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Das Tor zum Osten

13.04.2013 -

Das Tor zum Osten – Österreich profitiert von EU-Osterweiterung. Österreich ist mit der EUOsterweiterung nicht nur geographisch, sondern auch wirtschaftspolitisch ins Zentrum der EU gerückt.

Ob und warum Österreich als Standort für Pharma- und Life Sciences-Unternehmen Vorteile bietet, erläutert Friedrich Schmidl, marktverantwortlicher Direktor für Deutschland und den Bereich Life Science bei ABA-Invest in Austria, im Gespräch mit CHEManager.

Das Gespräch führte Dr. Michael Klinge.

 


CHEManager: Herr Schmidl, warum entscheiden sich Unternehmen überhaupt für den Standort Österreich?

F. Schmidl: Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in Österreich gehören zu den attraktivsten und wettbewerbsfreundlichsten in Europa. Laut OECD lag das Wirtschaftswachstum 2006 bei 3,1 %, mit einem BIP pro Kopf von knapp 30.000 €. Im Außenhandel erwartet das Österreichische Institut für Wirtschaftsforschung für 2007 ein starkes Exportwachstum von 6,8 %. Unternehmer, die nach Österreich kommen, entscheiden sich für eine moderate Unternehmensbesteuerung und profitieren von den höchsten Produktivitätszuwächsen Osteuropas. Stichwort Europa: Ein bedeutender Standortfaktor ist Österreichs Funktion als Brückenkopf nach Osteuropa.


Welche Vorteile bietet der Standort Österreich Unternehmen, die von dort aus nach Osteuropa expandieren wollen?

F. Schmidl: Mit der Osterweiterung der europäischen Union zur „EU der 25" ist Österreich nicht nur geografisch, sondern auch politisch und wirtschaftlich ins Zentrum des neuen Europa gerückt. Im Zuge der Ostöffnung wurden hier 150.000 neue Arbeitsplätze geschaffen. Was kein Wunder ist: Österreichs Banken und Unternehmensberater verfügen traditionell über umfassende Kontakte und Kompetenzen im Osteuropa-Geschäft.

Zudem ermöglicht eine hochwertige Verkehrs- und Telekom-Infrastruktur schnellen Transport von Waren und Informationen. Eine hohe Verfügbarkeit qualifizierter und motivierter Mitarbeiter sowie wirtschaftliche und politische Stabilität sind neben der hohen Lebensqualität weitere Anreize. Laut Boston Consulting haben rund 300 Multinationals ihr Osteuropa-Headquarter in Österreich errichtet, darunter 28 Fortune-500-Firmen. Insgesamt koordinieren an die 1.000 internationale Unternehmen ihre Osteuropa-Aktivitäten von Österreich aus.


Welche Bedeutung kommt dabei den Österreich-Niederlassungen internationaler Pharma- und Life-Science-Konzerne zu?

F. Schmidl: Viele multinationale Pharma-Konzerne von Aventis bis Wyeth-Lederle haben Vertrieb und Distribution in Österreich angesiedelt. Andere renommierte Unternehmen haben ihre österreichischen Niederlassungen zu konzernweiten Kompetenzzentren ausgebaut, darunter Novartis, Baxter, Roche, Boehringer Ingelheim, das Forschungsinstitut für Molekulare Pathologie, Eli Lilly, DSM Fine Chemicals und Octapharma.

Novartis beispielsweise ist eines der führenden Pharmaunternehmen in Österreich und hat zwischen 1996 und 2006 kontinuierlich die Zahl der Beschäftigten erweitert. Am Standort Tirol sowie am Novartis Institutes for Biomedical Research Vienna sind insgesamt 684 Mitarbeiter in Forschung und Entwicklung beschäftigt. Die Aufwendungen für diesen Bereich beliefen sich 2006 auf knapp 150 Mio. €; damit ist Novartis auch eines der größten forschenden Unternehmen in Österreich.


Welche Rolle nimmt der Life-Science-Sektor innerhalb der Industrielandschaft Österreichs ein?

F. Schmidl: Die Wirtschaftskammer schätzt den Gesamtpharmamarkt in Österreich auf 2,3 Mrd. €. Innerhalb der Biotechnologie forschen in Österreich über 100 Spezialfirmen sowie rund 170 Forschungsinstitute mit über 10.000 Mitarbeitern. Die Boston Consulting Group prognostiziert Österreich bis 2015 einen Zuwachs von 12.000 Arbeitsplätzen rund um die Hochtechnologie - vor allem im Segment der so genannten roten Biotechnologie.

Der Biotech-Boom wird gefördert durch eine Reihe von Initiativen wie Cluster, Kompetenzzentren und Forschungsförderungen sowie durch einen Forschungsfreibetrag von bis zu 35 %. Die staatlichen F&EAusgaben für Gesundheit machen mehr als ein Fünftel des Forschungsbudgets aus. Seit 2002 trägt die Pharmaindustrie kontinuierlich fast 16 % der F&E-Aufwendungen aller österreichischen Unternehmen.


Welche Kompetenzen hat Österreich als Forschungsstandort?

F. Schmidl: Wir sind schon immer ein Land der Innovationen. Nähmaschine und Volkswagen stammen genauso aus Österreich wie das säurestabile Penicillin und die Kaplan-Turbine. Bund und Länder investierten 2006 insgesamt 2,3 Milliarden € in Forschung und Entwicklung. Die Forschungsquote lag 2006 bei 2,4 % des BIP. Gemeinsam mit 10 Universitäten, öffentlichen und privaten Organisationen haben österreichische Unternehmen Expertise in einer ganzen Reihe von Forschungsbereichen entwickelt. Diese reicht von Krebsimpfstoffen, Immunologie und Immunmodulation über ansteckende Krankheiten und Gentherapie bis zu Onkologie und Diagnostik.

Aber auch in Themengebieten wie Biochips und Bioinformatik, Medikamentenidentifikation, Proteomik, Genomforschung und Pharmakogenomik sowie Stammzellen und Gewebemodulation kennen sich österreichische Wissenschaftler bestens aus.

 

Welche steuerlichen Rahmenbedingungen und staatlichen Fördermaßnahmen machen die Unternehmensansiedlung für Life-Science-Unternehmen in Österreich attraktiv?

F. Schmidl: Die Besteuerung ist bei uns ideal: nur 25 % Körperschaftsteuer, keine Gewerbesteuer, keine Vermögensteuer. Österreich hat eine effektive Unternehmensbesteuerung von 22,4 %; diese ist derzeit rund 12 % weniger als in Deutschland mit 34,4 %. Daneben findet sich in Österreich für innovative Projekte auch eine Reihe von „Sponsoren".

Als Spezialbank für unternehmensbezogene Wirtschaftsförderung hat beispielsweise die Austria Wirtschaftsservice GmbH mit dem Programm „Life Science Austria" einen besonderen Fokus auf maßgeschneiderte Unterstützung und Finanzierung von Life Sciences gelegt. Weitere Instrumente zur Frühphasenfinanzierung bestehen etwa in Mezzaninkapital, für das keine bankübliche Sicherheiten erforderlich sind, oder in den Garantien des „High tech double equity" Garantiefonds: Damit kann privates Eigenkapital in der Gründungs- bzw. Frühphase von kleinen und mittleren Unternehmen verdoppelt werden.


Die Forschung in einem Land steht und fällt mit den entsprechenden Netzwerken. Was hat Österreich im Bereich Life Science dort zu bieten?

F. Schmidl: Bei uns hat sich durch Kombination von Startups, Forschungseinrichtungen, etablierten Firmen und Dienstleitern von Patentanwälten bis zu Risikokapitalgebern eine dynamische Biotech-Szene entwickelt. Eine wichtige Rolle spielt dabei auch die Unterstützung durch die öffentliche Hand.

Eine der Keimzellen für unseren Erfolg in der Biotechnologie ist das Biotechnologie-Cluster in Wien, daneben die Technologiepools in Graz, Krems, Tulln, Salzburg und Innsbruck. Rund 100 Mio. € fließen in das auf neun Jahre angelegte Genomforschungsprogramm GEN-AU, aus dem etwa 100 grundlegende Patentanmeldungen resultieren sollen.


Gibt es erfolgreiche Start-Ups am Life-Science-Standort Österreich?

F. Schmidl: Einer der zahlreichen Erfolge in Österreich ist das Biotech-Unternehmen Intercell, das Impfstoffe zur Vorbeugung und Behandlung von Infektionskrankheiten entwickelt. Das Unternehmen begann 1998 mit acht Mitarbeitern in Wien; heute hat Intercell 200 Mitarbeiter und ist börsennotiert. Im Juli 2007 vereinbarten Intercell und Novartis für innovative Impfstoffe eine strategische Partnerschaft. Für 2009 plant Intercell mit einem Impfstoff gegen die Japanische Enzephalitis die erste Markteinführung.


Kontakt:
Friedrich Schmidl

ABA - Invest in Austria
Wien, Österreich
Tel.: 0043/1/58858-22
Fax: 0043/1/58686-59
f.schmidl@aba.gv.at