Chemiekonjunktur – gute Industriekonjunktur belebt die Chemienachfrage
Das Wachstum im Baugewerbe und in der Metallindustrie belebt das Chemiegeschäft
Die Stimmung in den deutschen Chemieunternehmen hat sich im zweiten Quartal weiter aufgehellt. Die aktuelle Geschäftslage wird mittlerweile ähnlich positiv eingeschätzt, wie während der Boom-Phase vor der Weltwirtschaftskrise. Auch bezüglich der zukünftigen Geschäftsentwicklung sind die Unternehmen optimistischer. Sie rechnen mittlerweile damit, dass sich der Aufwärtstrend in den kommenden Monaten verstärkt. Vor diesem Hintergrund haben einige Chemieunternehmen in den Halbjahresbilanzen ihre Wachstums- und Gewinnerwartungen nach oben korrigiert. Der Grund für den Optimismus ist schnell gefunden: Die Weltwirtschaft hat Fahrt aufgenommen. Die Wachstumsschwäche in den Schwellenländern und eine hohe politische Unsicherheit infolge von Brexit und Co. belasteten kaum noch das wirtschaftliche Klima. In Europa gab es zuletzt überwiegend positive Wirtschaftsnachrichten. Die EU-Wirtschaft insgesamt wuchs im zweiten Quartal beschleunigt. Besonders kräftig legte dabei die Industrieproduktion zu. Ähnliches gilt für Deutschland (Grafik 1). Auch hierzulande stiegen Wirtschaftsleistung und Industrieproduktion deutlich.
Die Belebung der Industrieproduktion in Deutschland und Europa bescherte der deutschen Chemieindustrie erstmals seit 2014 ein deutliches Plus im Mengengeschäft. Allerdings fiel die Dynamik im Chemiegeschäft schwächer aus als in der Industrie insgesamt. Nicht alle Kunden der Chemieunternehmen profitierten gleichermaßen von der wirtschaftlichen Belebung. Die Wachstumsdynamik der Industriebranchen war im ersten Halbjahr 2017 uneinheitlich. Während wichtige Kunden, wie die Metallerzeugung und -verarbeitung oder die Bauindustrie ihre Produktion kräftig ausweiten konnten, war die Dynamik in der Papier- und Druckindustrie oder auch in der Automobilindustrie verhalten (Grafik 2).
Baukonjunktur boomt
Mit einem Anteil von fast 8 % am Inlandsabsatz ist das Baugewerbe ein wichtiger Kunde der deutschen Chemieunternehmen. Die Nachfrage nach Bauchemikalien hat im ersten Halbjahr kräftig zugenommen. Denn die Baukonjunktur brummt. Niedrige Zinsen, vermehrte Zuwanderung und ein Anstieg der öffentlichen Investitionen befeuerten die Bautätigkeit. Nach zweijähriger Stagnation stieg im vergangenen Jahr die Produktion im Baugewerbe um 4%. Im ersten Halbjahr 2017 konnte sie sogar um 7 % ausgeweitet werden (Grafik 3). Die Nachfrage nach Bauchemikalien zog an. Die Dynamik wurde aber durch eine weiterhin schwache Baukonjunktur in anderen europäischen Ländern gedämpft.
Metallindustrie mit kräftigem Plus
Ein weiterer wichtiger Kunde der Chemieunternehmen ist die Metallindustrie. Auf Metallerzeugende und -verarbeitende Unternehmen entfallen fast 7 % der inländischen Verkäufe. Und auch die Metallindustrie kann auf ein erfolgreiches erstes Halbjahr zurückblicken. Die Produktion wurde kräftig ausgeweitet. Dabei lag das Plus bei den Metallerzeugnissen mit 3,4 % doppelt so hoch wie bei der Metallerzeugung (+1,7 %). Beide Wirtschaftszweige profitierten von der guten Baukonjunktur. Doch die verhaltene Nachfrage aus der Automobilindustrie dämpfte die Entwicklung. In der Metallerzeugung machte sich darüber hinaus ein zunehmender Importdruck aus China bemerkbar. Dennoch belebte sich die Produktion im bisherigen Jahresverlauf (Grafik 4). Nach zwei Jahren rückläufiger Metallproduktion konnte dieser Wirtschaftszweig seine Produktion zuletzt deutlich ausweiten.
Kaum Wachstum in der Automobilindustrie
Die Automobilindustrie gehört nicht zuletzt wegen der Diesel-Affäre derzeit nicht zu den Wachstumstreibern der deutschen Industrie. Das ist für die Chemiebranche weit mehr als ein Wehrmutstropfen. Denn die Automobilindustrie ist ein wichtiger Kunde. Fast 5 % des Absatzes gehen direkt in diesen Wirtschaftszweig. Die tatsächliche Bedeutung ist sogar deutlich höher, denn viele Verkäufe an die Hersteller von Kunststofferzeugnissen findet man später im Fahrzeug wieder. Die deutsche Automobilproduktion legte im bisherigen Jahresverlauf nur um 0,9 % zu. Im Vergleich zum Vorjahr hat sich das Wachstum damit halbiert.
Papier- und Druckindustrie drosselt Produktion
Während die Automobilindustrie noch ein leichtes Produktionsplus verzeichnen konnte, rutschte die Produktion der Papier- und Druckindustrie im bisherigen Jahresverlauf ins Minus. Auf diesen Wirtschaftszweig entfallen fast 5 % der inländischen Verkäufe der Chemie. Während die Herstellung von Papier und Pappe in der ersten Jahreshälfte stagnierte, sank die Produktion im Druckgewerbe um fast 2 %. Hier machen sich die zunehmende Bedeutung von Internet, Tablet und Smartphone negativ bemerkbar. In der Papierindustrie dürften zudem die hohen Energiekosten die Entwicklung dämpfen.
Ausblick: Es geht weiter aufwärts
Im bisherigen Jahresverlauf gab es bei den Kundenbranchen der Chemieindustrie Licht und Schatten. Unter dem Strich überwogen jedoch die positiven Entwicklungen. Und das dürfte noch eine Weile anhalten. Vor diesem Hintergrund rechnet der Verband der Chemischen Industrie nach dem starken zweiten Quartal mit einem Wirtschaftswachstum von 2 % für das Gesamtjahr 2017. Die Industrieproduktion dürfte um 2,5 % ausgeweitet werden. Allerdings gibt es weiterhin deutliche Unterschiede zwischen den einzelnen Branchen. Den größten Zuwachs wird mit 7 % die Bauindustrie verzeichnen. Die Metallproduktion wird voraussichtlich um 3,5 % zulegen. Die Automobilindustrie wird hingegen nur um 1 % wachsen. Demgegenüber kann die Papier- und Druckindustrie ihre Produktion im Gesamtjahr kaum ausweiten. Für das Chemiegeschäft bedeutet dies: Es geht auch in der zweiten Jahreshälfte moderat aufwärts.
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