Atlantic Zeisler: Neue Codierung steht vor der Tür
Pharmaunternehmen und Verpackungsindustrie sollten gemeinsam Hausaufgaben machen
Der Kampf gegen gefälschte Arzneimittel ist in eine neue Phase getreten: Mit der EU-Richtlinie 2011/62/EU will man den Fälschern den Boden unter den Füßen entziehen.
Schon im kommenden Jahr besteht in den EU-Staaten Handlungsbedarf. Was auf die Pharma- und Verpackungsindustrie hier zukommt, erfuhr CHEManager im Gespräch mit Marcus Geigle, Marketing Manager Public Relations & Communications bei Atlantic Zeiser.
Das Gespräch führte Dr. Sonja Andres.
CHEManager: Herr Geigle, für die EU-Richtlinie 2011/62/EU zur Schaffung eines Gemeinschaftskodex gegen gefälschte Arzneimittel müssen die EU-Mitgliedstaaten bereits 2013 beginnen, diese Verordnungen in ihre nationalen Gesetzgebungen zu überführen. Was soll in den Codes enthalten sein?
Marcus Geigle: Die aufgedruckten Codes haben die zentrale Aufgabe, den Patientenschutz mittels Identifikation eines verpackten Medikaments sicher zu stellen. Dabei wird die Verpackung - meistens Blister und Faltschachteln - zum Datenträger. Identifiziert werden die Daten über festgelegte Merkmale in Form von Codes. Die EU-Richtlinie präferiert einen vierzeiligen Code, der eine eineindeutige, randomisierte (sprich eine einmalige Zufallszahl) Seriennummer enthält, die sich auf die einzelne Arzneimittelpackung bezieht. Diese Seriennummer wird während des Lieferprozesses und bei der Ausgabe an den Patienten gegen vorgehaltene Originaldaten des pharmazeutischen Unternehmens verifiziert. Die Seriennummer soll produktbezogen gemeinsam mit PPN (Pharmacy Product Number/Artikelnummer) und der darin enthaltenen PZN (Pharmazentralnummer) mit Chargenbezeichnung und Verfallsdatum in einem Data-Matrix-Code kodiert und bedruckt werden. Diese geforderten Daten bilden den vierzeiligen Identifikations-Code. Die PZN enthält zudem weitere Informationen zur Bezeichnung, Darreichungsform, Wirkstoffstärke und Packungsgröße. PZN ist eine für Deutschland entwickelte Kodierung, die mit der EU-Richtlinie in die allgemeingültige PPN überführt wird.
Welche Konsequenzen hat dies für die Pharmaindustrie?
Marcus Geigle: Die Pharmaindustrie muss bis spätestens Ende 2015 praktikable Codierungslösungen in Betrieb nehmen und jedes Produkt nach diesen Vorgaben kennzeichnen. Stehen die technischen Anlangen zur Codierung nicht zur Verfügung, dürfen nichtgekennzeichnete pharmazeutische Erzeugnisse nicht mehr gehandelt werden. Die Konsequenz ist also klar: Keine Codierung - keine Geschäfte mit Medikamenten im EU-Raum! Deshalb ist es im ureigenen Interesse der Pharmaindustrie, ihre Verpackungstechniken in den kommenden zweieinhalb Jahren entsprechend umzurüsten und zu ergänzen.
Es scheint auf den ersten Blick noch viel Zeit zu sein. Wir wissen jedoch, dass man sich genügend Vorlaufzeit für die umfangreiche Planung und Umsetzung nehmen muss. Kurzfristige und mit heißer Nadel gestrickte Lösungen können nicht so leistungsfähig sein wie durchdachte und gut geplante. Zudem müssen die Verantwortlichen in den Pharmaunternehmen auch berücksichtigen, dass, je näher der Tag der Richtlinien-Umsetzung rückt, desto mehr Mitarbeiter bereits bei der technischen Installation und im Service der Anbieter verplant und beschäftigt sein werden.
Zum Glück entsteht Handlungsbedarf nicht nur durch die EU-Richtlinie sondern auch durch die massiven Umsatzausfälle, die eine rasant ansteigende Zahl von gefälschten Medikamenten auslöst und die weltweit pro Jahr einen ökonomischen Schaden im zweistelligen Milliardeneurobereich verursachen. Dieser ökonomische Druck verstärkt den Druck handeln zu müssen. Deshalb liegt es auf der Hand, dass sich die Pharmaproduzenten entsprechende technische Lösungen anschaffen und lernen, damit eine Codierung zu realisieren, die den Anforderungen umfassend entspricht.
Wer wird die Codes festlegen und was ist geplant, um diese Codes eindeutig zu gestalten und zweifelsfrei zuordnen zu können?
Marcus Geigle: Die Codes werden durch Ländergesetze festgelegt. Für Deutschland erarbeitet bspw. gerade ein Verbund der wichtigsten Verbände von Apotheken und pharmazeutischer Industrie sowie deren Mitgliedsunternehmen Vorschläge zur Umsetzung. Dabei stehen die Prozesse, die Auswahl von Techniken und die Ausgestaltung der Codes im Mittelpunkt. 2013 sollen die ausgewählte Verfahrensweise und die eingesetzten technischen Plattformen in einem Pilotprojekt getestet werden. Danach wird die bestmögliche Verfahrensweise vorgeschlagen und ein verbindlicher Standard definiert werden, der in einem Gesetz festzuschreiben ist. Die Verbände sind in der Securpharm zusammengeschlossen.
Gibt es hierfür bereits die erforderliche Technik - sowohl in der Erstellung als auch in der Nachverfolgbarkeit?
Marcus Geigle: Ja, die notwendigen Techniken stehen zur Verfügung, v.a. was die Codierung der Verpackungen mit variablen Daten über Inkjet-Drucker anbelangt. Weiterentwicklungen wird es sicher noch bei der IT-Infrastruktur und bei den Ansätzen zur Ausgestaltung der Prüf-Software sowie der gewünschten Prüfpunkte innerhalb der Logistikkette eines Medikaments geben. Hier gibt es zwei Ansätze: Track & Trace- oder End-to-End Lösung. Dabei unterscheiden sich diese beiden Ansätze dadurch, dass eine Track & Trace-Lösung den Zugriff auf die Produktdaten an beliebigen Stellen des Versandprozesses zulässt. Bei einer End-to-End Lösung lassen sich die Daten nur beim Pharmaproduzenten und bei der Auslieferung am Verkaufspunkt prüfen.
Für die Codierung selbst spielt das allerdings nur eine untergeordnete Rolle. Entscheidend ist hier eine umfangreiche und sichere Software-Lösung, die den sicheren Zugriff auf die Daten innerhalb der gesamten Logistikkette gewährleistet. Wir bieten beispielsweise ein entsprechendes Software-Paket an, das mit speziellen Modulen für Track & Trace und einem integrierten Atlantic Zeiser Trust-Center zur Erstellung und Verteilung der randomisierten Codes den Zugriff und die Überprüfung der Seriennummern und weiterer Prüfcodes zulässt. Dies ist auch von Ferne über das Internet möglich und natürlich über Smartphones. Damit sind die Prüfvorgänge technisch auch schon in der Cloud angekommen. Technisch ist also der Weg für umfassende und sichere Lösungen bereitet.
Wie gehen die großen Verpackungsmaschinenhersteller damit um?
Marcus Geigle: Die Verpackungsmaschinenhersteller sind diejenigen, die Entwicklungen glücklicherweise stark vorantreiben. Sie sind es auch, die von den Pharmaherstellern den Auftrag erhalten, sich um die Realisierung zu kümmern und schließlich zu gewährleisten, dass rechtzeitig eine praktikable Lösung installiert ist. Somit bilden die Verpackungsmaschinenhersteller eindeutig den Dreh- und Angelpunkt der Umsetzung. Das unterstreichen die zahlreichen Anfragen nach zu integrierenden Codierungskomponenten in bestehende und geplante Verpackungslinien.
Wir werden immer häufiger von Unternehmen der Branche angesprochen, die wiederum von ihren Endkunden, den Pharmagesellschaften, den Auftrag erhalten, in den nächsten zwei Jahren belastbare Lösungen zu realisieren. Deshalb sind die Verpackungsmaschinenhersteller für uns auch sehr wichtige Ansprech- und Geschäftspartner im Umfeld der Produktrückverfolgungs- und Codierungsthematik bei pharmazeutischen Produkten. Dort punkten wir damit, dass wir den Maschinenherstellern zusätzliche Argumente wie den Schutz der Pharma-Marken, der Forschungs- und Entwicklungsinvestitionen und der Profitabilität von Medikamentenanbietern liefern. Das ist nämlich alles über die Codierung nach der EU-Richtlinie möglich.
Frankreich und die Türkei sind bereits weiter fortgeschritten in der Umsetzung. Wie handhaben es diese Länder?
Marcus Geigle: Frankreich und die Türkei haben sich für einen dreizeiligen Code ohne Seriennummer entschieden. Diese Länder bedrucken bereits seit Anfang 2011 ihre Pharmaverpackungen mit einem Datamatrixcode nach GS1 Struktur. Hier werden neben der GTIN (Global Trade Item Number) noch ein Verfalldatum sowie eine Chargenbezeichnung aufgedruckt. Eine Serialisierung des einzelnen Produktes mittels einer randomisierten Seriennummer findet jedoch nicht statt.
Was empfehlen Sie den Pharmaunternehmen?
Marcus Geigle: Vorausschauend die Planungen für eine umfassende und zukunftsfähige Codierlösung anzugehen. Pharmaunternehmen sind weltweit tätig und müssen somit darauf vorbereitet sein, dass in unterschiedlichen Gebieten, ja auch schon in unterschiedlichen Ländern einer Region wie der EU, verschiedene Richtlinien erlassen werden. Das hätte und hat zu Folge, dass für ausgewählte Märkte variierende Vorgaben in der Codierung und dem Daten-Handling zu erfüllen sein werden. Darüber hinaus kann man sich im Zusammenhang mit der geforderten Codierung natürlich auch bereits Gedanken über einen Zusatznutzen durch den Einsatz spezieller Datamatrix-Codes machen.
Beispielsweise wissen wir aus der Kosmetik-Branche, dass die Nutzung von QR-Codes zu Marketingzwecken deutliche Vorteile beim Verkauf und der Kundenbindung bietet. - Warum sollte ein Pharmaunternehmen diese Vorteile nicht auch nutzen?
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