Chemie- und Pharmabranche: Von Finanzkrise unterschiedlich betroffen
12.11.2011 -
Chemie- und Pharmamanager verhalten optimistisch. Die Chemie- und Pharmabranche ist von der Finanz- und Wirtschaftskrise unterschiedlich betroffen. Während 32 % der Vorstandsvorsitzenden der weltgrößten Pharmaunternehmen mit Umsatzsteigerungen in den kommenden zwölf Monaten rechnen, erwarten in der Chemieindustrie nur 17 % der Vorstandsvorsitzenden, dass ihr Unternehmen beim Erlös mit Sicherheit zulegen wird. Von den insgesamt 1.124 weltweit befragten Chief Executive Officers sind insgesamt knapp 21 % zuversichtlich, was Umsatzsteigerungen anbelangt. Zu diesem Ergebnis kommt der Global CEO Survey 2009 der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft Pricewaterhousecoopers (PWC).
„Die vergleichsweise gute Stimmung der Pharmaunternehmen ist auch dadurch zu erklären, dass die Branche in konjunkturschwachen Phasen der Vergangenheit weniger starke Nachfrageeinbußen zu verzeichnen hatte als andere Industriesektoren. Die Chemiebranche ist demgegenüber weitaus anfälliger, da die Krise mit der Automobil- und der Bauindustrie zwei der wichtigsten Abnehmer für chemische Erzeugnisse trifft“, kommentiert Volker Booten, verantwortlicher Partner für den Bereich Chemicals & Pharma bei PWC in Deutschland. Für die Studie befragte PWC im vierten Quartal 2008 weltweit 1.124 CEOs, darunter 47 aus der Pharma- und 48 aus der Chemieindustrie.
Chemie sucht nach Nachwuchs
Die unterschiedlichen Umsatzerwartungen schlagen sich auch in der Personalplanung nieder. Während branchenübergreifend nur 26 % der CEOs mit einem Stellenabbau in ihrem Unternehmen rechnen, gehen in der Chemiebranche 35 % von Kürzungen aus. Gleichzeitig beschäftigt das Thema Personal die befragten CEOs der Chemieunternehmen aber auch mit Hinblick auf den künftigen Mangel an geeigneten Fach- und Nachwuchskräften – diesen zu beheben halten 77 % der Vorstandsvorsitzenden für eine der wesentlichen Herausforderungen der Branche, ebenso wie die Aufgabe, attraktive Karrierewege in der chemischen Industrie aufzuzeigen (65 %).
Weniger Engpässe bei Krediten
Zwar belastet die Krise an den Kapitalmärkten auch die Pharma- und Chemieindustrie, allerdings schätzen die befragten Vorstandsvorsitzenden die damit verbundenen Risiken für ihr Unternehmen weniger gravierend ein als die CEOs anderer Branchen. Engpässe bei der Kredit- und Kapitalausstattung werten 62 % der Pharmaund 65 % der Chemieunternehmen als Wachstumsrisiko. Im Durchschnitt aller Branchen befürchten jedoch 72 % der CEOs für ihr Unternehmen negative Konsequenzen der Kreditkrise.
Transaktionen im Fokus
Die vergleichsweise gute Kapitalausstattung der Chemie- und Pharmabranche beeinflusst auch die Planungen der CEOs im Bereich Mergers and Acquisitions (M&A). So erwägen die Vorstandsvorsitzenden von Pharmaunternehmen auf Sicht der kommenden zwölf Monate häufiger eine grenzüberschreitende Übernahme oder Fusion als die befragten CEOs insgesamt (25 %). Von den befragten Chemieunternehmen prüfen sogar 33 % einen derartigen Schritt. „Die Finanzkrise hat den Markt für große Transaktionen deutlich geschmälert. Für kleinere und mittlere Transaktionen bestehen jedoch nach wie vor gute Aussichten, da Unternehmen ihre Marktposition mit passenden Akquisitionen stärken möchten“, erläutert Dr. Volker Fitzner, verantwortlich für den Bereich Global Chemicals Advisory bei PWC, „Wir erwarten zusätzliche Transaktionen durch Restrukturierungen aufgrund der Finanzkrise.“
Pharmaindustrie setzt auf Forschung
Intensive Forschung ist für die Vorstandsvorsitzenden der Pharmaunternehmen gerade in Krisenzeiten der Schlüssel zum Erfolg. Knapp vier von zehn CEOs (38 %) halten die Entwicklung neuer Produkte für eine der wichtigsten Wachstumsvoraussetzungen auf Sicht der kommenden zwölf Monate. Demgegenüber legen im Durchschnitt aller Branchen nur 17 % der CEOs den Schwerpunkt auf die Forschung.
Pharma: Überregulierung gilt als großes Risiko
Auch bei der Frage nach den größten Risikofaktoren zeigen sich branchenspezifische Unterschiede. 76 % der Vorstandschefs aus der Pharmaindustrie befürchten eine staatliche Überregulierung, während dieses Problem nur 55 % aller befragten CEOs für gravierend halten. Zugleich fordern jedoch 91 % der befragten Pharma CEOs klare und konsistente politische Rahmenbedingungen und Vorgaben für die Industrie. Auch die Konkurrenz durch Billiganbieter ist eher für Unternehmen der Pharmabranche eine Herausforderung (66 %) als für die befragten Unternehmen insgesamt (48 %).
Chemie: Klimawandel nach wie vor im Fokus
Finanzkrise und Rezession haben den Klimawandel auf der Agenda der CEOs nach hinten rücken lassen. Dies gilt jedoch nicht für die Chemiebranche. Hier investieren 58 % der befragten CEOs in strategische Maßnahmen zur Eindämmung der Erderwärmung, 94 % setzen auf eine Senkung des Energieverbrauchs durch eine effizientere Produktion und 63 % suchen nach alternativen Energiequellen.
Auch die internationale Klimapolitik beschäftigt die Vorstandsvorsitzenden der Chemieunternehmen überdurchschnittlich stark. So halten 81 % eine bessere Balance von Klimaschutzauflagen und -anreizen durch Abgaben und Subventionen für erforderlich, während diesen Punkt nur 69 % der befragten CEOs aller Branchen für wichtig halten. Einen effektiveren Markt für den Handel mit CO2-Emissionen fordern die Vorstandschefs der Chemiebranche ebenfalls deutlich häufiger (66 %) als die befragten CEOs insgesamt (57 %).