Algoliner: Kultivierung von Algen in Photobioreaktoren aus PMMA
Verblüffendes Verfahren zur mobilen Produktion von Photobioreaktor-Anlagen
Algen spielen eine bedeutende Rolle für unsere Zukunft. Sie enthalten wertvolle Inhaltsstoffe wie Omega-3-Fettsäuren, Vitamine, Antioxidantien und antibiotische Wirkstoffe. Diese lassen sich in Lebens- und Futtermitteln, Kosmetik und pharmazeutischen Produkten einsetzen. Auch die Herstellung von Biokraftsoffen aus Algenölen kann in der Zukunft von Relevanz sein.
Die Kultivierung von Algen findet in durchsichtigen Photobioreaktoren statt, um die Licht-einstrahlung zu ermöglichen. Typischerweise wird Silikatglas verwendet. Dazu wird Quarzsand zusammen mit anderen mineralischen Stoffen geschmolzen und in die gewünschte Form gebracht. Bei Glasrohren werden typischerweise bestimmte Rohlängen gefertigt, angepackt und an den Bestimmungsort geliefert. Vor Ort müssen die Rohrsegmente wieder verbunden werden. Der Gründer und Geschäftsführer von Algoliner, Hans Väth, stellte sich die berechtigte Frage: „Kann man das anders machen?“.
Somit war die Idee geboren, das Herstellungsverfahren von Photobioreaktoren zu revolu-tionieren. Der Ansatz: die Rohre dort produzieren, wo sie gebraucht werden. Ermöglicht wird das durch eine mobile Produktionsanlage, die dutzende Meter Rohr am Stück herstellt, ohne dass Verbindungsteile notwendig sind. Dieses Verfahren ist allerdings nicht mit herkömmlichem Glas möglich, stattdessen wird Acrylglas (Polymethylmethacrylat, PMMA) verwendet. Verglichen mit Silikatglas ist PMMA ist sehr leicht und hat eine niedrige Schmelztemperatur. Dementsprechend sind die Herstellungskosten gering, ohne Einbußen bei der optischen Durchlässigkeit, Kratzfestigkeit und der chemischen Beständigkeit. Allerdings hat PMMA zwei große Schwächen: eine starke Wärmeausdehnung und eine hohe Sprödigkeit. Beides lässt sich durch eine simple Technik ausgleichen: eine Schiene auf der Oberseite der Rohre, an denen diese aufgehangen werden. Nach dem Prinzip von Hängebrücken wird dadurch eine hohe Stabilität erreicht, sodass die Wandstärke laut Hans Väth von 3 auf 1 mm reduziert werden konnte. Das wiederum macht die Rohre sehr flexibel und weniger spröde. Gegenüber gewöhnlichen Halterungen wird außerdem eine seitliche Ausdehnung ermöglicht.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die End-of-Life-Phase der Reaktoren. Ein großes Problem bei vielen Kunststoffen ist die Zersetzung zu Mikroplastik durch UV-Strahlung. PMMA ist allerdings sehr UV-beständig und birgt dieses Risiko nicht. Zudem ist selbst gebrauchtes PMMA ein wertvoller Rohstoff, da die Neuherstellung recht teuer ist. Verglichen dazu ist das Recycling von reinem PMMA, wie es hier verwendet wird, simpel und kostensparend. Der Altkunststoff wird bei 400 °C thermisch zersetzt und verdampft. Anschließend findet eine Kondensation bei < 360 °C statt, wobei eine flüssige Monomerlösung entsteht. Somit verfällt der Qualitätsverlust, der bei herkömmlichen Kunststoffrecycling üblich ist. In Hinsicht auf die Zukunft haben Photobioreaktoren aus PMMA eine quasi unbegrenzte Lebenszeit, sofern der Kreislauf aufrechterhalten wird.
In einer Pilotanlage mit einem 10 000 Liter-Reaktor konnte bereits die Langlebigkeit, die Beständigkeit gegen hohe und niedrige Temperaturen und die Möglichkeit zur Reparatur überprüft und positiv bestätigt werden.
Autor: Jon Hering, 2. Semester Master Chemie- und Umweltingenieurwesen, Hochschule Merseburg