Anlagenbau & Prozesstechnik

Rationalisierungspotentiale ausschöpfen

Software kann KMU bei der Projektabwicklung im Anlagenbau und der Anlagenplanung unterstützen

12.08.2010 -

Der Anlagenbau verzeichnet nach tiefen Einschnitten infolge der Weltwirtschaftskrise wieder einen deutlichen Auftragszuwachs. Dadurch besteht ein vermehrter Bedarf an Rationalisierungsunterstützung bei der Projektabwickung und dem Projektcontrolling. Aufgrund der wachsenden Aktivitäten auf dem internationalen Markt nimmt die Arbeitsteilung in der Angebots- und Realisierungsphase mit unterschiedlichen Zulieferern an unterschiedlichen Standorten immer mehr zu. Das trifft nicht nur für den Großanlagenbau zu, sondern auch für kleine und mittelständische Unternehmen (KMU).

Um sich im Wettbewerb durchzusetzen sind Anlagenbauer zudem gezwungen, ihren Kunden effiziente, schnelle und herausragende Leistungen zu bieten. Trotzdem müssen die Aufträge unter Kosten-, Zeit- und Qualitätsbedingungen „vernünftig" durchgeführt werden. Gerade diese Situation bedeutet für ein KMU ein erhöhtes Risiko, zumal KMU nicht über den Organisationsapparat und die Ressourcen wie Großunternehmen verfügen. Darum ist das frühe Einsetzen von Projektmanagement und Controlling mit Einbeziehung der Angebotstätigkeit ein Muss für den Anlagenbau. Speziell in diesem Umfeld ist die aktuelle Verfügbarkeit verlässlicher Angebots- (Kundenanforderungen, Zulieferer, Projektwissen aus alten Projekten) und Auftragsinformationen zur Risikobeherrschung von besonderer Bedeutung.

Kompetenzzentrum Magdeburg

Die Stadt Magdeburg hat sich in den letzten Jahren wieder zu einem Standort des Anlagenbaus entwickelt. Beispiel dafür ist die vom Fraunhofer IFF Magdeburg alle zwei Jahre veranstaltete Tagung „Anlagenbau der Zukunft", die sich zu einem der wichtigsten Treffpunkte und Diskussionsforen für die Chemie- und Prozessindustrie entwickelt hat. In Magdeburg liegt umfangreiche Erfahrung auf dem Gebiet der Verfahrensentwicklung im Bereich der Forschung und Anwendung vor. In Zukunft werden hier auch neue Methoden wie Virtual Engineering ein Thema sein. Durch den Einsatz von intelligenten Engineering-Methoden und -Werkzeugen kann die Basis für eine kostengünstige Konstruktion, Errichtung sowie einen effizienten Betrieb von Anlagen gelegt werden. Diese Methoden und Werkzeuge werden verbreitet in der Automobil- und Luftfahrtindustrie entwickelt und eingesetzt. Sie beinhalten jedoch auch Einsparungspotentiale für den verfahrenstechnischen Anlagenbau als Grundlage für die Prozessstandardisierung und das Wiederverwenden (Re-Use) von Anlagenteilen und Modulen.

Neue Funktionen für die Projektunterstützung im Anlagenbau zu entwickeln ist auch das Ziel des Magdeburger Forschungskonsortiums von Fraunhofer IFF, Otto-von-Guericke-Universität und B.I.M.-Consulting. In diesem Zusammenhang gründeten das Fraunhofer IFF und B.I.M. im Jahr 2009 die „Demonstratorplattform", eine Plattform zur professionellen Unterstützung der Projektabwicklung für klein- und mittelständische Unternehmen im Anlagenbau sowie für konsequentes Monitoring und Projektcontrolling während des gesamten Projektverlaufs. Gemeinsam mit der ITandFactory, die Kooperationspartner der Demonstratorplattform ist, werden Workshops zum Thema „Effektive Auftragsabwicklung im Anlagenbau" durchgeführt.

Software-Unterstützung für den Anlagenbau

B.I.M. hat sich zur Aufgabe gestellt, Software-Unterstützung für den Anlagenbau auf diesem Gebiet anzubieten, einerseits mit einem Produkt als ERP/PDM-System, andererseits mit einem Produkt für das Engineering Data Management und die Projektabwicklung. Auch im F+E-Bereich geht B.I.M. derzeit in zwei Richtungen.

Zum Einen ist dies der Re-Use von Modulen und Baugruppen sowie die Wiederverwendung von Wissen aus alten Projekten. Dabei wird B.I.M. auf Vorarbeiten der TU Berlin, Institut für Prozeß- und Verfahrenstechnik (Prof. Günter Wozny), und der TU Dortmund, Lehrstuhl für Anlagen- und Prozesstechnik (Prof. Gerhard Schembecker). Im Gegensatz zum Automobil- und Maschinenbau sind die Standardisierungen im Anlagenbau aber noch nicht so weit fortgeschritten. Der Grund dafür ist bislang die immer wieder notwendige Auslegung und Berechnung verfahrenstechnischer Baugruppen und das Nichtvorhandensein von Standards zur Anpassung an die Auslegungsvoraussetzungen. Des Weiteren ist zu berücksichtigen, dass der Anlagenbauprozess immer wieder neue Produkte erstellt („Unikat-Fertiger") und über die Phasen Angebotserstellung, Verfahrensentwicklung, Planung, Realisierung und Inbetriebnahme ständigen Änderungen unterworfen ist.

Die zweite F+E-Richtung von B.I.M. beschäftigt sich mit der Unterstützung des Projektcontrollings. Dies beinhaltet auch den Aufbau einer Controllingplattform. Dabei können für die verschiedenen Ebenen Management, Projektleiter, Gewerke, etc. spezifische Controllingsichten für einen Plan-Ist-Vergleich der Kosten aus Projektsicht definiert werden. Liquiditätsmodelle inklusive des Aufbaus einer Sicht für die Darstellung der Liquidität und des Forecast auf Basis von Planzahlen und Ist-Stand sowie der Aufbau eines Modells für die zeitlich differenzierte Finanzplanung sind ebenfalls Bestandteil. Natürlich ist auch die Integration der vorhandenen CAD-/CAE-Systeme in die Prozesskette notwendig. Daher kooperiert B.I.M. mit verschiedenen Anbietern von CAD-Produkten, wie z.B.:

  • Autodesk - AutoCAD P&ID (Integrationspartner Cideon AG)
  • X-Visual Technologies - Visual PlantEngineer (auf Visio-Basis)
  • ITandFactory - Cadison

Zu allen Systemen besteht eine konfigurierbare, teilweise bidirektionale Schnittstelle. Sämtliche Daten aus dem CAD-System (Stücklisten mit Strukturbeziehung, Klassen, Spezifikationen, Zeichnungen, Kennzeichnungssystematik) können in einer Engineering-/Projektabwicklungs-Datenbank abgebildet werden. Hervorzuheben ist hier das integrierte Änderungsmanagement, durch welches prozessimmanente Änderungen überwacht und den Prozessbeteiligten - auch der Beschaffung - aktuelle Daten zur Verfügung gestellt werden.

Der Bedarf von Unternehmen wird dadurch größer, dass bestehende ERP-Systeme den Prozess der projektorientierten Anlagenplanung nur unzureichend abbilden (Abb. 1). Diese Unternehmen benötigen eine spezielle Unterstützung bei der Projektabwicklung und gleichzeitiger Verwaltung ihrer Engineering-Daten in einer Datenbank. So kann der Projektstand aus den Enginering-Daten abgeleitet, für das Projektcontrolling genutzt und viel früher auf mögliche Engpässe reagiert werden. Die Integration von Engineering- und Beschaffungswelt mit der Welt des Controllings ist ein Muss, auch weil 60-70 % aller Teile im Anlagenbau beschafft werden. Dieser Aufgabe hat sich B.I.M. mit dem Produkt PDV-Projekt (Abb. 2) gestellt.

Fazit

Aufgrund der beschriebenen Situation ist es für Unternehmen des Anlagenbaus und der Anlagenplanung unabdingbar, Rationalisierungspotentiale bei der Projektabwicklung und dem Projektcontrolling zu erkennen und auszuschöpfen, um langfristig konkurrenzfähig zu bleiben. Branchenspezifische Software für dieses Aufgabengebiet mit Know-how im technischen bzw. Engineering-Bereich kann dazu beitragen, dieses Ziel zu erreichen.