Strategie & Management

Ein Fußabdruck aus Treibhausgas

Henkel hat in einem zukunftsweisenden Pilotprojekt den „Carbon Footprint“ von zwei Produkten berechnet

02.02.2010 -

Der „Carbon Footprint" oder „CO2-Fußabdruck" ist ein Maß für alle Treibhausgasemissionen, die im Lebenszyklus eines Produkts anfallen. Ergebnisse aus dem Pilotprojekt „Product Carbon Footprint" zeigen, wie viele Treibhausgasemissionen mit der Herstellung von Fugendichtstoffen für Fensterabdichtungen sowie von Kaschierklebstoffen verbunden sind - und dass ihre Nutzung deutlich mehr Emissionen einsparen kann.

Treibhausgase, Erderwärmung, Klimawandel: eine verhängnisvolle Kettenreaktion, wie wissenschaftliche Untersuchungen belegen. Den Klimawandel aufzuhalten, gehört zu den schwierigsten Aufgaben unserer Zeit. CO2-Fußabdrücke können zeigen, wie klimaverträglich Waren und Dienstleistungen sind und wo sich Emissionen einsparen lassen. Im Rahmen des bundesweiten, vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Product-Carbon-Footprint-Pilotprojekts hat Henkel zusammen mit dem Ökoinstitut erstmals berechnet, wie viel Treibhaus­gasemissionen mit der Herstellung von Fugendichtstoffen für Fensteranschlussfugen und von Kaschierklebstoffen verbunden sind - und wie viel Emissionen ihr Gebrauch einsparen kann. Da es noch keinen abgestimmten Carbon-Footprint-Standard gibt, war die Grundlage die internationale Norm zur Ökobilanz ISO 14040/44.

Pionierarbeit bei der Datenerfassung

Während der Heizperiode verlieren Häuser einen großen Teil der Heizenergie über die Fenster. Wie viel, das hängt nicht nur von den Fenstern ab: Auch die Fugen zwischen Fenstern und Mauerwerk sind kritische Stellen. Fugendichtstoffe schützen das Haus außen vor eindringender Feuchtigkeit. Innen verhindern sie, dass die warme Luft entweicht und Heizenergie verloren geht - vorausgesetzt, die Dichtungen sind einwandfrei.

Zu den erstmals untersuchten Fugendichtstoffen gehören eine Polyurethan-Dichtungsmasse, eine weitere, die auf Silan-terminierten Polyethern basiert, und ein Silikonprodukt. Die Berechnungen beziehen sich auf ein Fenster mit Dämmung im Raum eines Wohnhauses. Zudem wurde untersucht, in welchem Ausmaß die Dichtungen über eine angenommene Fenster-Lebensdauer von 40 Jahren vor unnötigem Energieverlust schützen können und dazu beitragen, den Ausstoß klimaschädlicher Gase zu verringern.

Der ermittelte CO2-Fußabdruck bezieht sich auf die inneren und äußeren Fugenabdichtungen des Fensterrahmens sowie den Polyurethanschaum der Kernisolierung. Die Bilanzgrenzen umfassen Rohstoffgewinnung und -transport, Produktion von Dichtstoffen, Schaum und Verpackung, Distribution, den Vergleich der Anwendung der drei Isolierungssysteme über die Lebensdauer des Fensters sowie Entsorgung und Recycling der Verpackungsmaterialien.
Die Erfassung von CO2-Fußabdrücken ist oft noch Pionierarbeit. Meist sind die dazu benötigten Daten nicht im erforderlichen Umfang und in der notwendigen Qualität verfügbar. Dies stellt eine der größten Schwierigkeiten dar. Das galt auch hier: Originaldaten zu den verwendeten Rohstoffen gab es nur vereinzelt. Deshalb mussten Werte für die Rohstoffe aus vorhandenen Daten abgeleitet werden.

Ergebnisse für Fugendichtstoffe

Der CO2-Fußabdruck für ein Kilogramm Dichtstoff liegt zwischen 2,6 und 4,2 kg CO2. Mehr als die Hälfte daran machen die Rohstoffe und der Produktionsprozess aus. Die Nutzungsphase ist in diesen Werten noch nicht enthalten. Wärmeverluste über Fensterdichtungen im Lauf von 40 Jahren hängen von sehr vielen Faktoren ab. Deshalb wurden mögliche Verluste in Modellrechnungen erfasst. Während absolute Werte schwer zu bestimmen sind, bestätigen die Modellrechnungen: Mit hochwertigen, langlebigen Dichtstoffen und bei regelmäßiger Wartung der Fugen können sich über die Lebensdauer eines Fensters rund 1.000 Mal mehr Emissionen einsparen lassen, als bei der Herstellung der Dichtstoffe ursprünglich verursacht wurden. Das zeigt, wie wichtig die rechtzeitige Erneuerung der Fugenabdichtungen ist, um signifikant Heizkosten zu sparen.

Kaschierklebstoffe


Lebensmittelverpackungen und andere flexible luft- und wasserdichte Verpackungen bestehen oft aus miteinander verklebten Folien. Die dafür notwendigen Klebstoffe heißen Kaschierklebstoffe. Grundsätzlich unterscheidet man drei Klassen: lösemittelhaltige, lösemittelfreie und wasserbasierte Kaschierklebstoffe. Die Art der Klebstoffe bestimmt den Kaschierprozess und die damit verbundenen Emissionen. Deshalb wurden CO2-Fußabdrücke für alle drei Kategorien berechnet und der Kaschierprozess mit einbezogen. Es handelt sich um einen lösemittelbasierten 2-Komponentenklebstoff auf Polyurethanbasis, einen lösemittelfreien 2-Komponentenklebstoff auf Basis reaktiver Polyurethane sowie um einen wasserbasierten Einkomponentenklebstoff auf Basis von Acrylaten.

Die Rechnungen beziehen sich auf eine von zwei Folien über eine Fläche von 100 m2. Die Bilanzgrenzen umfassen Gewinnung und Herstellung der Rohmaterialien, Transport zu den Produktionsstandorten, Weiterverarbeitung zu den Klebstoffen, Verpackung und Transport zu Industriekunden sowie die Anwendung in Kaschieranlagen. Auch hier war die Datenlage zunächst nicht gut, sodass ähnlich wie bei den Fugendichtstoffen vorgegangen wurde.

Ergebnisse für Kaschierklebstoffe

Der CO2-Fußabdruck der Kaschierklebstoffe lag zwischen 0,9 und 3 kg CO2 bezogen auf 100 m2 verklebte Folie oder 4,1 und 4,7 kg für 1 kg Produkt. Den größten Anteil machten die enthaltenen Bindemittel aus. Der lösemittelfreie Klebstoff hat den kleinsten CO2-Fußabdruck. Lösemittelfreie Kaschierklebstoffe punkten zudem mit ihrer Energie und kostensparenden Anwendung. Das ist ein wichtiges Argument für einen Wechsel von lösemittel- oder wasserbasierten zu lösemittelfreien Systemen. Insgesamt macht der Anteil der Emissionen, die mit den Klebstoffen verbunden sind, in Lebensmittelverpackungen nur einen sehr geringen Prozentsatz des Fußabdrucks der gesamten Verpackung aus.

Gutes Instrument

Die Berechnungen der CO2-Fußabdrücke sind ein gutes Instrument für die Bewertung der Klimaverträglichkeit von Produkten und Prozessen. Sie können aufschlüsseln, welche Rohstoffe und Prozessschritte besonders hohe Emissionen verursachen und wo Verbesserungspotentiale liegen. Sie stützen somit einen innovativen, nachhaltigen Konsum. Wichtig ist, dass die Erkenntnisse verständlich kommuniziert werden. Eine bloße Angabe von Zahlen sagt zu wenig aus. Zudem vernachlässigen CO2-Fußabdrücke andere Umweltauswirkungen, die durch umfassendere Lebenszy­klusanalysen erfasst werden. Für eine vollständige ökologische Bewertung müssen weitere Umweltkategorien berücksichtigt werden.

Internationale Harmonisierung notwendig

Es gibt immer noch keine international harmonisierte Methode für die Erfassung von CO2-Fußabdrücken. Das ist für die Vergleichbarkeit jedoch unbedingt notwendig. Wichtig für die Gesamteinschätzung der Klimaverträglichkeit ist, in die Berechnungen auch die Anwendung oder Gebrauchsphase der Produkte mit einzubeziehen. Das ist im Fall der Fugendichtstoffe die Abdichtung über die Lebensdauer eines Fensters. Im Fall der Kaschierklebstoffe ist es der Kaschiervorgang.

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