Nycomed führt APMS ein
19.04.2012 -
Nycomed führt APMS ein
Wie kann eine internationale Unternehmensgruppe mit weltweit verstreuten Standorten und Vertriebsniederlassungen den Überblick über ihre Anwendungslandschaft behalten? Application Portfolio Management System (APMS) lautet die Antwort von Nycomed. Zusammen mit Arcondis hat das Pharmaunternehmen ein Werkzeug entwickelt, das als zentrales Informationssystem für alle Geschäftsapplikationen dient.
Möchte ein IT-Verantwortlicher von Nycomed in Konstanz wissen, welche Auswirkungen die Erweiterung des Produktionsplanungssystems (PPS) auf andere IT-Systeme hat, erhält er per Mausklick Auskunft darüber. Grafisch dargestellt sieht er auf einen Blick, dass das PPS der Materialwirtschaft vorgeschaltet ist und wie beide Lösungen Daten untereinander austauschen. Ein paar weitere Klicks liefern ihm zusätzliche Angaben: An welchen Standorten werden PPS und Materialwirtschaft eingesetzt? Wer verwendet die Schnittstellen? Welche neuen Verknüpfungen zwischen den Systemen werden notwendig? Wer sind die verantwortlichen Mitarbeiter vor Ort? Das Zauberwort für derartige Ad-hoc- Auskünfte heißt Application Portfolio Management System – kurz APMS. Ein derartiges System hat Nycomed vor kurzem eingeführt.
Anwendungen aus Geschäftssicht betrachten
Das Datenbankgestützte Werkzeug dient als zentrales Informationssystem für alle Geschäftsanwendungen des Pharma-Spezialisten. Ausgehend von den einzelnen Applikationen enthält es zugehörige Informationen zu Funktionalitäten, Software-Versionen, zugrunde liegenden IT-Systemen oder wichtigen Hardware- Komponenten. Dabei sind die Verknüpfungen der Anwendungen untereinander festgehalten, so dass sich das Zusammenspiel aus Sicht der Geschäftsprozesse betrachten lässt. Ein Beispiel: Aus einer elektronisch erfassten Eingangsrechnung wird durch den automatischen Austausch von Daten eine Buchung im ERP-System, aus der wiederum über den Austausch mit einer Electronic-Banking-Software eine automatische Überweisungsschrift an eine Bank entsteht. Mit Hilfe des APMS kann man nachvollziehen, welche Anwendungen dabei an welchen Stellen Daten übertragen. „Damit lässt sich identifizieren, wie sich – etwa durch die Integration neuer Lösungen – der Datenfluss optimieren lässt, so dass er den Geschäftsprozess optimal unterstützt“, sagt das strategische IT-Management von Nycomed.
Welche Informationen gehören in das APMS?
Notwendig geworden war das System aufgrund des internationalen Wachstums des Pharmaunternehmens. Die Standorte und Vertriebsniederlassungen verwalteten lange Zeit ihre IT-Systeme selbstständig, weshalb die Zentrale die Informationen im Bedarfsfall mühsam zusammentragen musste. Das APMS ging als eine von mehreren Maßnahmen aus einer internationalen IT-Strategie hervor und dient der zentralen und einheitlichen Verwaltung aller Geschäftsanwendungen bei dem Pharmakonzern. Rein technisch gesehen war die Umsetzung des APMS keine große Herausforderung, handelt es sich im Grunde genommen doch lediglich um eine Auflistung der Applikationen, zu denen alle wichtigen Informationen abgespeichert sind.
Die eigentliche Schwierigkeit lag in der Frage, welche Informationen wichtig sind und deshalb im System erfasst werden sollten. Diese Frage wurde gemeinsam mit Beratern von Arcondis aus Basel beantwortet – der Schweizer IT–Management- Spezialist war als Generalunternehmer für die Konzeption des APMS zuständig. Dabei konnte er auf die Erfahrungen aus Projekten in derselben und ähnlichen Branchen zurückgreifen. Ausgehend von einem standardisierten Katalog wurde die Auswahl der Informationen angegangen. Über ein webbasiertes Voting-System, das allen Geschäftsbereichen weltweit zur Verfügung stand, waren die ITManager vor Ort aufgefordert mitzuwirken. Anhand einer Skala von eins bis fünf stimmten sie darüber ab, wie wichtig ihnen die jeweiligen Punkte sind. Anhand des Ergebnisses wurde das APMS konzipiert.
Alle Compliance-relevanten Applikationen im Überblick
Von besonderer Bedeutung war dabei die Erfassung der Compliance-relevanten Applikationen – also solcher, die rechtliche und regulative Auflagen erfüllen müssen. Die FDA legt Pharma-Unternehmen in den USA Regeln auf, die eine hohe Qualität der Produkte sicherstellen sollen. Regeln, die sich auf die Unternehmens- IT auswirken: Systeme, die mittelbar oder unmittelbar die Produktqualität beeinflussen – beispielsweise beim Nachweis der Wirksamkeit von Medikamenten in der Forschung – müssen Qualitätsmerkmale erfüllen, die unter dem Schlagwort GxP (für Good Laboratory/ Clinical/Manufacturing Practices) zusammengefasst sind. Darüber hinaus macht der Sarbanes- Oxley Act (SOX) Vorgaben für das Finanzwesen eines Unternehmens, die ebenfalls von der IT umzusetzen sind.
Deshalb hat Nycomed die Attribute „GxP-Relevanz“ und „SOX-Relevanz“ in das APMS integriert. Damit können die IT-Manager aus der Abteilung für Qualitätssicherung auf Knopfdruck eine Übersicht über die betroffenen Applikationen erstellen. Dabei ist der Status der Validierung – also der Überprüfung, ob eine neu implementierte Anwendung den Anforderungen genügt – hinterlegt. „Wir haben sehr früh die Kollegen, die sich um die Erfüllung rechtlicher Vorgaben kümmern, in das Projekt eingebunden, um ihre Anforderungen an das APMS zu berücksichtigen. Das war ein absolut kritischer Erfolgsfaktor“, erinnert sich der Projektleiter.
Geschäftskritische Komponenten nachweisen
Über 300 Applikationen sind heute im APMS erfasst, betrieben wird das System in Konstanz. Auf der Basis der Analysen, die die Mitarbeiter des „CIO-Office“ damit erstellen, trifft der CIO seine Investitionsentscheidungen. Ein häufiger Anwendungsfall ist dabei – neben den bereits erwähnten Beispielen – der Nachweis der Geschäftsrelevanz von Software- Komponenten. Welche Folgen beispielsweise der Ausfall eines Servers auf den Ablauf eines Geschäftsprozesses hat, lässt sich durch die im APMS vorhandenen Verknüpfungen feststellen: Es zeigt alle Systeme an, die mit dem ausgefallenen Server Daten austauschen und ohne den Server nicht oder nicht vollständig arbeiten können. Wenn eine ganze Prozesskette durch den Ausfall des Servers lahm gelegt werden kann, sollte dieser zur Sicherheit doppelt ausgelegt sein. Ist die Redundanz nicht vorhanden – auch das lässt sich mit Hilfe des APMS feststellen – muss die IT-Landschaft entsprechend ausgebaut werden, um den reibungslosen Ablauf der Prozesskette sicherzustellen.
Für Analysen dieser Art gibt es allerdings eine grundsätzliche Voraussetzung: Wie jede Datenbank-gestützte Lösung ist auch das APMS nur so gut, wie es gepflegt ist. Sobald die Daten veraltet sind, ist es praktisch wertlos. Deshalb wurde bei der Konzeption des APMS die Pflege der Datenbank in den so genannten „Change Management Prozess“ integriert. Er legt unter anderem fest, wie sich die Mitarbeiter bei der Änderung von Systemen verhalten sollen. Für das APMS bedeutet das: Gibt es irgendeine Änderung an einer Geschäftsanwendung, ist diese sofort im System zu erfassen.