CSL Behring: Neue Marburger Biotechnologie-Anlage
19.04.2012 -
ReinRaumTechnik - Etwa 20 Mio. € investierte das Unternehmen CSL Behring in eine neue Biotechnologie-Anlage am Standort Marburg. Die Anlage dient aktuell zur Aufreinigung und Formulierung der rekombinanten Protein-Therapeutika. Aufgrund ihrer Flexibilität kann CSL darin aber auch andere biologische Produkte verarbeiten. Die zentralen Bausteine der komplexen Prozesstechnik wurden von Pentair Südmo innerhalb von 18 Monaten projektiert, geliefert und in Betrieb genommen.
CSL Behring ist einer der Top Player im Bereich der Plasmaprotein-Biotherapeutika. Das Unternehmen produziert und vertreibt weltweit eine breite Palette von plasmabasierten und rekombinanten Therapeutika.
Diese Therapeutika werden bei Störungen des Gerinnungssystems eingesetzt einschließlich Hämophilie und von Willebrand Syndrom, Immunmangelkrankheiten sowie zur Behandlung von Patienten mit erblichem Lungenemphysem. Weitere Produkte finden Anwendung in der Herzchirurgie, bei Organtransplantationen sowie bei der Behandlung von Verbrennungen und in der Prävention von hämolytischen Krankheiten bei Neugeborenen.
Mit seinem Tochterunternehmen CSL Plasma betreibt CSL Behring in den USA und in Deutschland eine der weltweit größten Organisationen zur Gewinnung von Plasma. CSL Behring gehört zur CSL Gruppe, einem spezialisierten biopharmazeutischen Unternehmen mit Hauptsitz in Melbourne/Australien.
Mit der Inbetriebnahme der neuen Biotechnologie-Anlage in Marburg hat CSL Behring nach eigenen Angaben einen nachhaltigen Fortschritt in der Therapie mit Gerinnungsfaktoren erreicht. Die Auftragserteilung an Pentair Südmo erging im Mai 2009, der Projektabschluss wurde im November 2010 gefeiert. Pentair Südmo zeichnete für die folgenden Teilprojekte und damit den Großteil der eigentlichen Prozesstechnik verantwortlich.
- Pufferherstellung
- Mobile Behälter für Produkt bzw. Puffer
- Paneele und Temperiereinheiten
- CIP-Anlage für mobile Behälter
- Water for Injection (WFI)-Lagerung bzw. Vorlage und Verteilung
- Versorgung mit Sterilluft, Reindampf und entsalztes Wasser
- Prozessbeschreibung/Dokumentation zur Programmierung der Steuerung sowie zur Zertifizierung gemäß GMP bzw. FDA etc.
Atomatische Pufferherstellung
Der größte Part des Projekts war die automatische Pufferherstellung. Diese Einheit besteht aus drei Pufferansatzbehältern mit mehreren hundert Liter Volumen. Hinzu kommen ein Puffer-Lagertank in gleicher Größenordnung sowie ein Natronlauge-Vorlagebehälter. Dieser Vorlagebehälter wird über eine Natronlauge-Container-Station mittels Dosierpumpe beschickt. Die Salzsäurestation ist ebenfalls mit einem Dosiersystem ausgestattet. Die eingesetzten Membrandosierpumpen lassen die Einzelhubdosierung zu, so dass bis auf 10 ml genau dosiert und damit der pH-Wert des Puffers in kleinen Steps ganz genau eingestellt werden kann.
Zur Pufferherstellung wählt der Bediener via Touchpanel die Rezeptur aus. Die zugewiesene Wassermenge wird anschließend im Ansatzbehälter vorgelegt und der Bediener kann die gewünschte Salzmenge manuell zugeben. Es folgt ein Rührschritt oder ggfs. die Temperierung des Ansatzes. Inline-pH-Messsysteme überwachen ständig die wässrige Lösung und steuern über den pH-Parameter die Zugabe von Lauge bzw. Säure, je nachdem ob ein basischer oder ein saurer Puffer hergestellt werden soll.
Die Pufferherstellung ist in einem Technikbereich installiert, in dem alle Bauteile, die gewartet werden müssen, zusammengefasst sind. Dieser Technikbereich ist von der eigentlichen Produktion, die als Reinraum der Klasse C ausgeführt ist, mittels Reinraumwand hermetisch abgetrennt. Durch diese Reinraumwand ragen nur die Behälter-Oberteile und das Handloch zur Zugabe von Puffersalzen in den Reinraum, so dass die Behälter aus dem Produktionsbereich bedient und geöffnet werden können.
Mobile Behälter als „Stand alone"-Prozessanlage
Mobile Behälter fungieren als „Stand alone"-Prozessanlage, die mit den entsprechenden Vorprodukten gefüllt und über Schläuche an die Aufreinigungsanlagen, wie Chromatographie- oder Filterunits, angeschlossen werden. Die mobilen Behälter dienen darüber hinaus als Produktaufbewahrungs- und Transportgefäß sowie als Puffervorlagebehälter.
Die mobilen Behälter sind auf einem fahrbaren Rahmen installiert und innerhalb des Rahmens fest verrohrt. Ihre Konstruktion lässt vielfältige Prozessvarianten zu. Unter anderem sind sie druck- und vakuumfest, sind mit einem Doppelmantel versehen, also kühl- und heizbar, verfügen über ein Rührwerk und haben nicht zuletzt eine Vielzahl an Anschlüssen für Druckluft, Sterilluft, Produktzufuhr usw.
Die Basis für die Arbeit mit den mobilen Einheiten bilden Medienversorgungspaneele. Alle Paneele sind mit einer Entnahme für WFI, für Reindampf sowie einem Sterilluftanschluss ausgestattet. Anschlüsse für Puffer und Lauge sind ebenfalls vorhanden.
Jedem Paneel ist ein Temperiersystem zugeordnet, über welches der mobile Behälter auf ein bestimmtes Temperaturniveau angehoben oder abgesenkt werden kann. Die Solltemperatur des Produkts ist auf diesem Wege in einem breiten Bereich regelbar.
Der mobile Behälter selbst besitzt keine autarke Steuerung, kann aber über Bus- und Elektrokabel an einem Paneel angedockt werden. So lassen sich alle Funktionalitäten inklusive diverser Messtechnik im Steuerungsschrank abarbeiten, steuern, überwachen und dokumentieren.
CIP-Anlage und „final rinse"
Die CIP-Anlage arbeitet nach dem Prinzip der verlorenen Reinigung und ist ausschließlich für die mobilen Behälter konzipiert. Der mobile Behälter wird dazu über ein Verteilerpaneel mit der CIP Anlage verbunden. Anschließend wird gemäß der hinterlegten Programme automatisch gereinigt.
Als primäres Reinigungsmedium wird WSO (entmineralisiertes Wasser) zum Vorspülen und zum Ansetzen der Lauge verwendet. Die Temperatur der Reinigungsmedien ist über einen im Kreislauf integrierten Wärmeübertrager einstellbar.
Das Vorspülwasser wird im Durchlauf über den mobilen Behälter gefahren und anschließend verworfen.
Dann folgt das Ansetzen der Lauge. Dazu wird Natron-Lauge-Konzentrat aus einer Laugestation in dem vorgelegten WSO bis zum Erreichen des vorgegebenen Leitwerts zudosiert. Der Laugeschritt läuft dann im Kreislauf ab; die Lauge wird anschließend verworfen.
Der „final rinse" erfolgt mit WFI. Dieses wird aus dem WFI-Netz entnommen und von der CIP-Anlage über das Paneel durch den mobilen Behälter geführt.
Die CIP-Anlage wurde so konstruiert, dass sie sich über einen Reinstdampfanschluss selbst sanitisieren kann.
WFI-Versorgung mittels neu geschaffener Ringleitung
Water for Injection (WFI) ist ein Wasser mit besonders hoher Reinheit. Dieses wird bereits im Produktionsgebäude produziert, indem die neue Anlage errichtet wurde. Um dieses Wasser in der neuen Biotechnologie-Anlage nutzen zu können, wird es über eine neu geschaffene Ringleitung mit zwei Sub-Loops in der Anlage zu den Verbraucheren geführt. Die Ringleitung und die Sub-Loops werden heiß betrieben und an den Entnahmestellen kann auf die gewünschte Anwendungstemperatur abgekühlt werden.
Das WFI-System wird zudem zur Spülung der stationären und mobilen Behälter verwendet.
Der WFI-Kreislauf wurde mit einer eigenen Steuerung ausgestattet. Das schließt das komplette Monitoring, also die permanente inline-Überwachung und Dokumentation der relevanten Parameter wie Temperatur, Durchfluss, Leitwert oder TOC mit ein.
Ein weiterer Auftragsbaustein war die Installation der Verteilsysteme für Reindampf, Sterilluft und Weichwasser. Alle Verteilsysteme sind in Edelstahl ausgeführt.
Hohe Anforderungen an Material, Umsetzung und Dokumentation
Gesteuert wird die Biotech-Anlage mit PCS7-Steuerungen, die mit einer Batch-Rezepturverwaltung arbeiten. Alles wird über Touchpanels visualisiert und bedient. Pentair Südmo lieferte die Hardware und die gesamten Prozessbeschreibungen mit allen Abläufen und Parametern. Auf dieser Basis wurde die Software programmiert.
Aufgrund der internationalen Ausrichtung des Unternehmens und des Umfangs der zu realisierenden Funktionalitäten stellte die Biotech-Anlage sehr hohe Anforderungen an die einzusetzenden Materialien und natürlich deren Verarbeitung. Die Aufzählung zeigt einige Zahlen, die das untermauern.
Die Anlage selbst wurde wo möglich als Unit bei Pentair Südmo vorgefertigt. Einige Beispiele hierfür sind die CIP-Anlage, die Medienpaneele, die Behälter oder die Temperiereinheiten. Die Anschlussverrohrung erfolgte später beim Kunden. Dabei wurden alle produktberührten Verrohrungen vom Montagepersonal aufgenommen, gekennzeichnet und jeder relevante Schweißparameter dokumentiert. Explizit qualifiziert sind auch andere wichtige Faktoren, wie die Messsysteme oder die Sanitisierung. Somit erhielt CSL Behring nicht nur eine hochmoderne Anlage, sondern auch eine für die nachfolgend anstehenden Qualifizierungs-Audits „belastbare" Prozessdokumentation, was einen nicht zu unterschätzenden Mehrwert darstellt.
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Ausgewählte Projekteckdaten der Biotech-Anlage von CSL Behring in Marburg:
350 pneumatisch angesteuerte Ventile
2.800 m verlegte Rohre
3.000 verarbeitete Rohrbögen
10.000 Schweißnähte
20.000 m verlegte elektrische Kabel
12 Monate Engineering bei durchschnittlich 8 Mitarbeitern
8 Monate mechanische Montage bei durchschnittlich 14 Mitarbeitern
9 Monate Inbetriebsetzung bei durchschnittlich 7 Mitarbeitern
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