Anlagenbau & Prozesstechnik

OP-Bereich intelligent organisiert

Dreistufige Hygienekonzeption im Inselspital Bern

23.02.2012 -

ReinRaumTechnik - Der Neubau des Zentrums für Intensivbehandlung, Notfallversorgung und Operation (INO) am Inselspital Bern ist wohl der bedeutendste Krankenhaus-Neubau in der Schweiz. Die Realisierung erfolgt in zwei Etappen und soll bis Februar 2013 vollständig abgeschlossen sein. Neben den bereits genannten Disziplinen sind die diagnostische und interventionelle Radiologie sowie die Nuklearmedizin und das Zentrallabor mit Reinraumlaboren für die Stammzellforschung in das INO integriert.

Die Intensivmedizin verfügt über etwa 40 Betten, der OP-Bereich ist mit 18 Sälen geplant. Durch den Zusammenschluss von erster und zweiter Etappe entstehen insbesondere in den Bereichen Radiologie und Operation besonders anspruchsvolle Planungsaufgaben, da diese Abteilungen im laufenden Betrieb umgebaut bzw. erweitert werden.
In allen Bereichen sind Freiflächen für spätere Nutzungserweiterungen vorgehalten. So werden beispielsweise im Bereich der Radiologie zwei Magnetresonanztomographen (MRT) und im OP-Bereich ein "Hybrid-OP", ein Operationssaal mit integrierter Bildgebung, vorgesehen.
Der Kanton Bern betraut die HWP Planungsgesellschaft mbH (HWP) seit 1996 mit Leistungen der Geschäftsbereiche Medizin- und Labortechnik, Unternehmensberatung und Betriebsplanung sowie Architektur und Technik. HWP wurde für die Betriebsorganisation der Zentral-OPs und der Laborbereiche, sowie mit der Planung, Ausschreibung und Objektüberwachung der betrieblichen, medizinischen und labortechnischen Ausrüstung, für die Mitwirkung bei der Durchführung des Architektenwettbewerbs und für die Erarbeitung eines innenarchitektonischen Farb- und Materialkonzeptes beauftragt. Aus der Möglichkeit der interdisziplinären Zusammenarbeit der Geschäftsbereiche konnten vielfältige Potentiale generiert werden. Der Kanton Bern legte in Planung und Realisierung besonderes Augenmerk auf innovative, individuell zugeschnittene Lösungen mit hohem Nachhaltigkeitscharakter. Anschaffungs- und Lebenszykluskosten sollten minimiert, Prozesse optimiert und ein Mindestmaß an flexibler Nutzung der Räumlichkeiten gewährleistet werden. Innerhalb dieser Zielsetzung stellte die optimale Gestaltung der Hygienekonzeption eine zentrale Prämisse dar.

Die Hygienekonzeption
Durch die interdisziplinäre Zusammenarbeit des Planungsteams und durch die im Ergebnis intensiven Nutzerabstimmungen wurde eine innovative, dreistufige Hygienekonzeption im Operationsbereich vorgeschlagen. Diese Konzeption sieht eine graue, eine weiße und eine grüne Hygienezone innerhalb des OP-Bereiches vor.
Die "graue Zone" umfasst vor allem den Bereich der Ver- und Entsorgung, also einen Bereich ohne hygienische Anforderungen. Die "weiße Zone" umfasst jenen Bereich, in dem die üblichen Anforderungen an allgemeine Pflegebereiche im Krankenhaus gelten. Die "grüne Zone" ist die Sterilzone, hier gelten die üblichen hygienischen Anforderungen für einen OP-Bereich.
Das besondere an der bereits in der ersten Etappe realisierten Hygienekonzeption besteht darin, dass die weiße Zone, also jene Zone, die ohne Einschleusung betreten werden darf, bis in die Ein- und Ausleitungsräume inklusive des Aufwachraums ausgedehnt wird. Damit werden in der Praxis zwei Effekte erreicht: Auf der einen Seite wird der Patient vom Pflege- bzw. Transportpersonal im Bett bis in die Einleitung gebracht und erst dort auf die mobilen Operationstische umgebettet. Auf der anderen Seite besteht für Angehörige die Möglichkeit, den Patienten bereits in der Aufwachphase wieder zu begleiten, auch dies ohne aufwendige Einschleusung.

Die Vorteile für Patienten, Angehörige, Inselspital und Umwelt
Die Umsetzung der Hygienekonzeption bringt für das Inselspital eine Vielzahl von ökonomischen und auch ökologischen Effekten: Zunächst entfallen bei der Planung die Umbettschleusen. Dies wirkt sich nicht nur im Flächenbedarf für den OP-Bereich positiv aus, es optimiert auch die Abläufe bei der OP-Vorbereitung und verkürzt Warte- und Leerlaufzeiten beim OP-Personal. Der Patient kann quasi „just-in-time" in den OP-Bereich transportiert werden und in der Einleitung direkt an den Anästhesisten übergeben werden. Durch die Einbeziehung des Aufwachraumes in die "weiße Zone" kann den Angehörigen ein besonderer Service angeboten werden. Sie können bereits in der Aufwachphase dem operierten Patienten zur Seite stehen. Dies wird nach Erfahrungswerten von Patienten wie von Angehörigen als sehr angenehm empfunden. Für die Patienten bedeutet es eine Steigerung des Wohlbefindens, wenn in der Aufwachphase vertraute Angehörige anwesend sind. Für das Pflegepersonal ist eine Entlastung von einfachen pflegerischen Tätigkeiten möglich.
Die Ausdehnung der weißen Zone hat neben ökonomischen Aspekten auch einen ökologischen Effekt. Es ist eine wesentliche Reduzierung des OP-Wäscheverbrauchs zu registrieren, da sich nur noch jene Mitarbeiter einschleusen müssen, die unmittelbar in der "grünen Zone", also im Sterilbereich, tätig sind. Durch die Reduzierung des OP-Personalwäschebedarfs werden die Betriebskosten gesenkt und gleichzeitig ein Beitrag zur Steigerung der ökologischen Nachhaltigkeit des Universitätsspitals geleistet.

Fazit
Zwingende Voraussetzung für die Verwirklichung einer solchen mehrdimensional Nutzen stiftenden Lösung ist jedoch eine frühzeitige Einbindung von Nutzern und Krankenhaushygiene in die Planungsüberlegungen. Gleichzeitig ist die Bereitschaft zu innovativem Denken und Handeln bei allen an der Planung und Realisierung Beteiligten notwendig. 

Kontakt

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