Standorte & Services

Dr. Ulrich Ott, Clariant, im Interview: Schlanker und weniger komplex

01.02.2010 -

Für den Spezialitätenchemiekonzern Clariant mit Sitz in der Schweiz ist Deutschland, und hier insbesondere das Rhein-Main-Gebiet, der bedeutendste Produktionsstandort. In Gesellschaften an den Rhein-Main-Standorten Frankfurt-Höchst, Sulzbach und Wiesbaden sind rund 2.300 Mitarbeiter - das sind etwa die Hälfte aller Mitarbeiter bundesweit - beschäftigt. Mitte November kündigte der Konzern an, sein weltweites Standortnetzwerk zu optimieren. Im Zuge dessen sollen einige ausländische Standorte geschlossen und einzelne Anlagen in Deutschland stillgelegt werden. Dr. Michael Reubold befragte dazu Dr. Ulrich Ott, Geschäftsführer der Clariant Verwaltungsgesellschaft  und der Clariant Produkte (Deutschland).

CHEManager: Herr Dr. Ott, wie wirkt sich die konzernweite Reorganisation von Clariant auf den Standort Rhein-Main aus?

U. Ott: Clariant betrachtet derzeit sehr intensiv sein weltweites komplexes Standortnetzwerk. Ziel ist es, die Organisation der durch die Wirtschaftskrise geschrumpften Nachfrage anzupassen sowie die Strukturen effizienter und damit wettbewerbsfähiger zu gestalten. Bei den Restrukturierungsmaßnahmen ist auch ein erheblicher Personalabbau in allen Organisationseinheiten unumgänglich. Darüber hinaus wird Clariant weltweit die Produktionskapazitäten konsolidieren und reduzieren, um eine deutlich günstigere Kostenposition zu erreichen. Das hat auch Auswirkungen auf den größten Standort hier im Rhein-Main-Gebiet. Im Rahmen des Restrukturierungsprogramms wurden in diesem Jahr bisher rund 200 Stellen abgebaut. Der Schwerpunkt liegt hierbei im SG&A-Bereich, d. h. bei Verwaltungs- und Servicefunktionen, Forschung und Entwicklung und zu einem kleineren Teil die Produktion.

Inwieweit ist der Standort Rhein-Main durch eine rückläufige Nachfrage aus wichtigen Abnehmerindustrien von der Wirtschaftskrise betroffen?

U. Ott: In Höchst werden vorwiegend organische Pigmente hergestellt, die hauptsächlich in Auto-, Industrie- und Bautenlacken sowie Druckfarben Anwendung finden. Außerdem werden Pigmente verwandt, um Folien und Kunststoffe einzufärben. In all den Bereichen trifft uns der Nachfragerückgang sehr stark. Viele Anlagen sind derzeit nur etwa zur Hälfte ausgelastet. Die Pigmentindustrie ist momentan leider weltweit von erheblichen Überkapazitäten geprägt. Eine ähnliche Situation finden wir in unserer Wachsproduktion am Standort Höchst vor. Allerdings sehen wir hier eine leichte Verbesserung der Auftragslage. Von der aktuellen Krise weniger betroffen ist die Herstellung von Waschmittelzusatzstoffen in Wiesbaden. Hier sind die Anlagen derzeit gut ausgelastet, was auf die deutlich stabilere Nachfrage im Consumer-Bereich zurückzuführen ist. Trotz der aktuellen Herausforderungen werden die Standorte Höchst und Wiesbaden jedoch weiterhin für die Business Units wichtige Standorte bleiben.

Gibt es neben den angesprochenen Kostensenkungsmaßnahmen als Reaktion auf die wirtschaftliche Situation auch nennenswerte Investitionsprojekte?

U. Ott: Ziel von Clariant ist es, als bedeutendes Spezialchemieunternehmen bis Ende 2010 eine überdurchschnittliche Industrieposition zu erreichen und mit gezielten Innovationen und Investitionen ab 2011 einen Kurs nachhaltigen profitablen Wachstums einzuschlagen. Der Schwerpunkt unserer Maßnahmen liegt derzeit darin, die Kosten zu senken und die Unternehmensstrukturen an die geänderten Bedingungen anzupassen, uns schlanker und weniger komplex aufzustellen. Darüber hinaus liegt das Hauptaugenmerk auf dem Erhalt unserer aktuell sehr soliden Liquidität. Über eine konsequente und nachhaltige Reduktion unserer Vorräte und ein stringentes Margenmanagement haben wir unsere Cash-Position bereits erheblich gestärkt. Damit stellen wir auch sicher, dass wir unsere Restrukturierungsmaßnahmen konsequent und zügig durchführen können. Alle Geschäftsbereiche müssen zu dem Restrukturierungsprogramm beitragen. Dies gilt auch für Forschung und Entwicklung. Wir werden diese für die Zukunft wichtige Funktion in den kommenden Monaten neu organisieren und konsequent an Wachstumssegmenten ausrichten.

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