Roche bleibt Standort treu
Eine Milliarde für Penzberg
In der Medizin von morgen werden therapeutische Proteine und andere mit biotechnischen Verfahren erzeugte Wirkstoffklassen eine große Bedeutung haben. Denn mit Protein-Medikamenten lassen sich Patienten gezielter, erfolgreicher und individueller behandeln. Diese Prognose erklärt die unübersehbare Eroberung immer größerer Marktanteile durch Biotech-Pharmaka.
Dennoch ist die Produktion dieser neuartigen Biotech-Wirkstoffe technologisch wesentlich anspruchsvoller als die Herstellung klassischer, auf kleineren Molekülen beruhender Arzneien. Biopharmazeutika basieren auf Molekülen, die wegen ihrer Komplexität nur in lebenden Zellen und mit ausgeklügelten Herstellungsverfahren produziert werden können. Im industriellen Maßstab betriebene Biotechnologie erfordert daher bestens ausgebildetes Personal, intensive Prozesserfahrung und eine optimale Technologiebasis. Um einen hierfür geeigneten Standort zu schaffen, oder bereits vorhandene Standorte zu verbessern, bedarf es der unternehmerischen Bereitschaft zu großen Investitionen.
Synergie-Knoten
In Penzberg gibt es einen solchen Standort. Hier befindet sich, in einem Biotech-Zentrum, alles an einem Ort: Forschung, Entwicklung und Produktion - für beide Roche-Divisionen Diagnostics und Pharma. Bereits Mitte der 80er Jahre wurden in Penzberg diagnostische Antikörper produziert. Bis heute haben sich in dem südlich von München gelegenen „Center of Excellence" die notwendigen Kernkompetenzen herausgebildet, die das Werk für die zuverlässige Produktion therapeutischer Proteine prädestinieren.
Der Schwerpunkt der derzeitigen F&E-Arbeit in Penzberg liegt auf der Entwicklung neuer Therapeutika für die Onkologie. Das Roche-Medikament Herceptin, das bereits weltweit zur Behandlung von Brustkrebs eingesetzt wird, ist ein Meilenstein auf diesem Gebiet. Unter anderem der Erfolg dieser Krebsarznei veranlasste das Unternehmen dazu, die Summe von 290 Mio. € in eine neue biotechnologische Produktionsanlage zu investieren.
Sie wurde im Juli 2007 unter dem Namen Biologics IV in Penzberg eingeweiht. Die Zulassung durch die zuständigen EU-Behörden wird für das Jahr 2009 erwartet. In dieser Einheit findet dann die Produktion des humanisierten Antikörpers Trastuzumab, des Wirkstoffs von Herceptin, statt, der von Penzberg an die Roche-Standorte Mannheim oder Basel für die Herceptin-Herstellung weitergegeben wird.
Der Milliarden-Sprung
Mitte Januar 2008 beschloss die Roche-Konzernleitung in Basel noch einmal viel Geld in Neuerungen zu investieren. Für das Projekt TP Expand wurden weitere 172 Mio. € bewilligt. Das bedeutet zum einen die Überschreitung der Milliarden-Marke für Investitionen am Standort Penzberg, zum anderen signalisiert Roche mit dieser Entscheidung, dass es weiter verstärkt in die Entwicklung therapeutischer Proteine investiert. Mit TP Expand werden die Kapazitäten der Einheiten Biologics Technical Sciences und Pharma Biotech Development ausgebaut. Dabei geht es in erster Linie um die Entwicklung effizienterer Zell-Linien, die Erarbeitung und Validierung geeigneter Herstellverfahren und die Bereitstellung weiterer Proteinwirkstoffe für klinische Studien.
Das alles fügt sich in die gesamte Ausrichtung der Roche-Strategie, die Potenzen im Bereich Biotechnologie systematisch zu erweitern, ein. Derzeit hat das Unternehmen schon vierzehn Biopharmazeutika auf dem Markt, deren Anteil über 50% am Konzern-Umsatz ausmacht. Überdies verfügt Roche über eine der Branche sehr viel versprechenden Biotech-Pipeline.
Politischer Klimaschutz
Natürlich engagiert sich ein Unternehmen mit so erheblichen und kontinuierlichen Investitionen, wie Roche in Penzberg, nur in einem entsprechenden Umfeld. Deutschland gehört, - auch in globalem Vergleich - aufgrund seiner guten politischen und strukturellen Rahmenbedingungen nach wie vor zu den führenden Standorten der Pharmabranche. Besonders in Bayern sind die Voraussetzungen für die Biotechnologie sehr günstig. Im Raum München befindet sich ein sehr leistungsstarkes Biotech-Cluster für Europa, das mit zahlreichen Instituten, Start-ups und einem großen Angebot an hervorragend ausgebildeten Menschen ausgestattet ist. Auch die lokale Infrastruktur und die Zusammenarbeit mit den zuständigen Verwaltungs- und Zulassunsgbehörden kommen dieser günstigen Position entgegen.
Doch Unternehmen, die mit enormem Kapitaleinsatz arbeiten, müssen stets ihr Augenmerk auf Bereiche richten, in denen sich Investitionen auch zukünftig lohnen. Es ist die Aufgabe der Politik, darauf zu achten, dass weiterhin günstige Rahmenbedingungen für Innovation und Wachstum erhalten bleiben. Was an politischen Regulierungen praktiziert und diskutiert wird, ist mit Blick auf Innovationsverträglichkeit kritisch zu betrachten. Der derzeit in Deutschland kursierende Maßnahmenkatalog aus Festbeträgen, Zwangsrabatten, Bonus-Malus-Systemen, Preismoratorien oder einem vollen Mehrwertsteuersatz auf Arzneimittel, wird von der Betrachtung darf davon nicht ausgenommen werden. Auch benötigt man für junge Forscher in Deutschland mehr Anreize, im eigenen Lande zu arbeiten.
All diese Maßnahmen, die den politischen „Investitions-Klimaschutz" für Deutschland aufrechterhalten, gelten natürlich ebenso auf EU-Ebene.