeweglich sein muss, kommt der flexible Schlauchanschluss auch dauerhaft zum Einsatz.
In der chemischen Industrie ist eine Chemie-Schlauchleitung ein Arbeitsmittel (mit Druckgefährdung), das meist zur Förderung von Stoffen unter gefährdenden Bedingungen eingesetzt wird: neben den teilweise chemisch aggressiven Stoffen müssen Druckgefährdung und Beanspruchung durch Temperaturwechsel beachtet werden. Grundsätzlich sind die besonderen Anforderungen der Druckgeräterichtlinie 2014/68/EU und der Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV vom 3. Februar 2015 (BGBl. I S. 49), die zuletzt durch Artikel 2 der Verordnung vom 15. November 2016 (BGBl. I S. 2549) geändert worden ist) und das WHG (Wasserhaushaltsgesetztes) zu berücksichtigen.
Grundlagen für die sichere Handhabung
Die sichere Handhabung einer Schlauchleitung ist ein mehrstufiger Prozess und beginnt bei der Auswahl einer geeigneten Schlauchleitung, denn Schlauch ist nicht gleich Schlauch und auch die zu transportierenden Materialien wie z. B. Wasserdampf, Feststoffe oder Lösemittel weisen unterschiedliche Eigenschaften auf. Anschließend muss der Betreiber sicherstellen, dass die sorgfältig ausgewählte Schlauchleitung (Schlauch inkl. Armaturen) korrekt angeschlossen und betrieben wird. Gemäß Druckgeräterichtlinie ist für die Konfektionierung der Schlauchleitung ein Fachbetrieb erforderlich. Hier muss besonderes Augenmerk auf die sichere Installation der Armatur an die Schlauchleitungen gelegt werden, da dort naturgegeben Übergänge von unterschiedlichen Materialien, z. B. Metall, Kunststoff, Gummi, auftreten. So kann es zu verstärkten Materialbeanspruchungen und einem erhöhtem Verschleiß kommen. Auch ist eine eindeutige Kennzeichnung am Schlauch von entscheidender Bedeutung, sodass auch wenig geschulte Anwender wichtige Kenngrößen wie zulässige Druckbelastung oder Medieneignung einfach erkennen können. Beim Betrieb der Schlauchleitungen kann es bei unsachgemäßen Verlegungen zu Medienleckagen kommen, weil z. B. der Biegeradius oder die Gewichtsentlastung nach der Armatur missachtet wurde. Die Abbildungen 1a-c verdeutlichen Schlauchschäden durch den nicht-bestimmungsgemäßen Betrieb.
Flexibilität – Fluch und Segen der Schlauchleitung
Die besondere Flexibilität einer Schlauchleitung macht sie in der betrieblichen Praxis so beliebt, die Einsatzmöglichkeiten der Schlauchverbindung sind unendlich. Diese Flexibilität birgt aber auch das größte Gefahrenpotential. In der Praxis wird mindestens ein Leitungsende der Schlauchleitung häufig an- oder abgeschlagen. Durch diese ständige Bewegung werden die Materialien von Schlauch, Kompensator und Armatur stark beansprucht. Umso wichtiger ist es, die Schlauchverbindung regelmäßig zu prüfen und instandzuhalten. Dafür müssen Art, Umfang und Fristen der erforderlichen Prüfungen gemäß Gefährdungsbeurteilung nach
§ 3 Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) sorgfältig ermittelt und eingehalten werden. Anschließend ist für den Betrieb einer Schlauchleitung eine Betriebsanweisung (zu Tätigkeit, Arbeitsmittel und Gefahrstoff) zu erstellen. Hierbei sind auch mögliche Behinderungen der Fahr- und Laufwege durch die flexible Schlauchleitung zu berücksichtigen. Zusätzlich ist die systematische Untersuchung von Schlauchschäden hilfreich.
Qualitativ hochwertige Schläuche sind ein großer Kostenfaktor. Eine sicher und langlebig verlegte Schlauchleitung gemäß BGI 572 reduziert die Gefährdung von Mensch, Umwelt und Produkt aber auch die monetären Ausgaben für Betriebsmittel und Lagerhaltung.
Die Bedeutung des Schlauchbeauftragten
Viele Chemie-Unternehmen haben die Bedeutung des Arbeitsmittels „Schlauchleitung“ erkannt und in ihren Produktionsbetrieben einen Schlauchbeauftragten benannt. Dieser Schlauchbeauftragte ist eine Art „Verbindungsoffizier“ zwischen dem Produktionsbetrieb und der standortinternen Schlauchfachstelle bzw. dem externen Dienstleister, die Expertise im Bereich Schlauchleitungen nach BGI 572 vorweisen müssen. Er organisiert die Schlauchprüfungen mit der internen oder externen Werkstatt, kontrolliert stichprobenartig die Prüfdaten und veranlasst die ordnungsgemäße Reinigung vor Instandhaltung und deren Dokumentation. Er verwaltet und aktualisiert den Schlauchbestand, kümmert sich um die sichere und richtige Lagerung der im Betrieb befindlichen Schläuche und hat somit auch einen Überblick über Veränderungen an neuralgischen Punkten. Als Experte für Schlauchtechnik kann er wichtige Hinweise zur richtigen Montage und zum sicheren Betrieb der Schlauchverbindung gemäß BGI 572 geben und die Mitarbeiter für den sicheren Umgang mit dem wichtigen Arbeitsmittel „Schlauchleitung“ sensibilisieren.
Der Schlauchbeauftragte sorgt für eine Verbesserung der Arbeitssicherheit und sollte für seine Aufgaben entsprechend geschult sein. Bestmöglich handelt es sich beim Schlauchbeauftragten um eine befähigte Person (siehe Kasten) nach TRBS 1203, die Ihre Fachkenntnisse erworben hat durch:
- Berufliche Ausbildung,
- Berufserfahrung
- und zeitnahe berufliche Tätigkeit im Umfeld der anstehenden Prüfungen des Prüfgegenstandes und eine angemessen Weiterbildung.
Diese befähigte Person unterliegt bei Ihrer Prüftätigkeit keinen fachlichen Weisungen und darf wegen dieser nicht benachteiligt werden.
Befähigte Personen
Festlegung der mit Prüfungen nach § 14 BetrSichV zu beauftragenden befähigten Personen.
(1) Die Anforderungen an befähigte Personen sind in der TRBS 1203 konkretisiert.
(2) Die Prüfung des Arbeitsmittels durch eine befähigte Person ist erforderlich nach
1. § 14 Absatz 1 Satz 1 BetrSichV, wenn die Sicherheit der Arbeitsmittel von den Montagebedingungen abhängt,
2. § 14 Absatz 2 Satz 1 BetrSichV, wenn die Arbeitsmittel Schäden verursachenden Einflüssen unterliegen, die zu gefährlichen Situationen führen können,
3. § 14 Absatz 3 Satz 1 BetrSichV, wenn außergewöhnliche Ereignisse stattgefunden haben, die schädigende Auswirkungen auf die Sicherheit der Arbeitsmittel haben können sowie
4. § 10 Absatz 1 BetrSichV nach Instandsetzungsarbeiten, welche die Sicherheit der Arbeitsmittel beeinträchtigen können.
Weiterführende Informationen
Dieser Beitrag beruht auf den Arbeiten des AK „Schlauchleitungstechnik“ und Beiträgen von Dipl.-Ing. Hans-Christian Kesper, Bayer Crop Science, und Dipl.-Ing. Rolf Gerhardt, Lanxess
Das nächste Treffen der Regionalgruppe Rhein-Ruhr zum Thema „Gleitringdichtungen – Technik und Anwendungen“ findet am 10.03.2017 in Leverkusen statt.
Dr. Christian Poppe, Covestro, Dormagen, christian.poppe@covestro.com
Informationen und Termine aller Regionalgruppen: www.vdi.de/gvc/bi