2016 – die Chemiebranche zieht Bilanz
Die Chemiekonjunktur hellt sich zum Jahresende auf / Verhaltener Optimismus für 2017
2016 war ein durchwachsenes Jahr für die deutsche Chemie- und Pharmaindustrie. Die Produktion wuchs geringfügig um 0,5 %. Die Preise für Chemieprodukte sanken um 1,9 % und der Umsatz der Chemiebranche ging um 3 % auf 183 Mrd. EUR zurück. Doch die Entwicklungen im vierten Quartal 2016 geben Hoffnung: Zum zweiten Mal in Folge stieg der Branchenumsatz wieder an. Hier wirkte sich vor allem der steigende Ölpreis positiv auf die Umsätze der Unternehmen aus.
So durchwachsen wie die konjunkturelle Entwicklung im vergangenen Jahr, so unterschiedlich wirkte sich diese auf die Geschäftsentwicklung einzelner deutscher Chemieunternehmen aus – abhängig von deren Portfolio, aber auch den zahlreichen strukturellen Umbaumaßnahmen, die viele der Unternehmen derzeit umsetzen.
BASF zurück auf Wachstumskurs
Der BASF-Konzern schaffte nach mehreren Quartalen mit sinkendem Umsatz und Erträgen zum Jahresende 2016 die Trendwende. Im vierten Quartal stieg der Umsatz um 7 % im Vergleich zum Vorjahr und auch das Ergebnis zeigte einen positiven Trend.
Betrachtet über das Gesamtjahr sank der Umsatz der BASF-Gruppe um 18 % auf 57,6 Mrd. EUR. Das Ergebnis (EBIT) vor Sondereinflüssen lag mit 6,3 Mrd. EUR um 430 Mio. EUR unter dem Wert des Vorjahres. Maßgeblich hierfür war vor allem der Verkauf des Gashandels- und Gasspeichergeschäfts im September 2015, das bis dahin mit 10,1 Mrd. EUR zum Umsatz und 260 Mio. EUR zum EBIT beigetragen hatte. Insgesamt minderten Portfolioveränderungen den Umsatz um 15 %. Zudem führten niedrigere Rohstoffpreise zu rückläufigen Verkaufspreisen (-4 %) und Währungseffekte wirkten sich leicht umsatzmindernd aus (-1 %). Dagegen stieg der Absatz im Jahresverlauf kontinuierlich an (+2 %).
„Wir haben unsere Wachstums- und Ertragsziele im Jahr 2016 erreicht. Im Chemiegeschäft sind wir erfolgreich gewachsen und konnten die Ertragskraft weiter verbessern. Insbesondere in Asien haben wir den Absatz im Chemiegeschäft kontinuierlich gesteigert. Damit zahlen sich die hohen Investitionen der vergangenen Jahre in Forschung und Entwicklung sowie in neue Produktionskapazitäten aus“, zieht der BASF Vorstandsvorsitzende Dr. Kurt Bock Bilanz.
„Zwar verlangsamte sich im Jahr 2016 das Wachstum der Weltwirtschaft und der Chemieindustrie und die globale Industrieproduktion wuchs auf dem Niveau von 2015. Unsere Hauptabnehmerbranchen entwickelten sich im Durchschnitt besser als die Industrieproduktion. Vor allem die Automobilbranche setzte positive Impulse. Die Dynamik einzelner Kundenbranchen haben wir genutzt und sind insgesamt stärker gewachsen als im Jahr zuvor“, sagte Bock.
Bayer: Starkes Wachstum im Pharmageschäft
Auch bei Bayer blickt man zufrieden auf das Geschäftsjahr 2016 zurück: „Mit unserer operativen Performance haben wir ein neues Rekordniveau erreicht – und auch bei der vereinbarten Übernahme von Monsanto kommen wir gut voran“, sagte Vorstandsvorsitzender Werner Baumann. Der Umsatz des Bayer-Konzerns stieg im Jahr 2016 um 1,5 % (währungsbereinigt um 3,5 %) auf 46,8 Mrd. EUR. Wachstum wurde vor allem im Bereich Life Science generiert, der 34,9 Mrd. EUR zum Gesamtumsatz beiträgt. Covestro (vgl. Seite 3), das aufgrund der Mehrheitsbeteiligung (die Anfang März 2017 auf 53,3 % reduziert wurde) noch voll im Bayer-Konzern konsolidiert wird, erzielte mit 11,8 Mrd. EUR einen Umsatz auf Vorjahresniveau, trug aber maßgeblich zur Steigerung des Ergebnisses bei. Insgesamt erzielte der Bayer-Konzern ein deutliches Ergebniswachstum: Das EBIT stieg um 12,8 % auf 7,0 Mrd. EUR. Darin enthalten sind Sonderaufwendungen von 1,1 Mrd. EUR, im Wesentlichen aus Wertberichtigungen auf immaterielle Vermögenswerte, Aufwendungen in Verbindung mit Effizienzsteigerungsprogrammen sowie Kosten für die Integration erworbener Geschäfte.
Maßgeblich zum Wachstum trug der Geschäftsbereich Pharmaceuticals bei, der seinen Umsatz um 7,3 % auf 16,4 Mrd. EUR ausweitete. Umsatztreiber waren hier der Gerinnungshemmer Xarelto (+31 %) und das Augenmedikament Eylea (+33 %). Das Consumer Health Geschäft mit verschreibungsfreien Gesundheitsprodukten verbuchte aufgrund von Währungseffekten einen leichten Umsatzrückgang, um 0,6 % auf 6 Mrd. EUR, und Animal Health wuchs um 2,2 % auf 1,5 Mrd. EUR.
Die Division Crop Science litt unter einem schwachen Marktumfeld und verbuchte einen Umsatzrückgang von 2,1 % auf 9,9 Mrd. EUR. Dabei wurde der deutliche Rückgang in Lateinamerika durch Zuwächse in den anderen Regionen ausgeglichen. Aufgrund gestiegener Verkaufspreise lag das Ergebnis (EBITDA) dennoch auf Vorjahresniveau und die bereinigte EBITDA-Marge von Crop Science erhöhte sich um 0,6 Prozentpunkte auf 24,4 %.
Das vergangene Jahr des Bayer-Konzerns war vor allem geprägt durch die vereinbarte Übernahme von Monsanto. Baumann betonte nochmals die strategische Bedeutung der Übernahme und sagte: „Unsere Strategie sowie der vereinbarte Erwerb von Monsanto werden unserer Meinung nach zunehmend besser verstanden, wie auch unser Aktienkurs zeigt: Er liegt jetzt klar über dem Wert, den er kurz vor der Bekanntgabe der Monsanto-Übernahme hatte.“ Die Transaktion soll bis Ende 2017 abgeschlossen werden. „Bei den behördlichen Freigaben für die Transaktion machen wir gute Fortschritte. Bei rund zwei Dritteln von ca. 30 Behörden haben wir die Genehmigungen bereits beantragt“, sagte Baumann. Gleichzeitig versicherte er, der Erwerb von Monsanto werde nicht auf Kosten der anderen Geschäfte gehen. Organisches Wachstum in den Bereichen Pharmaceuticals, Consumer Health und Animal Health werde der Konzern unverändert weiter vorantreiben.
Evonik leidet unter Preisverfall
Während die Preise für Basischemikalien einen positiven Trend zeigen, kann das hohe Preisniveau bei Spezialchemikalien zum Teil nicht gehalten werden. Darunter litt auch die Geschäftsentwicklung des Essener Spezialchemiekonzerns Evonik im Jahr 2016. Besonders spürte das Unternehmen den Preisverfall von Zusatzstoffen für Tiernahrung, die etwa in der Hühnermast zum Einsatz kommen. Das Ergebnis des Sparte (EBITDA) sank in diesem Bereich um 30 % auf 1 Mrd. EUR.
Zwar steigerte das Unternehmen im Jahr 2016 insgesamt seinen Absatz um 3 %, wegen rückläufiger Preise ging der Umsatz jedoch um 6 % auf 12,7 Mrd. EUR zurück. Das bereinigte Ergebnis (EBITDA) lag mit 2,17 Mrd. EUR um 12 % unter dem des Vorjahres. „Mit einer EBITDA-Marge von 17 % liegen wir weiter auf einem guten Niveau“, kommentierte Vorstandschef Dr. Klaus Engel die Entwicklung.
Zwar erwartet der Konzern auch für das laufende Geschäftsjahr bei den Verkaufspreisen im Durchschnitt über das gesamte Produktportfolio einen leichten Rückgang, doch 2017 soll wieder besser laufen – auch dank der jüngsten Zukäufe. „Die erfolgreiche Übernahme des Spezialadditiv-Geschäfts von Air Products und der geplante Erwerb des Silica-Geschäfts von Huber geben unserem Wachstumskurs zusätzlichen Schub und eröffnen unserem attraktiven Portfolio weitere Perspektiven“, sagt Engel.
Trotz zunehmender Unsicherheiten in der geopolitischen Lage und hoher Volatilität an den Märkten kündigte der Konzern eine Steigerung des Umsatzes und des operativen Ergebnisses für 2017 an und rechnet mit einem bereinigten EBITDA zwischen 2,2 und 2,4 Mrd. EUR.
Lanxess steigert Profitabilität
Auch Lanxess verbuchte einen geringeren Umsatz im Jahr 2016 aufgrund gesunkener Verkaufspreise. Der Konzernumsatz sank um 2,4 % auf 7,7 Mrd. EUR. Anders als bei Evonik hatte diese Entwicklung jedoch keine geringere Profitabilität zur Folge. Das Ergebnis (EBITDA) vor Sondereinflüssen stieg um 12,4 % auf 995 Mio. EUR. Damit erhöhte sich die EBITDA-Marge von 11,2 % auf 12,9 %. Treiber für die positive Entwicklung waren vor allem die gesteigerten Absatzmengen in allen Segmenten, die damit verbundene höhere Kapazitätsauslastung sowie Kosteneinsparungen durch die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit von Anlagen und Prozessen.
„Lanxess ist wieder in der Erfolgsspur“, kommentierte Vorstandschef Matthias Zachert die Entwicklung. „Wir haben entscheidende Meilensteine beim Umbau von Lanxess hin zu einem noch stabileren und profitableren Konzern gesetzt“, sagt Zachert und blickt mit Zuversicht auf 2017: Im ersten Quartal erwartet das Unternehmen einen erneuten Anstieg des EBTIDA um rund 20 %.
Mitte des Jahres wird Lanxess die Übernahme des US-Unternehmens Chemtura abschließen, die noch im laufenden Jahr einen Beitrag zu Umsatz und Ergebnis beitragen wird. Aber auch mit dieser Transaktion ist der Umbau von Lanxess nicht zu Ende: „Wir werden dieses Unternehmen weiter verändern und werden damit 2017 nicht aufhören“, sagte Zachert.
Chemieindustrie rechnet mit konstantem Wachstum für 2017
„Wir sind verhalten optimistisch für 2017“, sagte BASF-Vorstandsvorsitzender Kurt Bock. Dies spiegelt auch die Erwartungen andere Branchenexperten wider. Während die BASF für das laufende Jahr von einem Wachstum der Weltwirtschaft um 2,3 % (2015: 2,3 %) ausgeht und mit einem Wachstum der globalen Chemieproduktion von 3,4 % (2015: 3,4 %) rechnet, ist die Prognose des Verbands der Chemischen Industrie (VCI) für den deutschen Markt zurückhaltender. Zwar hat der VCI im März aufgrund der Ölpreisentwicklungen seine Prognosen für 2017 erhöht, geht aber immer noch von einem geringem Wachstum für 2017 aus: Die Chemieproduktion soll erneut nur um 0,5 % steigen, die Preise für Chemikalien und Pharmazeutika um 1 %. Für den Branchenumsatz wird ein Wachstum von 1,5 % auf 185,7 Mrd. EUR vorausgesagt, dabei soll das Wachstum im Inland mit +1 % schwächer ausfallen als im Auslandsgeschäft (+1,5 %).