CO2-Management als Nachhaltigkeitshebel
03.11.2011 -
Emissionen von Treibhausgasen wie CO2, CH4, N2O gelten als die Hauptverursacher des anthropogen verursachten Klimawandels. Daneben steigen die öffentlichen und legislativen Anforderungen das Umweltmanagement sowohl in die Betriebsabläufe als auch die übergeordnete Unternehmensstrategie stärker einzubeziehen. CHEManager befragte zu diesem Thema Prof. Dr. Markus Mau, Professor für Supply Chain Management an der Provadis Hochschule in Frankfurt-Höchst.
CHEManager: Was verstehen Sie unter dem Begriff des „Nachhaltigkeitshebel"?
Prof. Dr. Markus Mau: Die Messung von CO2-Äquivalenten begleitet die gesamte Wertschöpfungskette. Diese beginnt bei der Urproduktion, dem Erzeuger bzw. Lieferanten, erstreckt sich über die verschiedenen Transformations-, Lagerungs- und Transportprozesse des Produkts weiter über den Gebrauch beim Konsumenten bis zum Recyclingprozess. Um die Gesamtemissionen eines Produkts, den CO2-Fußabdruck, zu ermitteln, muss somit jede Stufe in der Wertschöpfungskette separat betrachtet werden.
Im CO2-Fußabdruck können die Hauptemissionsquellen direkt erkannt werden. Dadurch ist eine Feinjustierung der Nachhaltigkeitsstrategie möglich. Ein Unternehmen kann so mit einem geringen Investitionsvolumen eine maximale Hebelwirkung erzielen.
Nach den Ergebnissen der CHEMonitor-Befragung vom September 2011 haben derzeit 44 % der deutschen Chemieunternehmen ein Nachhaltigkeitsmanagement eingeführt; bei Unternehmen mit weniger als 500 Mio. € Umsatz liegt der Anteil bei nur 22 %. Worauf führen Sie dies zurück?
Prof. Dr. Markus Mau: Die Reduktion der CO2-Emissionen läuft auf freiwilliger Basis. Kleinere Unternehmen scheuen sich noch solche Projekte zu starten, obwohl auch sie bereits mit geringen Kosten gute Ergebnisse erzielen könnten. Mit geeigneter externer Unterstützung können die erforderlichen Daten zügig zusammengetragen werden, die verbleibenden Aufgaben können intern bearbeitet werden. Größere Unternehmen greifen gern stärker auf externe Hilfe zurück und lassen sich durch den Emissionsreduktionspfad leiten.
Da die Europäische Kommission die Verpflichtung eingegangen ist, die CO2-Emissionen bis 2020 um mindestens 30 % gegenüber dem Basisjahr 1990 zu reduzieren, ist jeder verpflichtet mitzumachen. Wenn dies auf freiwilliger Ebene nicht funktioniert, ist es nur eine Frage der Zeit, wann konkrete Vorgaben von der EU getroffen werden. Entsprechende Vorarbeiten laufen bereits.
Welche Vorteile bringt das CO2-Management für ein Unternehmen?
Prof. Dr. Markus Mau: Die Reduktion der CO2-Emissionen in der Regel mit einer Energieersparnis verbunden und somit aus kaufmännischer Sicht profitabel. Neben der wirtschaftlichen und der politischen Dimension gibt es genug Eigenmotivation, sich als Unternehmen umweltgerecht zu verhalten. Zusätzlich baut sich Druck durch die Abnehmer auf. In Zukunft könnte der CO2-Fußabdruck eines Produktes zunehmend die Kaufentscheidung des Verbrauchers beeinflussen. Die Verbesserung des CO2-Management kann daher für die Unternehmenskommunikation genutzt werden. Dies geschieht auch schon auf sehr unterschiedliche Weise:
In Europa sind hier die Engländer und Franzosen Vorreiter, in Asien Japan und Korea. Mittelfristig wird es das Ziel sein, die Gesamtleistung des Unternehmens und die Maßnahmen zur Reduktion zu kommunizieren, und nicht absolute Zahlen für ein Einzelprodukt. An entsprechenden international geltenden Vorgaben arbeitet momentan der ISO-Ausschuss.
Ist der CO2-Hebel der einzige Hebel für Nachhaltigkeit, an dem angesetzt werden sollte?
Prof. Dr. Markus Mau: Es laufen Aktivitäten, das Wasser-Management zu kontrollieren und in einen Wasser-Fußabdruck zu überführen. CO2-Äquivalente sind jedoch im Moment der wichtigste Hebel, da sie alle gasförmigen Emissionen abdecken. Außerdem ist uns allen der Zusammenhang zwischen CO2-Emissionen und der Erderwärmung bewusst. Jeder sieht den entsprechenden Handlungsbedarf. Für die meisten Unternehmen wird der Schwerpunkt daher auf dem CO2-Management liegen.