Anlagenbau & Prozesstechnik

Emissionshandel: Die Risiken steigen

07.08.2013 -

Emissionshandel: Die Risiken steigen – Risikomanagement im CO2-Emissionshandel ist auch für die chemische Industrie unverzichtbar - Eine Studie zeigt: In vielen Unternehmen ist das Management nicht ausreichend über die mit dem Emissionshandel verbundenen Risiken informiert.

Diese werden sich bedingt durch den steigenden Preis für CO2-Zertifikate jedoch längerfristig erhöhen. Das europäische Emissionshandelssystem (ETS) ist 2008 in eine entscheidende Phase getreten.

Waren in der ersten Handelsperiode von 2005 bis 2007 mehr CO2-Zertifikate im Umlauf als benötigt, ist das Angebot bis 2012 deutlich verknappt worden.

Gleichzeitig wurden Anlagen in das ETS einbezogen und ein Teil der nationalen CO2-Zuteilungsmengen zur Versteigerung frei gegeben. Auch für die chemische Industrie ergeben sich dadurch Änderungen.

Zwar ist die Branche nicht direkt vom europäischen Emissionshandel erfasst, von den Auswirkungen des Emissionshandels sind jedoch viele Unternehmen der chemischen Industrie betroffen.

So müssen die Chemieunternehmen für die von ihnen betriebenen Energieanlagen wie Heizkraftwerke und Dampfkessel Emissionen erheben und berichten sowie entsprechende Emissionsberechtigungen an die Behörde abgeben.

Seit Beginn der zweiten Handelsperiode ab 2008 fallen zusätzlich Anlagen zur Erzeugung von Ethylen und Propylen unter das Emissionshandelsregime.

Damit sind für alle vom Emissionshandel direkt oder indirekt betroffenen Unternehmen die mit dem Emissionshandel verbundenen Risiken gestiegen, zumal der Preis für CO2-Zertifikate längerfristig steigen und weiterhin stark von politischen Entscheidungen abhängen dürfte.

Unsere Befragung von 51 Unternehmen, auf die zusammen rund 45 % der deutschen Zuteilungsmenge für CO2-Zertifikate entfallen, zeigt, dass die am Emissionshandel teilnehmenden Unternehmen in Folge der Änderungen überwiegend Engpässe bei der Zuteilung mit Emissionsrechten erwarten.

Dennoch ist der CO2-Handel häufig noch unzureichend in das Risikomanagement eingebunden. Auch Ertragschancen durch Emissionsminderungen und den Verkauf nicht benötigter Zertifikate werden bislang noch nicht umfassend wahrgenommen.

 


Defizite im Risikomanagement

Knapp zwei Drittel (65 %) der befragten Unternehmen gehen davon aus, dass sie in der laufenden Handelsperiode (2008 bis 2012) weniger CO2-Zertifikate als benötigt zugeteilt bekommen. In der vorangegangenen Handelsperiode gingen hingegen nur 35 % von einer Unterdeckung ihres Bedarfs aus.

Angesichts der geänderten Rahmenbedingungen halten gut vier von zehn Unternehmen eine Anpassung ihres CO2-Risikomanagements für notwendig.

Änderungsbedarf sehen insbesondere Befragte mit einer erwarteten Unterdeckung (rund 60 %). Demgegenüber sehen fast 90 % der Unternehmen, die bis 2012 nach eigener Einschätzung ausreichend mit Emissionszertifikaten ausgestattet sind, keinen Anlass für eine Anpassung.

Bislang haben nur 27 % der Unternehmen eine gesonderte Richtlinie für das CO2- Risikomanagement, während zwei Drittel der Befragten den Emissionshandel in einer Rahmenrichtlinie behandeln.

Bei rund 8 % der Unternehmen werden CO2-Emissionen, bzw. die daraus resultierenden Risiken überhaupt nicht im Rahmen des Risikomanagements adressiert.

Die Mängel beim CO2-Risikomanagement zeigen sich in der Regel erst bei der Detailanalyse. So gibt nur jedes vierte Unternehmen eine Obergrenze für das auf einzelne Handelspartner entfallende Handelsvolumen (Kontrahentenlimit) vor.

Dies ist im Emissionshandel besonders kritisch zu werten, da hier die Mehrzahl der Geschäfte bilateral (OTC) abgewickelt wird. Fällt die zugesagte Lieferung von Emissionszertifikaten durch einen Kontrahenten aus, muss das Unternehmen diese am Spotmarkt zum aktuellen, möglicherweise deutlich höheren Preis nachkaufen. Je weniger Handelspartner ein Unternehmen hat, desto größer ist entsprechend das finanzielle Risiko.

Eine weitere Schwachstelle ist die Prozessdokumentation, die bei 60 % der Unternehmen nicht unmittelbarer Bestandteil des Risikomanagements ist. Damit besteht bei der Mehrzahl der befragten Unternehmen die Gefahr, dass Mitarbeiter die Prozesse des Emissionshandels, die daraus resultierenden Risiken sowie die vorund nachgelagerten Prozesse (Prognose, Rechnungswesen, IT, etc) nicht richtig einschätzen können.

 


Mängel bei Berichterstattung und Prognosen

In vielen Unternehmen wird das Management zudem nur unzureichend über die mit dem Emissionshandel verbundenen Risiken informiert. Bei fast 40 % der Befragten gibt es keine kontinuierliche Berichterstattung über wesentliche Angaben wie beispielsweise das Verhältnis von benötigten und vorhandenen Emissionszertifikaten, offene Handelspositionen sowie sonstige quantitative und qualitative Risikogrößen.

Hinzu kommt, dass fast jedes dritte Unternehmen nur einmal im Quartal oder seltener die Prognose für den CO2-Bedarf aktualisiert. Bei Preisänderungen am Spotmarkt ist eine schnelle Entscheidung über den Kauf oder Verkauf von Emissionsrechten damit nicht möglich und Handelschancen bleiben ungenutzt.

Für gut 30 % der befragten Unternehmen ist der CO2-Preis keine wichtige Variable bei Investitionsentscheidungen. Diese Einschätzung bietet nicht nur eine Erklärung für das zum Teil unzureichende Risikomanagement, sondern auch die oft ungenutzten Möglichkeiten der Emissionsminderung.

So hat sich gut jedes dritte Unternehmen bislang nicht mit technischen Verbesserungen zur CO2-Reduzierung beschäftigt.

Damit entfällt jedoch die Option, den Emissionsausstoß stärker zu senken als notwendig und dadurch überschüssige Zertifikate verkaufen zu können.

Vor dem Hintergrund steigender CO2-Preise und knapperer freier Zuteilungsmengen für alle Unternehmen empfiehlt sich ein professionelles und optimiertes CO2-Risikomanagement sowie klare und dokumentierte Vorgaben, insbesondere zum internen wie externen Reporting.

Die Studie kann kostenlos heruntergeladen werden unter www.pwc.de/de/co2rm.

 


Kontakt:

Pricewaterhousecoopers AG WPG,

Frankfurt Dr. Moritz Nill

Tel.: 030/2636/398

moritz.nill@de.pwc.com

 

Raphael Heiner

Tel.: 0211/981/4583

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