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Business Process Excellence in der Lohnfertigung

Den Trumpf in der Hand

06.12.2010 -

Business Process Excellence wird zur Verbesserung von Geschäftsprozessen in pharmazeutischen Produktionsbetrieben angewandt. Unter Verwendung eines geschlossenen Regelkreises, basierend auf Datenerhebung und Analyse, werden Hypothesen erstellt, Aktionen abgeleitet und deren Implementierung mit KPIs (Key Performance Indicators) verfolgt. Boehringer Ingelheim wendet diese Philosophie innerhalb der pharmazeutischen Lohnherstellung an. Verbesserungspotentiale werden aufgezeigt und dann Verbesserungsprojekte zum gemeinsamen Vorteil von Kunde und Auftragnehmer implementiert.

Vergleicht man die pharmazeutische Industrie mit anderen Produktionszweigen, z.B. der Automobilindustrie, dann sieht man, dass vergleichbare Produktivitätsfortschritte noch nicht erreicht worden sind. Um global wettbewerbsfähig zu sein oder zu werden, müssen die Mitarbeiter ihr intellektuelles Potential auf die Verbesserung der wichtigsten Geschäftsprozesse fokussieren, anstatt sich mit Routinetätigkeiten aufzuhalten. Dazu müssen die Management-Systeme eine vollständige Transparenz der erbrachten Leistung ermöglichen.

BPE: Werkzeug und Philosophie

BPE (Business Process Excellence) ist ein Managementwerkzeug, um Geschäftsprozesse zu erfassen und abzubilden, damit man ein gesamthaftes Verständnis ihrer Interaktionen und Abhängigkeiten erhält. BPE ist eine Philosophie und nimmt von jeder individuellen Methode (z.B. Kaizen, Six Sigma, Kanban etc.) das Beste, um schnell und einfach die projizierten Ziele zu erreichen.

Die prinzipiellen Geschäftsprozesse sind Integrated Management Process, Innovation Management Process, Customer Relation Process und - als Herzstück eines Produktionsbetriebs - der Supply Process. Basis der Verbesserung ist die kontinuierliche Messung von KPIs. Die prinzipielle Vorgehensweise fängt mit der Datenerhebung an. Basierend auf den KPIs und weiteren Daten aus Kostenanalysen oder strukturierten Interviews werden Hypothesen über Prozessabweichungen und Minderleistungen erstellt (s. Grafik 1).

Diese Hypothesen werden mit Analysewerkzeugen wie Voice of Customer, SMED, RACI überprüft. Bestätigen sich die Hypothesen, können für die Schwachpunkte Verbesserungspotentiale aufgezeigt und Aktionen abgeleitet werden, welche korrektiven oder besser präventiven Charakter haben. Da nicht alle Aktionen das gleiche Verbesserungs- bzw. Kosteneinsparungspotential besitzen, werden sie mittels einer Kaskade von Projektfiltern nach wirtschaftlichen und strategischen Kriterien priorisiert. Ein Verbesserungsprojekt ist nur dann sinnvoll, wenn es auch ein Payback hat. Es darf nicht nur theoretischer sondern realisierbarer Payback sein, was sich durch Einsparungen, sichtbar in der Gewinn- und Verlustrechnung, ausdrückt.

Um letztendlich zu diesem Punkt zu gelangen, sind fünf Phasen zu durchlaufen:

  • Ideen-Generation
  • Evaluierung (mittels der vorher erklärten Filter)
  • Vereinbarung (Commitment), diese Einsparung innerhalb einer bestimmten Periode zu erreichen
  • Implementierung der Projekte
  • Und schließlich die Nachverfolgung der Einsparung mittels der Gewinn- und Verlustrechnung.

Die Umsetzung der notwendigen Veränderungen wird aber nur dann zeitgerecht und effektiv von statten gehen, wenn sie mittels Meilensteinen regelmäßig überprüft wird (s. Grafik 2).

Erfolgsrezepte

Für die erfolgreiche Einführung eines BPE Programms ist zu beachten, dass Veränderung erst dann effektiv wird, wenn Qualität und Akzeptanz innerhalb der Organisation erreicht worden sind. Deshalb benötigt ein BPE Verbesserungsprozess eine Führungsstruktur, z.B. einen Steuerungsausschuss, um das Projektteam richtig zu orientieren, es auf die wichtigsten Themen zu konzentrieren und um den Fortschritt regelmäßig zu überprüfen.

Um langfristig den Erfolg zu garantieren, ist es wichtig, eine einheitliche Beurteilungsrichtlinie bzw. ein Beurteilungsraster zu definieren, um den Fortschritt hinsichtlich Kosteneinsparung und Reifegrad messen zu können. Die Messung des BPE Reifegrades der sechs prinzipiellen Geschäftsprozesse wird mittels eines standardisierten Fragebogens durchgeführt.

BPE in der Praxis

Für das Verständnis der Anwendung von BPE in Contract Manufacturing ist eine kurze Beschreibung des Produktionsnetzwerks hilfreich. Boehringer Ingelheim ist ein pharmazeutisches Familienunternehmen mit Stammsitz in Ingelheim. Es ist mit 135 verbundenen Gesellschaften international ausgerichtet und beschäftigt bei einem Umsatz von rund 10,95 Mrd. € 39.800 Mitarbeiter (2007). Besonderes Augenmerk liegt dabei auf der Entwicklung fortschrittlicher Arzneimittel. Boehringer Ingelheim gehört international zu den forschungsintensivsten Pharmaunternehmen. Im Jahr 2007 wurden rund 1,7 Mrd. € in Forschung und Entwicklung investiert. Das Unternehmen produziert seine Arzneimittel größtenteils in einem eigenen Produktionsnetzwerk mit 17 Betrieben auf allen Kontinenten.

Es bietet seine Kompetenzen und Kapazitäten auch Industriekunden an. Neun Produktionsbetriebe in Europa, Nord- und Südamerika und Südostasien, können eine Vielzahl von Technologien für feste und flüssige, orale und sterile Darreichungsformen anbieten. Lohnherstellung hilft nicht nur durch die erhöhte Kapazitätsauslastung und Kostenabsorbtion bei der Verringerung der Herstellkosten, sondern im Wettbewerb wird Lean Manufacturing mit flachen Hierachiestrukturen und hoch motivierten Mitarbeitern forciert. Mit BPE wird der Herstellungsprozess des Kundenprodukts in Hinblick auf mögliche Verbesserung der Herstellkosten, der Prozessrobustheit und der Prozessstabilität analysiert. Dieser Schritt ist äußerst wichtig, da es sich in der Mehrzahl um Produkte in der fortgeschrittenen Phase des Lebenszyklus handelt, welche häufig schon seit langem nicht untersucht und optimiert worden sind. Ein durch BPE analysierter Prozess fixiert das Wissen dann vollständig in Dokumenten und nicht nur im Gedächtnis des Mitarbeiters. BPE umfasst eine Analyse, basierend auf Process Mapping, Soll-/Ist-Vergleichstabellen und statistischen Analysen bezüglich Ausbeute, Durchlaufzeiten und Effizienzparametern. Darauf aufbauend wird ein Prozessverbesserungsplan ausgearbeitet und mit Blick auf die regulatorische Umsetzung sehr genau überprüft. BPE schafft für den Kunden den Vorteil, dass ein Kostenanstieg durch externe Faktoren wie Lohnabschlüsse, Energie und Verbrauchsmaterialien kompensiert wird. Durch die höhere Effizienz können die Lohnherstellungspreise langfristig konstant gehalten werden. BPE trägt auch zu verbesserter Herstellungsprozessstabilität und Prozessrobustheit bei und bringt durch Transparenz und Flexibilität im Produktions- und Lieferprozess Qualität in die Geschäftsprozesse zwischen Kunden und Auftragnehmer.

Die erreichte Qualität des Geschäftsprozesses wird messbar durch die Kundenzufriedenheit und das Feedback der Kunden, welches regelmäßig durch unabhängige Agenturen eingeholt und analysiert wird. Diese Philosophie nützt dem Kunden und dem Lohnhersteller und schafft für beide zusammen einen signifikanten Wettbewerbsvorteil.