Zwei Pumpen in einem Gehäuse
Pumpen mit austauschbarer Hydraulik für flexiblen Pipelinebetrieb
Zurzeit baut Russland ein fast 5.000 km langes Pipelinesystem, das Ölfelder in Sibirien mit Märkten im Osten wie China und Japan verbindet. Da der Bau in zwei Phasen erfolgt, ändern sich auch die Betriebsbedingungen für die in der ersten Phase installierten Pumpen mit zunehmender Länge der Pipeline und der erforderlichen Fördermenge. Sulzer Pumps hat Pumpen mit austauschbarer Hydraulik in einem Gehäuse entwickelt, mit denen sich die Pumpencharakteristik entsprechend des Baufortschritts der Pipeline anpassen lässt.
Russland ist bestrebt, neue Absatzmärkte für seine riesigen Erdölreserven zu erschließen. Den Weg nach Osten soll dabei die ESPO-Pipeline (Eastern Siberia Pacific Ocean) ebnen. Das 4.700 km lange Pipelinesystem wird von dem für die nationalen Ölpipelines zuständigen staatlichen Unternehmen Transneft betrieben. Nach der Fertigstellung soll die ESPO-Pipeline Erdöl von Ölfeldern in Ostsibirien und dem Autonomen Kreis der Chanten und Mansen im westsibirischen Tiefland zu den asiatisch-pazifischen Märkten in Japan, China und Korea transportieren.
Die erste Bauphase der Pipeline umfasst einen 2.757 km langen Abschnitt zwischen der Region Irkutsk und der Region Amur mit einer Transportkapazität von 30 Mio. t bzw. 220,5 Mio. Barrel Öl im Jahr. Vorgesehen ist eine Abzweigung von Skovorodino nach Daqing in China mit einer Kapazität von 30 Mio. t/a. Der zweite Abschnitt erstreckt sich weitere 2.100 km in östlicher Richtung von Skovorodino nach Kozmino am Pazifischen Ozean. Über den zweiten Abschnitt der Pipeline sollen 367,5 Mio. Barrel im Jahr transportiert werden, während die Kapazität des ersten Abschnitts schließlich auf 588 Mio. Barrel im Jahr erhöht werden soll.
Bewegt wird das Öl von 32 Pumpstationen, die entlang der Trasse angeordnet sind. Davon verfügen 13 Stationen zusätzlich über Speichertanks mit einem Fassungsvermögen von insgesamt 2,67 Mio. m3. Jede Pumpstation umfasst drei in Reihe geschaltete Pumpen sowie eine Reservepumpe. In der ersten Phase sind sechs Pumpstationen erforderlich, um das Öl in Richtung Osten zu pumpen. Die erste Phase umfasst außerdem den Bau eines Exportterminals und eines eigenen 35-MW-Kraftwerks in Olyokminsk mit fünf erdölbefeuerten Generatorsätzen zur Versorgung der Pumpstationen.
Ende 2006 erhielt Sulzer Pumps aus Russland den Auftrag, die Pumpen für die erste Phase dieses außergewöhnlichen Projekts zu konstruieren und zu bauen. Der Auftrag umfasste sowohl die Hauptpumpen für die Pipeline als auch vertikale Druckerhöhungspumpen und Ladepumpen.
Geeignet für flexiblen Betrieb
In der ersten Phase des Betriebs ist die Pipeline kürzer und verfügt über weniger angeschlossene Produktionssysteme. Die Länge der Pipeline hat direkten Einfluss auf die Druckverluste und damit auf die erforderliche Förderhöhe, die von den Pumpen bereitgestellt werden muss. Wenn im Laufe der Zeit immer mehr Ölfelder an die Pipeline angebunden werden, steigt auch die erforderliche Fördermenge im Vergleich zur anfänglichen Konfiguration. Die Parameter Förderhöhe, Fördermenge und Drehzahl bestimmen die spezifische Drehzahl einer Pumpe und haben somit Einfluss auf die Form des Laufrads. Um die Investitionskosten so niedrig wie möglich zu halten und einen flexiblen Betrieb der Pipeline zu ermöglichen, entwickelten die Ingenieure von Sulzer Pumps zwei hydraulische Konfigurationen mit einer Laufrad-Diffusor-Einheit für die Anfangsphase und einem Laufrad für die Endphase, die in dasselbe Pumpengehäuse passen.
Für maximale Last ausgelegt
Mit steigender Fördermenge (Phase 1: 4.500 m3/h, Phase 2: 9.600-12.000 m3/h) und -höhe (Phase 2: 375 m) nimmt auch die Leistungsaufnahme zu. Dies wiederum bedeutet, dass die Welle, die Lager und das Gehäuse in der letzten Ausbaustufe höheren Belastungen ausgesetzt sind. Sämtliche mechanischen Teile wurden so konzipiert, dass sie in der Lage sind, die höheren Lasten bei voller Länge und Kapazität der Pipeline zu bewältigen. Dank dieses Ansatzes sind beim Austausch der Hydraulik für die zweite Phase keine Veränderungen am Pumpengehäuse, an der Wellendichtung und den Lagern erforderlich. Die Welle bleibt bei beiden hydraulischen Konfigurationen ebenfalls dieselbe, und auch das gesamte Antriebssystem ist für die volle Last ausgelegt. Damit umfassen die ESPO-Pumpen zwei Pumpen in einem Gehäuse, die in ihrem jeweiligen spezifischen Betriebsbereich um ihren Wirkungsgrad-Bestpunkt arbeiten. Neben den hydraulischen Anpassungen sorgt ein drehzahlgeregelter Antrieb für zusätzliche betriebliche Flexibilität.
Strenge mechanische Analyse
Heutzutage ist die Konstruktion einer Pumpe ein integrierter Prozess, der sowohl die Entwicklung der Hydraulik als auch Strukturanalyse beinhaltet. Bevor die Geometrie einer Hydraulik zur Modell- bzw. Pumpenfertigung freigegeben wird, muss sie eine strenge mechanische Analyse unter Zuhilfenahme modernster Werkzeuge und der Finite-Elemente-Methode (FEM) bestehen. Dazu wurde in der mechanischen Konstruktionsabteilung eine vollständige 3-D-Berechnung des Pumpengehäuses einschließlich der Schrauben, Muttern und der Dichtung für die kritischsten Lastfälle durchgeführt. Überprüft wurden die Gefahr von Leckagen zwischen den Stufen sowie die Verformungen und Spannungen im Gehäuse für den Hydrotestdruck von 150 bar.
Feinabstimmung auf dem Prüfstand
Zur Verifizierung der auf CFD (Computational Fluid Dynamics) basierenden Konstruktion des Laufrads wurden Modelltests durchgeführt. Die Messungen bestätigten die CFD-Prognosen für die Hydraulikkonfigurationen mit der geringeren spezifischen Drehzahl für die Phase 1, wogegen die Konstruktion für die zweite Phase noch Feinabstimmungen auf dem Prüfstand erforderte. Zusätzlich wurden auch Leistungsprüfungen und komplette Maschinenstrangtests an allen Pumpen bei Sulzer im englischen Leeds durchgeführt, wo auch die Fertigung der Pumpen erfolgte. Für die Tests wurde ein spezieller Prüfstand gebaut, der die Durchführung von Prüfungen bei der maximalen Antriebsleistung von 14,5 MW und über die gesamten Betriebsbereiche hinweg ermöglichte. Insgesamt wurden 24 Maschinenstrangtests über einen Zeitraum von 10 Monaten durchgeführt, um die vollständige Integrität der Aggregate sicherzustellen.
Sicherheit durch Servicevertrag
Die ESPO-Pipeline spielt für die russische Regierung eine besondere Rolle, daher hat der sichere und zuverlässige Betrieb der Pipeline eine große Bedeutung. Um eine bestmögliche Wartung zu gewährleisten und unerwartete Ausfallzeiten zu minimieren, wurde ein einjähriger Servicevertrag geschlossen. Im Rahmen dieses Vertrags überwachen zwei Teams von Serviceingenieuren die technischen Wartungsarbeiten, die von Mitarbeitern der ESPO-Betreiberfirma Vostoknefteprovod, ein Tochterunternehmen von Transneft, an den Pumpen durchgeführt werden. Der Öltransport über die Pipeline begann Anfang 2010, und die erste Öllieferung ging nach Angaben des russischen Ölproduzenten Gazprom Neft am 30. Januar 2010 an Mitsubishi in Japan.
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