Produktion

Innotec nach der Übernahme durch Siemens

Innotec nach der Übernahme durch Siemens: Gründe, Unternehmensstrategie, Umfirmierung und Vorstellung der 4. Comos-Generation. Zukunftsorientierte, integrierbare Software-Lösungen für das Life Cycle Management von Prozessanlagen werden von Innotec entwickelt und vertrieben. Im Mittelpunkt steht dabei das Lifecycle-Engineering- System Comos, eine integrierte Unternehmenslösung für das Plant Life Cycle Asset Information Management, das alle Anforderungen an ein modernes Engineering erfüllt. Im Oktober dieses Jahres wurde der Software-Hersteller, der über 200 Mitarbeiter beschäftigt, von Siemens übernommen, und vor wenigen Tagen in Comos Industry Solutions umbenannt. CHEManager sprach mit dem alten und neuen Geschäftsführer für Vertrieb & Marketing, Dipl.-Wirt,-Ing. Jochen Schüler, über die Gründe des Verkaufs, die künftige Strategie des Unternehmens und die kommende, neue Comos-Generation. Die Fragen stellte Dr. Dieter Wirth.

Herr Schüler, welche Motivationen lagen der Firmenübernahme von Innotec beziehungsweise jetzt Comos Industry Solutions durch Siemens zugrunde?

J. Schüler: Aus unserer Sicht gab es keine zwingenden Gründe für einen Verkauf, denn das Unternehmen hat sich in den vergangenen Jahren und auch aktuell ausgezeichnet, mit hohen Wachstumsraten von 25 bis 30 %, entwickelt. Auch unsere Software ist technisch gesehen Weltspitze. Aber: Wir müssen in Zukunft unser Wachstum beschleunigen und dazu brauchen wir weltweit einen besseren Zugang zum Projektgeschäft, vor allem außerhalb Europas. Als Siemens- Tochtergesellschaft wird es für uns einfacher sein, solche Projekte zu identifizieren und hinein zu kommen. Denn wir wollen nicht nur technologisch die Besten sein, sondern auch nach wirtschaftlichen Maßstäben der führende Software-Hersteller in unserem Segment werden.

Und was hat Siemens zu der Übernahme bewogen?

J. Schüler: Auf der Seite von Siemens steht eine klare Strategie, die man vereinfacht so formulieren kann: Verkürzung der Time-to-market. Siemens hat sich das Ziel gesetzt, die gesamte Wertschöpfungskette seiner Kunden mit abgestimmter Technik zu automatisieren, um ihnen Produktivitätsvorteile zu sichern und damit sie schneller mit ihren Produkten auf den Markt kommen können. Siemens will im Digitalen Engineering Komplettanbieter für den gesamten Produktlebenszyklus sein: vom Design neuer Produkte über die Produktion selbst bis zur Auslegung, Errichtung, Inbetriebsetzung und Umbau entsprechender Anlagen. Dazu hat sich Siemens bereits im vergangenen Jahr mit der Übernahme von UGS, einem großen US-amerikanischen Anbieter von Product Lifecycle Management- Software, erheblich verstärkt. Die Übernahme von damals Innotec als einem Anbieter von Life Cycle Management-Systemen für Prozessanlagen, war jetzt ein weiterer, logischer Schritt in dieser Strategie.

Und die andere Seite?

J. Schüler: Dazu muss man den Planungsprozess betrachten. Bis heute sind die Planung der Ausrüstung und die Software-Planungsprozesse sehr stark voneinander getrennt. Heute greifen die Planungs-, Engineeringund Beschaffungsprozesse bis hin zur Instandhaltung und Anlagendokumentation viel stärker ineinander, sodass man ein integriertes Konzept benötigt, um die Kopplung dieser Prozesse in einem möglichst offenen System ohne redundante Datenerfassungen zu bewerkstelligen beziehungsweise abzubilden. Dabei geht es vor allem darum, den Planungsstand der Anlage und die damit verbundenen Informationen über die Ausrüstungen von Beginn an zentral zu erfassen und so bereit zu halten, dass alle beteiligten Gewerke stets den aktuellen Planzustand zur Verfügung haben. Und Änderungen des Planungszustandes und die möglichen Folgen erkennen können.

Wie geht es jetzt weiter? Wie wird Comos Industry Solutions in die Siemens-Organisation eingegliedert beziehungsweise integriert?

J. Schüler: Wir gehören jetzt zu Siemens Industry, speziell zur Business Unit Industrial Automation Systems, einem Anbieter von zum Beispiel Manufacturing Execution Systems, Distributed Control Systems und Automatisierungssystemen, im Markt gut unter dem Namen Simatic bekannt. Comos Industry Solutions wird als Geschäftsfeld von Industrial Automation Systems in Form einer eigenständigen GmbH agieren. Personell wird Comos Industry Solutions von der bisherigen Geschäftsleitung weiter geführt, erweitert um Frank Ebert als kaufmännischer Geschäftsführer, der von Siemens zu uns kam. Ansonsten gibt es keine personellen Änderungen. Auch unsere Software-Produkte werden so wie bisher geplant weiter entwickelt und vertrieben.

Wie erfolgt die Integration Ihres Unternehmens in die Siemens-Organisation? Was ist dabei das Thema?

J. Schüler: Wir haben ein Integrationsteam mit Siemens gebildet, dessen Arbeit von einer Siemens-Integrationsmanagerin begleitet wird, die hier bei uns am Firmensitz in Schwelm arbeitet. Die Aufgabe dieses Teams ist vor allem, die optimale Strategie für ein noch schnelleres Wachstum zu erarbeiten. Das zielt vor allem auf die Märkte außerhalb Europas. Und natürlich wollen wir auch das gegenseitige Know-how zwischen der Prozessautomatisierung und den Planungsprozessen vertiefen und miteinander verzahnen, beispielsweise zwischen dem Prozessleitsystem PCS 7 von Siemens und unserer Comos- Software.

Auch andere große Unternehmen, die im Wettbewerb zu Siemens stehen, arbeiten mit der Comos-Software. Wie steht es mit der Geheimhaltung in Bezug auf relevante Datenbestände und Datenmodelle?

J. Schüler: Das bleibt genau so wie es war, nämlich vertraulich und geheim, selbst wenn wir vollständig als eine Siemens-Abteilung in den Konzern integriert werden sollten.

Warum wurde jetzt der Firmenname Innotec in Comos Industry Solutions geändert?

J. Schüler: Das war notwendig, weil Siemens nur ein Unternehmen der Innotec- Gruppe erworben hat, die nach wie vor besteht. Erstmalig werden wir auf der Messe SPS/IPC/DRIVES in Nürnberg unter unserem neuen Firmennamen in der Öffentlichkeit auftreten. Dort wollen wir auch die neue Comos- Generation detailliert vorstellen.

Was kennzeichnet diese neue Comos- Generation? Und warum diese Bezeichnung?

J. Schüler: Wir sprechen bei Comos 9.0 aus mehreren Gründen von der neuen, vierten Generation. Zum einen ist diese Version vom Aufwand gesehen die mit Abstand größte Entwicklung, die wir seit dem Bestehen dieser Software überhaupt gemacht haben: Etwa 40 bis 45 Mannjahre, für uns zweieinhalb Kalenderjahre. Zum zweiten haben wir einen Entwicklungssprung vollzogen, von der Entwicklung der Comos-Software mit der ActiveX-Software Mitte der 90er Jahre auf die neueste .net 3.5-Technologie von Microsoft. Dadurch kann die Comos-Software beispielsweise multilingual betrieben werden, das heißt man kann mit ihr gleichzeitig in verschiedenen Sprachen arbeiten, auch in chinesisch.

Welche weiteren Grundfunktionalitäten wurden mit Comos 9.0 verbessert?

J. Schüler: Trotz massiv gestiegener Datendichte und Datenmengen ist es uns gelungen die Performance der Software erheblich zu steigern. Das macht sich beispielsweise bei Auswertungen und Listen bemerkbar, in denen große Datenvolumen gezielt ausgewertet werden müssen, wie z. B. die Auswertung eines bestimmten Bauteils über die Gesamtanlag.

Welche Neuerungen gibt es auf der Applikationsseite von Comos 9.0?

J. Schüler: Viele – ich will sechs wesentliche Punkte nennen. Mit dem Comos Enterprise Server haben wir eine Integrationsplattform für Fremdapplikationen geschaffen. Sie ermöglicht die Interoperabilität zwischen Comos und Applikationen dritter Anbieter in einer heterogenen Systemlandschaft und steigert gleichzeitig die Performance auf den Arbeitsstationen. Im 3D-Anlagenbauumfeld haben wir viel getan: Comos Viper für das objektorientierte 3D-Anlagenengineering mit seinen fünf Modulen bietet eine durchgängige Integration zwischen P&ID, Isometrieerstellung und dem 3D-Modell. Das Herzstück davon, das Modul Pipespec Designer, ist ganz neu geschaffen; es verfügt über einen integrierten Rohrteilekatalog und ein Rohrklassenmanagement auf Basis von ca. 450 internationalen Normen. Mit diesem Modul werden die Rohrklassen für alle Module aufgebaut und gepflegt. Diese können auch an Fremdsysteme weitergegeben werden. Dritter Punkt ist ein neu entwickeltes Werkzeug für die Feldplanung im MSR-Bereich, das Fieldconnect heißt. Mit dem neuen Modul kann man sehr schnell und effektiv – unabhängig von der gewählten Leittechnik – die Feldplanung planen, also die die Strecke vom Sensor zur Automatisierungstechnik. Eine weitere Neuerung betrifft Comos Inspection, das die wiederkehrende Prüfung von prüfpflichtigen Anlagenbauteilen unterstützt, etwa bei der Messung von Wanddicken von Rohren. Die entsprechenden Messdaten können an Comos via Activesync weiter gegeben werden. So kann man die allmähliche Veränderung der Wanddicke erkennen und daraus ableiten, was zu tun ist. Die nächste Neuerung betrifft Comos Web View; damit kann das Datenmodell mit einem Internet-Browser sichtbar gemacht werden sowie alle dazu gehörigen, revisionierten Dokumente. Die letzte Neuerung, die ich noch erwähnen will, ist die Integration der Navisworks-Software von Autodesk in Comos zusammen mit unserem Entwicklungspartner Unitec Informationssysteme. Dadurch können beispielsweise Instandhaltungsmaßnahmen nicht nur im P&ID, sondern auch im 3D-Modell angezeigt werden. Ein einfacher Klick auf den Hyperlink genügt und man kann die verlinkten Dokumente dazu einsehen. Vorhandene 2D-Daten einer Anlage können nun also auch in der Ansicht im 3DModell integrativ genutzt werden. Diese Kopplung ist bidirektional.

Was kostet die neue Comos-Version?

J. Schüler: Alle diejenigen Kunden, die Comos bereits benutzen und einen Wartungsvertrag mit uns haben, können die neue Software-Generation kostenfrei benutzen. Das sind über 90 % unserer Kunden. Die Version 9.0 ist völlig kompatibel zu allen früheren Comos-Versionen. Der Aufwand zur Installation ist verhältnismäßig gering.

Ein Blick in die weitere Zukunft – in welche Richtung geht die Software- Entwicklung weiter?

J. Schüler: In Richtung Web-basierter Lösungen. Es geht darum, den Datenbestand innerhalb des Comos-Modells möglichst vielen Nutzern zugänglich zu machen – ohne dass sie dabei die Applikationssoftware benutzen müssen. Eine konkrete Entwicklung, die derzeit läuft, ist das Project Quality Document Management als Weblösung. Dadurch können Anlagendokumente wie Betriebsanleitungen revisionssicher im System ein- und ausgecheckt werden.

Kontakt:
Comos Industry Solutions GmbH, Schwelm
Tel.: 02336/9188-0
Fax: 02336/9188-171
info@comos.com
www.comos.com

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