Anlagenbau & Prozesstechnik

Trockene Luft – Fluch und Segen?

Sicher Entfeuchten in der chemischen Industrie

12.09.2016 -

Eine Lösung für extrem trockene Prozessluft ist  das modulare Dry-Tec System von ULT. Es  ermöglicht das Erreichen von Taupunkttemperaturen bis zu −65 °C (Tp).

In 4.053 m Höhe auf einem antarktischen Plateau Namens „Ridge A“, liegt einer der nicht nur stillsten und kältesten, sondern auch einer der trockensten Fleckchen auf unserer Erde. Aber es gibt noch weitere „natürliche“ sehr trockene Orte auf unserer Erdoberfläche, wie etwa in Piado/Chile, wo es zum ersten Mal nach einer längeren Unterbrechung von 91 Jahren im Jahre 1936 wieder regnete.
Bei der Herstellung und Verarbeitung von Produkten in der Chemiebranche muss keine derartige Trockenheit herrschen, aber dennoch ist bei bestimmten Prozessen eine geringe Feuchte der Prozessluft von großem Vorteil und daher unabdingbar für die Lagerung, Verarbeitung und Verpackung von chemischen Produkten.
Die angestrebte Trockenheit der notwendigen Prozessluft bei der Bearbeitung und Herstellung chemischer Fabrikate hängt sehr stark vom jeweiligen Gesamtprozessverfahren, der zu trocknenden Güter ab. Sowohl die Luft im Produktionsprozess als auch die Lagerraum-Prozessluft beeinflussen bspw. stark das Schüttverhalten und somit das Handling hygroskopischer Erzeugnisse. Sehr wichtig ist auch, dass sich am pulverförmigen Produkt kein Kondensat bildet, um z. B. chemische Pulverlacke oder 2K-Lacke in sich stabil zu halten. Eine reduzierte Luftfeuchtigkeit im Herstellungs- und Trocknungsprozess sowie bei der Lagerung oder der pneumatischen Förderung hilft daher, Produkte im chemischen Bereich optimal unter präzisen Umgebungsbedingungen möglichst trocken verarbeiten zu können und über einen bestimmten Zeitraum „trocken“ einzulagern.

Produkt-Trockenheit am Beispiel von ­Polymeren
Bei der Herstellung und Lagerung chemischer Schüttgüter in Form von feinkörnigen Pulvern oder der Produktion chemischer Zusatzstoffe wie ‚Additiven‘ ist eine konstante Temperatur und niedriger Feuchtegehalt in der Prozessluft erforderlich, da es ansonsten zu Verklumpungen bzw. ungewollten Agglomerationen der zum Teil sehr hochwertigen Fabrikate kommen kann.
Wasserunlösliche Polymere, die ein Vielfaches ihres Eigengewichts an polaren Flüssigkeiten aufzusaugen, werden auch „chemische Kunststoffe“ genannt. Ein Beispiel hierfür ist der Superabsorber, welcher in der Lage ist, vor allem Wasser bzw. wässrige Lösungen an sich zu binden. Bei der Aufnahme der Flüssigkeit quillt der Superabsorber auf und bildet ein Hydrogel. Die Summe aus dem Volumen der Flüssigkeit und dem Volumen des trockenen Superabsorbers bleibt dabei gleich. Das Schüttgut wird als grobkörniges Pulver mit Partikelgrößen zwischen 100 und 1.000 µm bspw. in Babywindeln, Verbandsmaterialien, Kabelummantelung bei Tiefseeleitungen oder auch in der Damenhygiene eingesetzt.
Durch einen Kapillareffekt, welcher durch zerklüftete und poröse Kanalstruktur eines Superabsorber-Partikels entsteht, werden Flüssigkeiten in Richtung des Partikelkernes förmlich angezogen und diese Flüssigkeiten wie z. B. Wasser an den Grenzflächen angelagert und ebenso eingelagert. Beim Kontakt zwischen Superabsorber und Flüssigkeiten wird eine große Oberfläche der Partikel benetzt und die Flüssigkeit an und in dem Polymer gebunden. Ein einzelnes Partikel kann u. a. Wasser in Größenordnungen um das mehrere Hundertfache des Superabsorber-Eigengewichtes in sich aufnehmen.
Zumeist werden bei der Herstellung von Polymeren und ebenso zum Transport pneumatische Fördersysteme eingesetzt. Die pneumatischen Fördersysteme können entweder saugseitig oder druckseitig betrieben werden, damit das Produkt (Polymere) schonend pneumatisch gefördert werden kann. Wichtig ist hierbei eine sehr niedrige relative Feuchtigkeit während des Transports in den Förderleitungen, damit das Polymer nicht durch ungewollt eintretende Feuchtigkeit während des Herstellungsprozesses mit Wassermolekülen aus der aufbereiteten Prozessluft beladen wird.
Um die unerwünschte Absorption von Wasser zu vermeiden, sollte eine Anlage zur Trocknung/Entfeuchtung der Prozess- bzw. Umgebungsluft eingesetzt werden. Idealerweise sollte diese im Prozess vor dem Kompressor stationiert werden, welcher die Förderdruckluft aufbereitet, integriert werden, damit die angesaugte Luft aus der Atmosphäre schon bei Eintritt in den Kompressor, einen absolut trockenen Zustand hat, und somit einen sehr geringen Taupunkt (Tp) besitzt.

Sorptive Prozesse zur Lufttrocknung
Um eine trockene Prozessluft zu erzeugen, reichen in den meisten Fällen konventionelle Methoden wie die Kondensation des Wasserdampfes an Kühlregistern bzw. Wärmetauschern nicht mehr aus. Um den Restfeuchtegehalt der Luft auf ein Minimum zu reduzieren sind somit sorptive Prozesse notwendig.
Wenn bei Produktionsverfahren, Verpackungs- und Lagerungsprozessen chemischer Erzeugnisse relative Feuchten (r. F.) von weniger als 40 % gefordert werden, wird es in verfahrenstechnisch und thermodynamischer Hinsicht interessant. In diesen Bereichen der Prozesslufttrocknung besteht derzeit eine sehr übersichtliche Auswahl an Anlagen, die in der Lage sind, sehr niedrige Restfeuchtegehalte für Trocknungsprozesse in der Fertigung zu erreichen.
Als besonders wirkungsvoll hat sich hier die Verwendung von Rotationsentfeuchtern erwiesen. Dabei wird der feuchte Luftstrom durch ein langsam rotierendes mit Adsorp­tionsmittel beschichtetes Sorptionsrad geleitet und somit getrocknet. Auf der Gegenseite wird das Rad regeneriert. Damit wird ein kontinuierliches Aufbereiten der zu trocknenden Luft oder von Prozessgasen effektiv gewährleistet.
Mittels Desorption werden zudem die Wassermoleküle in der angesaugten Luft gleichzeitig kontinuierlich durch Wärme aus dem Adsorptionsmittel herausgetrieben und folglich als Adsorbat in einem separaten Luftstrom aus der Anlage in die Außen-Atmosphäre geführt.
Durch Erweiterung der Anlagentechnik, bspw. mit Vor- und Nachkühlermodulen, können Taupunkte (Tp) bis zu −65 °C und somit eine relative Prozessluftfeuchte von 0,05 % erreicht werden. Meist werden diese niedrigen Taupunktanforderungen bei sensiblen Produkten – etwa zur Trocknung extrem empfindlicher Polymere oder anderer pulverförmiger Produkte in der chemischen Industrie − benötigt, um eine gleichbleibende und hochwertige Produktqualität zu erreichen.

Adsorption von Wasserdampf
Die Luft ist ein Gasgemisch. Eines dieser Gase ist Wasserdampf. Die Menge an Wasserdampf, die in der Luft enthalten sein kann, ist allerdings begrenzt. Je wärmer die Luft ist, desto höher der Anteil des Wasserdampfes. Die relative Luftfeuchtigkeit gibt den Prozentsatz des maximalen Wasserdampfgehaltes die Prozessluft an. Da der maximale Wasserdampfgehalt mit steigender Temperatur ansteigt, fällt die relative Luftfeuchtigkeit mit steigender Temperatur und umgekehrt.
Die Taupunkttemperatur wird als die Temperatur definiert, bei der die Luft mit einem maximalen Wasserdampfgehalt in der Prozessluft – 100 % relative Luftfeuchtigkeit – gesättigt ist. Sie ist die Temperatur, die bei konstantem Druck unterschritten werden muss, um Wasserdampf zu kondensieren. Die Taupunkttemperatur ist somit eine von der aktuellen Temperatur unabhängige Größe.
Aus Temperatur und relativer Luftfeuchte bzw. Taupunkttemperatur lässt sich auch der absolute Feuchtegehalt der Luft in Gramm Wasserdampf pro Kubikmeter ausrechnen.
Als technische Adsorptionsmittel dienen hochaktive hygroskopische, d. h. physikalisch wasserbindende technische Adsorptionsmittel, z. B. Kieselgel (Silikagel, SiO2), Zeolithe sowie technische Molekularsiebe. Es gibt aber auch noch andere weniger gängige Trocknungsmittel, die je nach Gegebenheit und Eigenschaften des zu trocknenden Gases ihre Anwendung in anderen Bereichen finden: Calciumsulfat, Kaliumcarbonat und Aluminiumoxid. Diese können allerdings relativ schwer wieder regeneriert werden.
Da Silikagel in Bezug auf die Entzugsleistung der Wassermoleküle aus der Prozessluft und auf die Regenerierbarkeit mit Wärme (Desorption) durchaus gute physikalischen und chemischen reversible Eigenschaften besitzt, gilt diese Variante als effektiv und zielführend und wird in verschiedensten Industriesegmenten erfolgreich eingesetzt.

Trocknen und Filtern der Prozessluft
Eine seit kurzem verfügbare Lösung für extrem trockene Prozessluft stellt das System Dry-Tec von ULT dar. Das modulare Systemkonzept ermöglicht das Erreichen von Taupunkttemperaturen bis zu −65 °C (Tp).
Zur Dry-Tec Produktmodulserie gehören folgende Bestandteile: Das Sorptionsmodul Dry-Tec, welches für Adsorption und Desorption innerhalb des Systems eingesetzt wird, sowie das Vorkühlermodul Cool-Tec V und das Nachkühlermodul Cool-Tec N. Die Vor- und Nachkühlermodule können optional mit unterschiedlichen Filterelementen entsprechender Filterklassen (G, M, F oder H entsprechend DIN EN 779:2012 und DIN EN 1822:2011) ausgerüstet werden. Damit erreicht der komplette Trocknungsprozess die geforderte niedrige relative Feuchte (r. F.) und auch der Prozessluftstrom am Ein- oder Austritt der Modulanlage bleibt so nahezu partikelfrei.
Mittels eines optimierten Luftführungskonzeptes durch das Innere der Trocknungsmodule ist ein effizienter Betrieb mit äußerst geringen internen Druckverlusten möglich.
Weitere Bestandteile des modularen Entfeuchtungskonzepts sind regelbare Ventilatoren für den Prozessluftstrom und den Regenerationsluftstrom. Zur Verfügung steht außerdem ein integriertes energieeffizientes Wärmerückgewinnungssystem für einen energetisch optimierten Desorptionsprozessablauf.

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ULT AG

Am Göspelteich 1
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