Anlagenbau & Prozesstechnik

Deutsche Chemie: Gebremstes Wachstum auf hohem Niveau

01.06.2013 -

Deutsche Chemie: Gebremstes Wachstum auf hohem Niveau – Die weltweite Finanz- und Immobilienkrise hinterließ in den vergangenen Monaten deutliche Spuren im Weltwirtschaftsgefüge.

Das Wachstumstempo hat sich mittlerweile in fast allen Regionen deutlich verlangsamt. Auch die Europäische Union blieb nicht von den weltwirtschaftlichen Turbulenzen verschont. Hier wuchs die Industrieproduktion im zweiten Quartal nur noch geringfügig.

Auch in Deutschland war eine deutliche Abschwächung der konjunkturellen Dynamik nicht zu übersehen. Entsprechend zurückhaltend fiel zuletzt die Nachfrage der industriellen Kunden nach chemischen Produkten aus.

Zusätzlich sorgten die deutlich gestiegenen Ölpreise für einen erheblichen Kostendruck. Der starke Euro belastete die preisliche Wettbewerbsfähigkeit europäischer Produzenten zusätzlich. Angesichts dieser Belastung stieg die deutsche Chemieproduktion im laufenden Jahr kaum noch.

Auch der Umsatz wuchs nicht mehr so dynamisch wie im Vorjahr, obwohl die Erzeugerpreise wegen des Rohstoffkostendrucks kräftig angehoben wurden (Grafik 1).

 


Produktion stagniert

Die weltwirtschaftlichen Turbulenzen haben die deutsche Chemieindustrie erreicht. Das Wachstum hat sich rapide abgeschwächt. Die Statistik weist inzwischen für das erste Quartal 2008 nur noch einen Zuwachs von 1,2 % aus.

Im Vorjahr wuchs die deutsche Chemieproduktion um 5 %. Im zweiten Quartal hat sich das Wachstum weiter abgeschwächt.

Die Chemieproduktion stieg gegenüber den vorangegangenen drei Monaten saisonbereinigt nur um 0,2 %. Im Vergleich zum entsprechenden Vorjahresquartal konnte damit nur ein bescheidendes Wachstum von 0,4 % verbucht werden (Grafik 2).

Diese deutliche Verlangsamung erfolgte allerdings auf hohem Niveau. Daher waren die Produktionskapazitäten der deutschen Chemieunternehmen mit 86,4 % weiterhin gut ausge lastet.

Im zweiten Quartal 2008 entwickelte sich die wirtschaftliche Lage in den einzelnen Chemiesparten unterschiedlich. Die Pharmaproduktion wuchs zwar weiterhin kräftig. Und auch die Grundstoffsparten konnten gegenüber dem Vorjahr noch einmal leicht zulegen.

Die übrigen Chemiesparten mussten aber Produktionsrückgänge hinnehmen. Die Produktion von Konsumchemikalien verfehlte zuletzt ihr Vorjahresniveau ebenso deutlich wie die Produktion von Fein- und Spezialchemikalien.

 


Kostendruck hält unvermindert an

Der Anstieg der Erzeugerpreise für chemische Produkte hat sich beschleunigt.

Angesichts kräftiger Zuwächse der Energie- und Rohstoffkosten haben viele Unternehmen im bisherigen Jahresverlauf die Chemikalienpreise deutlich angehoben (vgl. CHEMonitor, CHEManager 18/2008, S. 4).

Nachdem im vergangenen Jahr die Erzeugerpreise durchschnittlich um gut 2 % gestiegen waren, lag der Zuwachs im ersten Quartal dieses Jahres bereits bei 3,4 %. Von April bis Juni waren chemische Erzeugnisse sogar 4,5 % teurer als ein Jahr zuvor (Grafik 3).

 


Hohe Preise dämpfen Chemienachfrage

Der deutsche Chemieumsatz konnte im bisherigen Jahresverlauf zwar weiter zulegen, die Zuwachsraten fielen aber schwächer aus. Die hohen Wachstumsraten der Vorjahre wurden nicht mehr erreicht.

Im ersten Quartal 2008 lag der deutsche Chemieumsatz nur knapp 3 % höher als ein Jahr zuvor.

Im zweiten Quartal konnte der Umsatz immerhin um 4,7 % zulegen. Dabei zeigten sich kaum Unterschiede zwischen dem Inlandsgeschäft und den Verkäufen jenseits der Landesgrenzen (Grafik 4).

Die Verkäufe der Branche lagen im zweiten Quartal mit 44 Mrd. € saisonbereinigt um 2,4 % höher als in den vorangegangenen drei Monaten.

Das Wachstum wurde jedoch fast ausschließlich von höheren Erzeugerpreisen getragen. Die Verkaufsmengen entwickelten sich hingegen schwach, da sich die Kunden angesichts der deutlichen Preissteigerungen und der erwarteten Konjunkturabschwächung weniger Chemikalien orderten als in den Vormonaten.

 


Beschäftigung bleibt konstant

Von April bis Juni beschäftigten die deutschen Chemieunternehmen rund 439.800 Mitarbeiter.

Damit blieb die Zahl der Beschäftigten trotz schlechterer Geschäftsaussichten nahezu stabil. In einigen Bereichen wurden sogar neue Jobs geschaffen. Derzeit sind Ingenieure und Toxikologen besonders gefragt.

 


Deutsche Chemie legt Wachstumspause ein

Obwohl sich die deutsche Chemiekonjunktur in den vergangenen Monaten deutlich abgekühlt hat, war die Stimmung der Branche vergleichsweise gut.

Die vom Ifo-Institut befragten Chemieunternehmen beurteilten die aktuelle wirtschaftliche Lage weiterhin positiv, weil man nach vier erfolgreichen Chemiejahren in Folge das hohe Produktionsniveau zumindest hat halten können.

Zudem waren die Kapazitäten weiterhin gut ausgelastet und der Umsatz lag immer noch fast 5 % höher als ein Jahr zuvor. Allerdings wurde die weitere Geschäftsentwicklung von den Unternehmen zuletzt deutlich zurückhaltender beurteilt.

Noch sind die Auftragsbücher vieler Abnehmerbranchen gut gefüllt, weil zahlreiche Kunden der Chemie nach wie vor vom Investitionsschub in Asien profitieren.

Allerdings hat sich das Wachstumstempo mittlerweile in fast allen Regionen verlangsamt.

Dies drückt zunehmend auf die Nachfrage nach Chemikalien. Das Wachstum wird sich daher weiter abschwächen. Ein Einbruch der Chemiekonjunktur ist jedoch nicht in Sicht.

Vor diesem Hintergrund rechnet der Verband der Chemischen Industrie für das Gesamtjahr 2008 nach den guten Vorjahren nur noch mit einer Ausweitung der deutschen Chemieproduktion von 1 %.

Bei kräftig steigenden Erzeugerpreisen wird der Chemieumsatz nach Schätzung des Branchenverbandes um 4,5 % zulegen.

 

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