Boehringer Ingelheim: Neues Kilolabor setzt Impulse für weiteres Wachstum
11.10.2011 -
Neues Kilolabor in Biberach setzt Impulse für weiteres Wachstum von Boehringer Ingelheim. Boehringer Ingelheim hat im November letzten Jahres am Standort Biberach an der Riss einen Neubau der Chemischen Entwicklung eingeweiht. Rund 26 Mio. € wurden während der eineinhalb Jahre dauernden Bauphase in das Gebäude und dessen technische Ausstattung investiert. Das Kilolabor stellt die benötigten Wirkstoffmengen für die Pharmazeutische Entwicklung und für Sicherheitsuntersuchungen sowie für die frühe klinische Entwicklung neuer innovativer Arzneimittel bereit.
Als besondere Schnittstelle zwischen Forschung und Entwicklung trägt das neue Kilolabor dem stetigen Anstieg des Substanzbedarfes Rechnung, der mit der Erforschung & Entwicklung eines neuen Wirkstoffes verbunden ist. Während in der frühen Forschungsphase Mengen im Milligrammbereich eines Moleküls für Hochdurchsatz-Screeningmethoden ausreichend sind, steigen die Bedarfe für nicht-klinische und pharmazeutische Untersuchungen während der Entwicklungsphase auf zwei- bis dreistellige Kilogrammmengen an. Somit ist das Kilolabor der Chemischen Entwicklung die erste Hürde bei der Vorbereitung der späteren Wirkstoffproduktion, ausgehend vom Labormaßstab bis zur großtechnischen Herstellung.
Ansprüche an ein Kilolabor
Neben einem grundlegenden Wechsel in der Art der Herstellung und den Produktionsanlagen wirft die Maßstabsvergrößerung eine Reihe von Fragen auf, die es zu lösen gilt. An erster Stelle steht die Sicherheit eines chemischen Produktionsverfahrens. Die in der Herstellung eines Wirkstoffes verwendeten chemischen Reaktionen müssen auf ihr Gefahrenpotential analysiert und sicherheitstechnisch kritische Prozessschritte ausgeschlossen werden.
Neben der Sicherheit spielt der Schutz der Umwelt eine gewichtige Rolle. Die Herstellung eines Kilogramms eines Wirkstoffes erzeugt durchschnittlich 500 kg an festen, flüssigen und gasförmigen Abfällen. Diese müssen gesetzeskonform und sicher mittels geeigneter Anlagen oder durch Verbrennung entsorgt werden, wodurch erhebliche Kosten entstehen können. Daher gilt es im Rahmen der Entwicklung eines Produktionsverfahrens umweltverträgliche Chemikalien und Lösungsmittel zu verwenden sowie die Abfallmenge so weit als möglich zu reduzieren.
Ein für die pharmazeutische Industrie besonders bedeutsamer Aspekt ist die Qualität des hergestellten Wirkstoffes. Verunreinigte Wirkstoffe können Patienten erheblichen Schaden zufügen und im Extremfall töten. Um eine konstante Qualität auf hohem Niveau zu garantieren, muss das Verfahren fehlertolerant gestaltet werden und geeignete analytische Methoden müssen die Produktion auf jedem Herstellungsschritt sicher kontrollieren.
Nicht zuletzt muss sich ein Produktionsverfahren auch an wirtschaftlichen Maßstäben orientieren, insbesondere im heutigen pharmakoökonomischen Umfeld.
Das Kilolabor in Biberach
Nach Aussagen des Geschäftsführers Entwicklung von Boehringer Ingelheim Deutschland, Dr. Wolfgang Baiker, beinhaltet die Investitionssumme von rund 26 Mio. € nicht nur ein neues Gebäude mit rund 3.750 m² Nutzfläche für die dort tätigen 35 Mitarbeiter, sondern vor allem moderne Technologien und erweiterte Reaktorkapazitäten sowie klar gegliederte Bereiche entsprechend den internationalen Standards im Produktions- und Laborbereich. Eine Rolle spielte bei der Ausstattung neben dem erhöhten Substanzbedarf für Vorentwicklungskandidaten auch die zunehmende chemische Komplexität neuer Wirkstoffe.
Wesentlich modernisiert wurde der Bereich Verfahrenstechnik. Die Anlagenkapazität wurde auf 10 Reaktoren (6 x 40 L und 4 x 80 L) mit einem Gesamtvolumen von 560 L zur Synthese von Wirkstoffen verdoppelt. In diesen Spezialbehältern, die mit einem Rührwerk ausgestattet sind, werden chemische Reaktionen meist in Lösung durchgeführt, das Produkt der chemischen Transformation isoliert und mittels spezieller Techniken gereinigt und getrocknet. Je nach Komplexität der Substanz bedarf es bis zum fertigen Wirkstoff 20 bis 40 der genannten Verfahrensschritte.
Good Manufacturing Practice-Bereiche (GMP) und Nicht-GMP-Bereiche wurden strikt getrennt, um den behördlichen Anforderungen einfacher entsprechen zu können. Ein modernes lufttechnisches Konzept, sog. Down-Flow-Systeme, führt eventuelle Schadstoffe vom Mitarbeiter weg, so dass Zwischenprodukte und Wirkstoffe sicher gehandhabt werden können. Der Neubau umfasst zudem ein neu errichtetes Labor für präparative Chromatographie als alternative Reinigungsmethode für die rasche Wirkstoffversorgung in der frühen Entwicklungsphase.
Die nun vorhandene Anlagentechnik und die Produktionseinrichtungen erlauben die sichere Durchführung vielfältiger Prozessschritte, sie garantieren eine rasche und flexible Belieferung mit neuen Wirkstoffen. Das Kilolabor bildet somit eine wichtige Brücke zwischen Forschung und Entwicklung. Anzumerken bleibt, dass mehr als 75 % der Entwicklungsprojekte von Boehringer Ingelheim international vom Standort Deutschland aus koordiniert und betreut werden.