Forschung & Innovation

Jung, biobasiert und gesucht: Start-ups mit grünen Geschäftsideen

Welche Support-Formate Bioökonomie-Start-ups brauchen, um zur Transformation beizutragen

18.10.2023 - Die Bioökonomie steht für einen tiefgreifenden Wandel hin zu einer nachhaltigeren und umweltfreundlicheren Wirtschaft.

Die Bioökonomie steht für einen tiefgreifenden Wandel hin zu einer nachhaltigeren und umweltfreundlicheren Wirtschaft. Sie nutzt biologische Ressourcen, erneuerbare Rohstoffe und innovative Deeptech-Ansätze zur Herstellung ihrer Produkte und Dienstleistungen, die von Biofuels über biobasierte Chemikalien bis hin zu Lösungen für die nachhaltige Landwirtschaft, Novel-Food-Applikationen und funktionalen Materialien reichen. 

In einer Zeit, in der die Gesellschaft nach Alternativen zu fossilen Industrien sucht, können Start-ups der Bioökonomie theoretisch vieles zu dieser Transformation beitragen. Um sich auf dem komplexen Terrain der Bioökonomie-Start-ups zurechtzufinden, bedarf es jedoch mehr als einer bahnbrechenden Idee. Ein strategischer Fahrplan, ein echter Business Case und nicht zuletzt ein hervorragendes Netzwerk sind notwendige Voraussetzungen für eine passende Finanzierung. Hier kommen Businessplan- und Start-up-Wettbewerbe ins Spiel, die viele Chancen insbesondere für angehende Bioökonomie-Unternehmen bieten. 

Gerade in den Bereichen Greentech, Nachhaltigkeit und Bioökonomie sehen sich Start-ups neben den genannten, klassischen Herausforderungen auch immer wieder speziellen Hürden wie einem deutlich längeren Entwicklungszyklus, größerem Kapitalbedarf sowie – spannenderweise mehr als andere – einer hohen Beweislast für Impact und ESG-Kriterien gegenüber. In letzter Zeit haben verschiedene Akteure aus dem privatwirtschaftlichen und öffentlichen Bereich diese Herausforderungen erkannt. So sind in den letzten zehn Jahren, parallel zum Anstieg der dieser Branche zuzuordnenden Neugründungen, auch immer mehr Wettbewerbs- und Award-Formate entstanden, welche die Trendthemen Bioökonomie, Green Tech und Nachhaltigkeit für sich entdeckt haben und nun darauf fokussieren. 

Wettbewerbe für frühphasige Teams

Vor allem für frühphasige Unternehmen sind diese Formate sinnvoll, da sie Öffentlichkeit und Sichtbarkeit generieren, was wiederum positive Effekte für Netzwerkaufbau, Seed-Finanzierung und Marktannäherung bieten kann. Außerdem liefern Wettbewerbe im idealen Fall Experten-basiertes Feedback und damit Input für eine Verbesserung bzw. Validierung des Geschäftsmodells. Das sind Punkte, die gerade Bioökonomieunternehmern zugutekommen. Denn auch wenn sich die Situation im Vergleich zu den frühen 2010er Jahren, als „PlanB“ als dezidierter Bioökonomie-Wettbewerb startete, deutlich verbessert hat: Start-ups aus diesem Branchenbereich finden noch immer schwerer Investoren, Kunden und Aufmerksamkeit als Softwareteams. 

Parallel zu den Wettbewerben ist die Zahl der jungen Unternehmen im Segment der biobasierten Wirtschaft im Allgemeinen, und auch die der Firmen, die den Frühphasen-Schuhen langsam entwachsen, gestiegen. Gerade letztere legen mittlerweile andere Maßstäbe an Formate an, die sie auf ihrem Weg durch den Start-up Lifecycle und hin zum Transformations-Impact und zur Marktdurchdringung unterstützen.

In einer Stakeholder-Befragung, die die Organisatoren des PlanB-Wettbewerbs Mitte 2023 in Kooperation mit dem Entrepreneurship-Lehrstuhl der Technischen Universität München, Campus Straubing, durchführten, zeigte sich: Weiter entwickelte Teams, sind nicht mehr so einfach für die Teilnahme an klassischen Wettbewerbsformaten zu begeistern. Denn wer bereits eine erste Finanzierungsrunde hinter sich hat, einen ausgefeilten Businessplan hat oder selbst schon über ein gutes Netzwerk verfügt, kann von den klassischen Wettbewerbs-Benefits nur noch bedingt profitieren. Auch der Zeit- und der Commitment-Faktor spielen eine Rolle. Weiter entwickelte Start-ups sind mit Themen wie Technologieentwicklung, Markteinführung und dem Stemmen von weiteren Finanzierungsrunden bei gleichzeitig kleinem Team extrem stark eingebunden. Sich dann für mehrstufige, häufig mit Präsenzphasen verbundene Wettbewerbe zu entscheiden, fällt schwer. Häufig spricht die Kosten-Nutzen-Abwägung dann gegen eine Teilnahme, so die Ergebnisse der Befragung. 

Technische und finanzielle Skalierung im Fokus

Andere Gründe, warum Start-ups aus der Bioökonomie sich gegen die Teilnahme an Support-Formaten entscheiden oder diese ganz gezielt und selektiv auswählen, liegen verankert in der komplexen Natur der Bioökonomieszene. Denn Teams, die die frühe Phase nach der Gründung hinter sich gelassen haben, brauchen Dinge, die ihnen klassische Wettbewerbe bisher kaum bieten: technische und finanzielle Skalierung mit der passenden Infrastruktur und den richtigen Partnern, die auch einen entsprechend langen Atem mitbringen. Nur so können Produktentwicklung und Markteintritt erfolgreich sein und eine finanzielle Tragfähigkeit erreicht werden. Denn selten handelt es sich um technische Selbstläufer oder Fälle, in denen Investoren schnelle Exits erwarten können. Da die Bioökonomie als Gesamtbranche von der Marktdurchdringung noch ein ganzes Stück entfernt ist, kann geschlussfolgert werden, dass in diesem Segment junge Unternehmen auch nach dem Entstehen weiter inkubiert und unterstützt werden müssen. Auch und besonders mit Formaten, die über die ohne Zweifel sinnstiftenden Leistungen bekannter Wettbewerbe hinausgehen und so die späteren, aber entscheidenden Phasen des Bioökonomie-Start-up-Lifecycle im Fokus haben. 

Gebraucht werden laut Aussagen aus der Befragung insbesondere gezielte Unterstützungsleistungen in den Bereichen Validierung und Skalierung von Technologien und Prozessen, Unterstützung beim Impact-Nachweis und ESG-Kriterien sowie bei der Vernetzung mit Finanzierungspartnern, die auch für Series-A-bis-D-Runden zur Verfügung stehen. Gerade bei den Aspekten der technischen und finanziellen Skalierung geht es bei den meisten Teams um das individuelle Erreichen von Meilensteinen, was durch standardisierte Maßnahmen kaum realisiert werden kann. Dies bedeutet für zu entwickelnde Formate, dass eine der größten Herausforderungen im individuellen Eingehen auf den Bedarf der Teams bei gleichzeitiger Ermöglichung transparenten und diskriminierungsfreien Zugangs zu den Unterstützungsleistungen liegt.

Ähnlich verhält es sich mit der Bereitstellung von technischen Skalierungsmöglichkeiten. Hier könnte die avisierte Eröffnung von Scale-­up-Anlagen bspw. in Bayern oder Nordrhein-Westfalen eine wichtige, aber kostspielige Rolle einnehmen. Ebenso wäre eine verstärkte Bereitschaft etablierter Unternehmen, in Kooperationen Start-ups den Zugang zu ihren Anlagen zu ermöglichen, eine spannende Option. 

Es wird in den nächsten Jahren interessant sein, zu verfolgen, ob und in welcher Form solche Support-Programme Bioökonomie-Neugründungen auf dem Weg der Transformation zu mehr Nachhaltigkeit begleiten werden. Unbestritten ist, dass die klassischen, etablierten Start-up Awards und Businessplan-Wettbewerbe, die der Bioökonomie eine Bühne geben, nötig sind, um den noch jungen Sektor und besonders die frühphasigen Teams zu pushen. Von gestern sind sie also keineswegs. Es wird jedoch nötig sein, dass diese Formate in Zukunft durch Unterstützungsangebote ergänzt werden, die die skizzierten Bedürfnisse bereits weiter entwickelter Start-ups adressieren. So könnte der gesamte Lebenszyklus eines Start-up-Segments, das besonderen Herausforderungen gegenübersteht, aber auch überproportional viel theoretisches Potenzial für die Nachhaltigkeitstransformation bieten kann, noch besser unterstützt werden, dieses Potenzial auch abzurufen.

Ann-Kathrin Wagner, Leiterin Biobasierte Wirtschaft, BioCampus Straubing

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Zur Person

Ann-Kathrin Wagner ist Leiterin Biobasierte Wirtschaft bei BioCampus Straubing. Sie verantwortet dort die Standortentwicklung des Hafens Straubing hin zu einem Hub für die biobasierte Wirtschaft und den Start-up Wettbewerb PlanB. Wagner studierte Sustainable Development in Utrecht und International Cultural and Business Studies in Passau.

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