Heraeus – 150 Jahre innovativ
Der Hanauer Konzern feiert den 150. Geburtstag seines Chefentwicklers Richard Küch
„Innovationen sind ein wichtiges Standbein unserer Wachstumsstrategie. Sie sollen neue Marktsegmente erschließen und Plattformen für neue Technologien für unser Unternehmen ermöglichen", sagt Dr. Frank Heinricht, Vorsitzender der Geschäftsführung beim Hanauer Heraeus-Konzern und steht damit in Tradition von Wilhelm und Heinrich Heraeus, Söhne des Firmengründers Wilhelm Carl Heraeus, die das Unternehmen Ende des 19. Jahrhunderts leiteten. Die Heraeus-Brüder engagierten im Jahr 1890 den Chemiker und Physiker Dr. Richard Küch als Leiter der wissenschaftlichen Forschung für die familieneigenen Platinschmelze und legten damit den Grundstein für die Entwicklung des Unternehmens zum heute weltweit agierenden Technologiekonzern.
Küchs Arbeit bei Heraeus trug schnell Früchte. Bereits 1891 reichte das Unternehmen unter seiner Regie das erste Patent der Firmengeschichte ein: das Reichspatent 63591 patentiert die Vergoldung von Platinblech. Das Gold-Platin-Blech wurde zu Kesseln verarbeitet, die zur Aufkonzentration von Schwefelsäure dienten.
Weitere bahnbrechende Erfindung sollten folgen: So optimierte Küch die Herstellung von edelmetallhaltigen keramischen Farben wie Glanzgold, Glanzplatin oder Poliergold und entwickelte ein Verfahren zur Gewinnung von hoch reinem, blasenarmem Quarzglas durch Schmelzen von Bergkristall. Die 1904 von Küch entworfene Quecksilberdampf-Quarzglaslampe macht ihn zum Erfinder der UV-Hochdrucklampe und Wegbereiter der Körperbestrahlung mit künstlichen Lichtquellen.
Heraeus wächst mit den Innovationen von Küch
Küchs Entwicklungen trugen nicht nur entscheidend zum Wachstum des Unternehmens bei, Weiterentwicklungen seiner Erfindungen sind auch bis heute in Industrie und Alltag anzutreffen. Dazu zählen Platinlegierungen für die chemische Industrie oder hoch reines Quarzglas in Form von Lichtleitfasern für optische Nachrichtentechnik via Glasfaserkabel oder als Prozessmaterial für die Herstellung immer kleinerer Mikrochips. Von Küch stammt auch das normierte Platin-Widerstandsthermometer. Mit seinem Verfahren werden heute Temperaturmessungen durchgeführt, Beispielsweise dienen moderne Sensoren in Dünnschichttechnik zur Temperaturkontrolle in Automobilen oder im Backofen. Und die erste künstliche Höhensonne aus Hanau wurde zum Vorreiter von Ultraviolett-Strahlern, die heute zu therapeutischen Zwecken in der Medizin oder zur umweltfreundlichen Entkeimung von Trinkwasser genutzt werden.
Der Pioniergeist aus der Wende zum 19. Jahrhundert ist im Familienunternehmen geblieben, Innovation zur Firmenphilosophie geworden. Noch heute wird bei Heraeus an den Grenzbereichen der Materialwissenschaft geforscht, entwickelt und patentiert. Jede Entwicklergeneration vermehrt diese Vielfalt. Immer geht es dabei um die Frage, welche physikalische oder technische Restriktion sich überwinden, welche Grenze sich verschieben ließe. Dieser stetige Erfindergeist ließ Heraeus zu einem Weltkonzern werden, der heute über rund 5.500 Patente verfügt und in den Bereichen Edelmetalle, Materialien und Technologien, Sensoren, Biomaterialien und Medizinprodukte, Dentalprodukte sowie Quarzglas und Speziallichtquellen aktiv ist. Weltweit beschäftigt der Konzern 12.300 Mitarbeiter und erzielt einen Produktumsatz von 2,6 Mrd. € und einen Edelmetallhandelsumsatz von 13,6 Mrd. €.
Innovationskultur bei Heraeus
Verkürzte Innovationszeiten und kürzere Produktlebenszyklen machen es notwendig, dass Unternehmen immer schneller neue Produkte entwickeln müssen. Um das Innovationspotenzial bei Heraeus zu fördern, setzt der Technologiekonzern auf eine Innovationskultur, bei der die Entwickler der einzelnen Konzernbereiche über den Tellerrand der eigenen Entwicklungsprojekte hinausschauen und sich mit anderen Entwicklern regelmäßig austauschen.
Heraeus bringt sich gezielt in Netzwerke ein, um neue Produkte, Prozesse und Konzepte für seine Kunden zu entwickeln. Da nicht alle Entwicklungen im eigenen Haus durchgeführt werden können, nutzt das Unternehmen die Zusammenarbeit mit materialwissenschaftlichen Fakultäten verschiedener Universitäten und Fachhochschulen in Deutschland und Europa sowie lokale Kooperationen mit Universitäten in China, Korea und den USA. Darüber hinaus kooperiert Heraeus mit mehreren Fraunhofer- und Max-Planck-Instituten und engagiert sich in Material- und Werkstoffkompetenz-Netzwerken wie Materials Valley.
Zwar gibt es auch heute noch Erfindergenies wir Richard Küch, doch fallen ihre bahnbrechende Erfindungen nicht mehr im selben Maße auf. Zum einen entstehen Erfindungen verstärkt im Team, zum anderen haben sich die Menschen über die Jahrzehnte durch die fortschreitende Technisierung und das exponentiell wachsende Wissen an Außergewöhnliches gewöhnt. Der jährlich intern ausgeschriebene Innovationspreis will dem entgegenwirken und den erfolgreichen Wissenschaftlern wieder mehr Aufmerksamkeit geben. Er wurde im Jahr 2003 erstmals verliehen. Seitdem reichten Heraeus-Mitarbeiter über 150 Produktinnovationen ein, 21 Produkte davon wurden prämiert. Der Innovationspreis ist neben der Einführung von Technologietagen zum Austausch der Heraeus-Entwickler untereinander und dem Aufbau externer und interner Wissensnetzwerke ein wesentlicher Baustein einer Innovationskultur, mit der das ohnehin schon hohe Innovations- und Entwicklungspotenzial im Unternehmen noch intensiver gefördert und eine Plattform für Spitzenleistungen geschaffen werden soll.
Heraeus ist „Ausgewählter Ort 2010" im Land der Ideen
Die Innovationsstrategie des Konzerns zeigt Erfolg. Das belegt aktuell die Auszeichnung von Heraeus als „Ausgewählter Ort 2010" im Wettbewerbs „365 Orte im Land der Ideen" am 30. August 2010, dem 150. Geburtstag des Heraeus-Chefentwicklers. Beworben hatte sich das Unternehmen mit dem mit dem QRC-Infrarotstrahler (QRC = quartz reflective coating). Der Infrarotstrahler ist mit einem Nanoreflektor aus hoch reinem Quarzglaspartikeln ausgestattet, der Wärme bündelt und dabei eine präzise Steuerung der Temperatur ermöglicht. Er wird zur Beschichtung von Solarzellen genutzt, die sich auf diese Weise deutlich energieeffizienter herstellen lassen. Auch für diese Innovation hat - genau wie für viele andere High-Tech-Produkte von Heraeus - legte Richard Küch vor über 100 Jahren mit seinen Erfindungen den Grundstein.