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Evonik - Börsengang auf der Kippe

25.04.2012 -

Die Pläne für den milliardenschweren Börsengang von Evonik könnten nach Angaben aus Kreisen des Mehrheitseigners RAG-Stiftung wieder zu den Akten gelegt werden. Es erscheine unsicher, ob die von Stiftungschef Wilhelm Bonse-Geuking angestrebte Mindestbewertungsgrenze für Evonik von rund 15 Mrd. € erreicht werden könne, sagten mehrere mit dem Vorgang vertraute Personen am Dienstag der Nachrichtenagentur Reuters. Hintergrund seien die durch die Euro-Schuldenkrise gewachsene Unsicherheit an den Märkten. Viel Zeit bleibt den Evonik-Eignern nicht mehr, eine Entscheidung vorzubereiten. Am 21. Mai, zwei Tage früher als bislang geplant, wolle das mächtige Kuratorium der Stiftung über einen Börsengang entscheiden. Gibt es dann doch noch grünes Licht, sollen Evonik-Aktien den Kreisen zufolge bereits Ende Juni an der Börse gehandelt werden.

Ein Sprecher der Stiftung bestätigte den Sitzungstermin 21. Mai, wollte die übrigen Angaben aber nicht kommentieren. Eine Evonik-Sprecherin wollte sich ebenfalls nicht äußern. Auch die Banken Goldman Sachs und Deutsche Bank, die die Vorbereitungen für den Börsengang des als Dax-Kandidaten gehandelten Evonik-Konzerns begleiten, wollten sich nicht äußern. Stiftungschef Bonse-Geuking hatte bereits im vergangenen Jahr die Untergrenze von 15 Mrd. € bei der Bewertung von Evonik festgezurrt. Rund 30 % der Anteile des Chemieriesen sollen den Planungen zufolge in einem ersten Schritt an die Börse gebracht werden - wenn das Börsenumfeld stimmt und sich die Wertvorstellungen realisieren lassen. Und die sind für die RAG-Stiftung fundamental, soll sie doch ab 2019 die Folgekosten des auslaufenden deutschen Steinkohlebergbaus tragen.

Diese sind erheblich: Nach einer Studie der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG sollen sie sich auf gut 200 Mio. € jährlich belaufen - Geld, das die Stiftung aufbringen muss. Derzeit könnte sie den Betrag auch aus der Evonik-Dividende bestreiten: Rund 400 Mio. € schüttet der Konzern für das vergangene Geschäftsjahr an seine Eigner aus. Die Stiftung hält knapp 75 % der Evonik-Anteile, der Finanzinvestor CVC den Rest. Bonse-Geuking stehe nicht unter Druck, Evonik an die Börse zu bringen, heißt es in Stiftungs- und Finanzkreisen - er müsse nicht ins Risiko gehen. Er ist zudem nur noch Stiftungschef auf Zeit - die Verträge der Stiftungsvorstände waren Ende März nach langen Personaldebatten um ein Jahr verlängert worden. Doch sollen die Vorstände vorzeitig gehen, wenn Nachfolger gefunden seien, hatte es im Umfeld der Stiftung geheißen.

Banker - "Der IPO wackelt"

"Der IPO wackelt", sagte ein Investmentbanker. Dies liege aber nicht an der Performance Evoniks - sondern am Markt, hieß es. Zwar glänzte der Chemie-Konzern im vergangenen Jahr mit Rekordwerten, das für den Börsengang zentrale operative Ergebnis (Ebitda) sprang auf 2,76 (Vorjahr: 2,36) Mrd. €. Wegen des fragilen wirtschaftlichen Umfelds hatte Evonik-Chef Klaus Engel aber prognostiziert, dass die operativen Ergebnisse 2012 unter denen des Vorjahrs liegen könnten. Der Marktwert des Branchenprimus BASF liegt derzeit nach Abzug außerordentlicher Kosten beim rund sechsfachen des operativen Gewinns (Ebitda) - das entspricht im Falle Evoniks auf Basis des Vorjahresergebnisses rund 16,2 Mrd. €.

Abgezogen werden muss dabei aber noch ein IPO-Abschlag, der Finanzkreisen zufolge bei gut 10 % liegen dürfte sowie die Nettofinanzschulden von rund 840 Mio. € - Evonik würde damit unter Bonse-Geukings Ziel rangieren. Selbst bei einem günstigeren Multiplikator von sieben, der Finankreisen zufolge als realistisch angesehen wird, käme der Chemieriese auf knapp 15 Mrd.€ und würde die Mindestgrenze nicht überspringen, heißt es in Finanzkreisen. Zu einem Multiple von drei bis fünf " wird sicher nicht verkauft", sagte eine weitere mit dem Vorgang vertraute Person. Die Stiftung und auch der Finanzinvestor CVC hätten eine "klare Vorstellung", was sie mindestens erlösen wollten.
Einen wichtigen Faktor für die Bewertung werde aber auch die Entwicklung des Chemiekonzerns im 1. Qu. spielen, sagte ein weiterer Insider. Schließlich komme es neben der Entwicklung der Chemiebranche auch auf die Verfassung eines Unternehmens an. Evonik will am 11. Mai über die Entwicklung von Januar bis März berichten. Anderthalb Wochen später tritt das Kuratorium zusammen, am 25. Mai könnte dann der Startschuss für den Börsengang abgegeben werden - wenn ausreichende Erlöse winken.