Strategie & Management

Daten auf der Wanderschaft

Qualitätsgesicherte Datenmigration als Dienstleitung

23.09.2010 -

Ansprechend sieht sie schon aus, die Benutzeroberfläche der neuen Software und intuitiv bedienbar ist sie auch. Doch seit der Einführung des neuen Materialwirtschaftssystems mehren sich die Klagen. Die Angestellten sind total frustriert, irgendwie ist der Wurm drin. Ein Kunde beschwert sich, weil er seine seit langem bestellte Ware immer noch nicht erhalten hat - dafür hat er die Rechnung inzwischen bereits doppelt. Der ihm sonst eingeräumte Rabatt wurde dabei aber nicht berücksichtigt. Ein anderer ist bereits abgesprungen und zur Konkurrenz gewechselt. Ein Lieferant ruft an und fragt, ob man sich sicher sei, dass diesmal 20 t des teuren Additivs geliefert werden sollen statt wie sonst 20 kg.

Die Daten sind der Schatz

Was ist passiert? Taugt das neue Materialwirtschaftssystem doch nichts? „Das ist eher unwahrscheinlich", erläutert Eckhard Haffmann, Geschäftsführer der Gesellschaft für integrierte Systemplanung (GiS) und Inhaber des Ingenieurbüros Haffmann (ibH). „In den meisten Fällen ist nicht die Software der Schuldige, sondern es sind fehlerhafte Daten. Eine Software kann so gut sein wie sie will, wenn sie nicht mit den richtigen Daten gefüttert wird, kann sie auch nicht das leisten, was sie soll." Aber wieso sollten die Daten nicht mehr in Ordnung sein? Mit der alten Software funktionierte doch zumindest auf Teilgebieten alles ganz wunderbar? Das liegt ganz einfach daran, dass bei der Umstellung auf ein neues Anwendungssystem die Altdaten nicht unverändert im neuen System zu gebrauchen sind.

Datenmigration - kein Buch mit sieben Siegeln

Aber wie bekommt man die Daten ordnungsgemäß aus einem System ins andere? „Das ist keine triviale Aufgabe", betont Haffmann. „Unser ibH hat die notwendigen Softwaretools entwickelt und kompetenten Mitarbeiter, die die Aufgabe der Datenmigration bewältigen - auf qualitätsgesicherte Weise."

Wenn jemand sich für ein neues DV-System in einem bestimmten Anwendungsbereich im Unternehmen entscheidet, dann hat er in aller Regel schon gewichtige Gründe dafür. Häufig ist es so, dass er z.B. eine Vielzahl gewachsener Teilsysteme mit jeweils eigener, aber überwiegend redundanter Datenhaltung hat, die er in ein Gesamtsystem mit einer redundanzfreien Datenbank überführen möchte.
Eine manuelle Datenneuerfassung mit dem neuen DV-System kann eigentlich nur dann gerechtfertigt werden, wenn es überhaupt keine brauchbaren Altdaten gibt und das System sozusagen auf „der grünen Wiese" aufgebaut wird. Eine solche Situation gibt es nach heutzutage aber so gut wie nicht mehr. Jeder hat irgendwo gespeicherte Daten oder zumindest den Zugang zu solchen.

Hierbei geht man sinnvollerweise vom Neusystem und den von ihm benötigten Daten und Strukturen aus und man prüft im Altdatenbestand, ob und in welcher Form diese Daten und Strukturen dort vorhanden sind (Altdatenanalyse). Daten die nicht vorhanden sind, müssen neu beschafft werden, Daten, die zwar vorhanden, aber nicht in der erforderlichen Form vorliegen, müssen entsprechend aufbereitet werden.

Der Teufel steckt im Detail

Mit Sicherheit sind die Schlüsselfelder des neuen Systems anders strukturiert als die des alten. Daher sind Regeln festzulegen, wie sich die bisherigen Schlüssel in das neue Format konvertieren lassen. „Diese Konvertierung muss reproduzierbar sein, um bei einem auftretenden Fehler während der Altdatenübernahme den Quelldatensatz sicher wiederzufinden" betont Haffmann. Auch die Datentypen können andere sein, so dass die Altdaten konvertiert werden müssen. Besonders zu beachten sind dabei die Maßeinheiten. Die Werte müssen dementsprechend umgerechnet werden.

Wurde im Altsystem zur Eingabeprüfung ein Thesaurus verwendet, dann muss geprüft werden, ob diese Thesaurusangaben auch im neuen System ihre Gültigkeit haben. Gibt es Unterschiede, dann müssen Regeln die korrekte Umsetzung der Werte vorgeben. Für Texte sollte festgelegt werden, ob die Zeilenumbrüche beibehalten werden. Im neuen System kann es andere Zeilenlängen geben. Sind diese gleichlang oder länger als im Altsystem, dann gibt es keine Probleme. Sind sie aber kürzer, dann muss eine Regel aufgestellt oder der Text manuell nachbearbeitet werden. Die manuelle Nachbearbeitung empfiehlt sich aber nicht, weil sie bei umfangreichen Texten oder großer Anzahl viel zu zeitaufwendig ist.
Die gleiche Problematik besteht natürlich auch für Schnittstellen vom Neusystem zu verbundenen/integrierten Systemen. Die können auch nur funktionieren, wenn die Semantik der auszutauschenden Daten in beiden Systemen übereinstimmt. Für all diese Aufgaben braucht man die Mitarbeit der entsprechenden Fachabteilungen und leistungsfähige Tools, die diese Aufgabenstellung sinnvoll unterstützen.

Was braucht man zur Datenmigration?

Es wird ein Analyse-Tool benötigt, das die vorhandenen Daten formal prüft und den Füllungsgrad der Felder feststellt. ibH setzt (neben einem eigenen Produkt) dafür auch eine sehr leistungsfähige Fremdsoftware ein, die u.U. auch noch eine Fehleranalyse und vorgezogene Fehlerbereinigung ermöglicht.

Nunmehr muss festgestellt werden, was das Zielsystems hinsichtlich der verarbeitbaren Daten erwartet. In einem Mapping wird die Altstruktur der Neustruktur gegenübergestellt. Jede Spalte, jedes Feld muss für das Alt- und das Neusystem durchgegangen und definiert werden, welche Quelle, also welcher Altwert, in welche Zelle des neuen Systems wandern soll und in welchem Format - z.B. wieviele Stellen eine Kundennummer haben muss oder in welcher Einheit eine Größe einzugeben ist. Dies wird mit einem Mapping-Tool dokumentiert, das vorgibt, welche Felder im Zielsystem welchen Feldern in den Altsystemen entsprechen und wie diese aufbereitet werden müssen, um ins Zielsystem übernommen werden zu können. Auch dazu nutzt ibH ein eigenes Produkt.

Die Aufbereitung erfolgt bei ibH mit Hilfe eines ETL-Tools, das die Aufbereitung großer Datenbestände über frei vorgebbare Regeln bewerkstelligt. Die Regeln werden aufgrund der Angaben aus dem Mapping-Tool erstellt und werden sinnvollerweise von den datenverantwortlichen Fachabteilungen freigegeben (schließlich wollen die Fachabteilungen sicher sein, dass ihre mühsam erfassten Daten auch richtig übernommen werden). Mit wenigen Datensätzen ist zu testen, ob die Regel funktioniert. Diese Regelentwicklung ist ein iterativer Prozess und erfolgt in enger Abstimmung mit dem Auftraggeber.
Die aufbereiteten und ergänzten Daten können dann über sogenannte Einspielklassen in das Zielsystem eingespielt werden. Dabei abgelehnte Daten müssen nachbearbeitet und erneut eingespielt werden.

Die überspielten Daten müssen im Zielsystem von den jeweils datenverantwortlichen Stellen erneut in der Zielumgebung getestet werden. Stellen sich dabei Unstimmigkeiten heraus, müssen auch die behoben werden. Dieser Zusammenhang ist in Abb. 1 skizziert.
Das Thema „Migration von Altdaten" aus unterschiedlichsten Einzelsystemen in ein ganzheitliches Zielsystem wird von Systemverkäufern gerne heruntergespielt. Darauf darf sich ein Systemorganisator aber keinesfalls einlassen, denn die Kosten dafür können leicht ein Vielfaches der Softwarekosten annehmen. Sehr unangenehm ist dabei, dass diese Kosten zuvor nur sehr schwer abgeschätzt werden können. Ohne eine abgeschlossene Zielsystem-Struktur und ohne eine durchgeführte Datenanalyse lässt sich dazu überhaupt keine Aussage machen. Daher werden Migrationsaufträge in der Regel auch als Aufwandsaufträge abgewickelt!

Darüber hinaus kommt es bei der Kostenschätzung ganz entscheidend auf die zum Einsatz kommenden Tools und die Erfahrung des Durchführenden an. Außerdem spielt für die Akzeptanz auch die Einführungsstrategie eine ganz entscheidende Rolle. Löst man die Altsysteme alle zu einem bestimmten Stichtag ab, so spricht man von einem „Big Bang"; lässt man Alt- und Neusystem noch eine Weile parallel laufen, dann spricht man von einer mehrstufigen Einführung.

 

Nicht mit Unzulänglichkeiten leben!

Interview mit Eckhard Haffmann, Ingenieurbüro Haffmann

CHEManager: Herr Haffmann, woher kommen Ihre Kunden?

E. Haffmann: Der größte Teil unserer Kunden sind bisher Kraftwerksbetreiber in Deutschland und der Schweiz. Wir möchten unseren Kundenkreis aber erweitern. Insbesondere die chemische Industrie und verwandte Branchen könnten von unseren Dienstleistungen im Bereich der Datenmigration profitieren.

Lässt sich das Vorgehen bei der Datenmigration denn so einfach von Kraftwerken auf ein Chemieunternehmen übertragen?

E. Haffmann: Eine Datenmigration läuft bei Chemiefirmen nicht anders als bei Kraftwerken. Dabei spielt auch keine Rolle, ob es sich bei den zu übertragenden Altdaten um technische oder betriebswirtschaftliche Daten handelt. Eine professionelle Datenmigration ist auch vonnöten, wenn beim z.B. beim Bau einer Produktionsanlage Daten, die der Anlagenbauer ja bereits mitliefert, ins eigene System übernommen werden und mit den Daten anderer Lieferanten harmonisiert werden sollen. Mancher kapituliert vor der Fülle der Daten und lebt lieber mit Unzulänglichkeiten, wie mehreren getrennten Systemen. Wir wissen, wie wir diese Aufgabe zu bewältigen haben, und können helfen.

Und wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen ist, sprich, die Übernahme der Altdaten bereits stattgefunden hat und Probleme auftreten?

E. Haffmann: Auch dann können wir helfen und signifikante Verbesserungen für bestehende Anwendungen erreichen. Allerdings sollte man diese Aktion so schnell wie möglich angehen, weil fehlerhafte Daten die unangenehme Eigenschaft haben, sich zu vermehren und damit das gesamte System wertlos machen.

Kontakt

ibH Ing.-Büro E. Haffmann

Zeppelinstr. 11
91052 Erlangen
Deutschland

+49 9131 7147 11