Lenzing setzt Erholungskurs fort
Die Umsatzerlöse gingen in der Berichtsperiode um 3,4% gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres auf 1,25 Mrd. EUR zurück. Dieser Rückgang ist primär auf niedrigere Faserumsätze zurückzuführen, während die Zellstoffumsätze stiegen. Die Ergebnisentwicklung war neben dem aktuellen Marktumfeld insbesondere durch positive Sondereffekte aus der Bewertung der biologischen Vermögenswerte und der Vorratsbewertung beeinflusst. Das Betriebsergebnis vor Abschreibungen (EBITDA) ging im ersten Halbjahr 2023 um 27,7% gegenüber dem Vorjahreszeitraum auf 136,5 Mio. EUR zurück. Das Periodenergebnis lag bei minus 65,8 Mio. EUR (nach 72,3 Mio. EUR im ersten Halbjahr 2022), das Ergebnis je Aktie bei minus 3,92 EUR (nach 2,36 EUR im ersten Halbjahr 2022).
Mit Blick auf die Geschäftsentwicklung im zweiten Quartal verzeichnete die Lenzing Gruppe eine Erholung gegenüber dem ersten Quartal 2023. Die Umsatzerlöse stiegen um 0,6% im Vergleich zum Vorquartal auf 627,1 Mio. EUR Das EBITDA lag bei 106,8 Mio. EUR (nach 29,7 Mio. EUR), das Periodenergebnis bei minus 0,8 Mio. EUR (nach minus 64,9 Mio. EUR im ersten Quartal 2023).
„Lenzing befindet sich, wie insbesondere der Vergleich mit dem Vorquartal zeigt, auf einem Erholungskurs, auch wenn das aktuelle Marktumfeld das Konsumklima und damit die Auftragslage in vielen Industrien weiterhin belastet. Wir haben sowohl auf der Kosten- und Liquiditätsseite als auch auf der Vertriebsseite frühzeitig und proaktiv Optimierungsmaßnahmen gesetzt, die sich zunehmend positiv auswirken“, sagt Stephan Sielaff, Vorstandsvorsitzender der Lenzing Gruppe. „Insgesamt bleiben wir vorsichtig optimistisch, wenngleich die Visibilität insbesondere im Textilsegment eingeschränkt bleibt. Mittel- und langfristig gehen wir weiter von einem stark steigenden Bedarf an nachhaltigen Produkten der Lenzing aus. Die zügig und erfolgreich umgesetzte Kapitalerhöhung verschafft Lenzing finanzielle Flexibilität und Stärke, und wird eine solide Grundlage für unser strategisches Wachstum sein.“
Nico Reiner, CFO der Lenzing Gruppe, ergänzt: „Wir haben unsere Bilanz- und Liquiditätsposition einerseits durch die erfolgreiche Kapitalerhöhung und andererseits durch die Verlängerung der Kreditlaufzeiten wesentlich gestärkt. Das Timing hat bei diesen Schritten eine entscheidende Rolle gespielt. Statt über die Zukunft zu spekulieren, haben wir entschlossen die Gelegenheit ergriffen, das Unternehmen zu stärken und uns auf die vielen Aufgaben vorzubereiten, die vor uns liegen.“
Effektive Maßnahmen gestartet
Lenzing startete im dritten Quartal 2022 ein Programm zur Reorganisation und Kostensenkung und liegt mit der Umsetzung voll im Plan. Es werden nach vollständiger Implementierung des Programmes jährlich mehr als 70 Mio. EUR an Kosteneinsparungen angestrebt. Darüber hinaus wurden Maßnahmen zur Stärkung des Free Cashflow eingeleitet, weitere Schritte zur Reduktion des Working Capital umgesetzt sowie das Währungs- und Energiepreis-Hedging neu aufgestellt.
Gleichzeitig startete Lenzing in der Berichtsperiode ein Programm zur Stärkung der Vertriebsaktivitäten und der Umsatzverbesserung. Um die Marktanforderungen auf höchstem Niveau zu erfüllen, investiert Lenzing gemäß ihrer Unternehmensstrategie „Better Growth“ weiterhin in die Entwicklung von Premiumprodukten und -dienstleistungen und rückt die Kundenbedürfnisse dabei konsequent ins Zentrum ihrer Arbeit.
Lenzing setzte außerdem in der Berichtsperiode eine Kapitalerhöhung mit Bezugsrechten für bestehende Aktionäre erfolgreich um. Der Brutto-Emissionserlös von ca. 400 Mio. EUR wird zur Stärkung der Bilanz- und Liquiditätsposition, zur Schaffung zusätzlicher Flexibilität im Hinblick auf die Finanzierungsstrategie sowie zur Unterstützung der Better Growth Strategie verwendet. Die Auswirkungen der Kapitalerhöhung werden sich erst ab dem dritten Quartal auf die Cashflow- und Bilanz-Kennzahlen der Lenzing Gruppe niederschlagen.
„Better Growth“ weiter vorangetrieben
Im ersten Halbjahr 2023 wurde auch die Umsetzung der Unternehmensstrategie „Better Growth“ weiter vorangetrieben. Sie zielt im Wesentlichen darauf ab, die strukturell stark wachsende Nachfrage nach Spezialfasern besser zu bedienen. Gemäß der Strategie wird Lenzing nach der erfolgreichen Umsetzung ihrer Schlüsselprojekte einen profitablen Wachstumskurs verfolgen, ihren Fokus auf nachhaltige und hochwertige Premiumfasern für Textilien und Vliesstoffe schärfen und parallel den Übergang zu einem Modell der Kreislaufwirtschaft weiter forcieren.
Lenzing investiert seit 2021 mehr als 200 Mio. EUR in die Produktionsstandorte in China und Indonesien, um bestehende Kapazitäten für generische Viscose in Kapazitäten für umweltverträgliche Spezialfasern umzuwandeln. In Nanjing (China) konnte in der Berichtsperiode die Umwandlung einer Produktionslinie auf Tencel-Modalfasern erfolgreich abgeschlossen werden. Im Zuge der Investitionen am Standort in Purwakarta (Indonesien) schafft Lenzing zusätzliche Kapazitäten für Lenzing Ecovero-Fasern. Die Umsetzungsarbeiten verlaufen planmäßig, der Standort wird voraussichtlich noch heuer zum reinen Spezialviscose-Anbieter umgerüstet.
Lenzing entwickelt und fördert bereits seit Jahren proaktiv Innovationen im Bereich Recycling (z. B. Refibra und Eco Cycle Technologie), um Lösungen für das globale Textilabfallproblem bereitzustellen. Seit 2021 arbeitet Lenzing mit dem schwedischen Zellstoffproduzenten Södra zusammen, um gemeinsam neue Verfahren für das Recyceln von Alttextilien im industriellen Maßstab zu entwickeln. Das Projekt1 wurde in der Berichtsperiode im Rahmen des Programmes LIFE 20222 mit einem Zuschuss der EU von 10 Mio. EUR unterstützt.
Ausblick
Der Krieg in der Ukraine und die restriktivere Geldpolitik vieler Notenbanken zur Bekämpfung der Inflation werden das weltweite wirtschaftliche Geschehen voraussichtlich weiterhin beeinflussen. Der IWF warnt davor, dass die Risiken insgesamt erhöht bleiben, und geht für 2023 und 2024 von einem Wachstum von 3% aus. Das Wechselkursumfeld bleibt in den für Lenzing wichtigen Regionen voraussichtlich volatil.
Dieses Marktumfeld belastet auch weiterhin das Konsumklima und die Stimmung in den für Lenzing relevanten Industrien. Zuletzt hellte sich der Ausblick laut weltweiter Umfrage der ITMF3 allerdings etwas auf.
Im richtungsweisenden Markt für Baumwolle zeichnet sich in der laufenden Erntesaison 2022/23 ein weiterer Lageraufbau ab. Erste Prognosen gehen auch für 2023/24 von einem weiteren Lageraufbau aus, allerdings in geringerem Ausmaß.
Trotz Anzeichen der Erholung sowohl bei der Nachfrage als auch bei den Rohstoff- und Energiekosten bleibt die Ergebnisvisibilität allerdings insgesamt eingeschränkt.
Lenzing ist mit der Umsetzung des Programmes zur Reorganisation und Kostensenkung voll im Plan. Diese und weitere Maßnahmen haben das Ziel, Lenzing für die erwartete Markterholung bestmöglich zu positionieren.
Strukturell geht das Unternehmen unverändert von einem steigenden Bedarf an umweltverträglichen Fasern für die Textil- und Bekleidungsindustrie sowie die Hygiene- und Medizinbranchen aus. Lenzing ist daher mit ihrer „Better Growth“ Strategie sehr gut positioniert und plant sowohl das Wachstum mit Spezialfasern als auch ihre Nachhaltigkeitsziele einschließlich der Transformation von einem linearen zu einem Modell der Kreislaufwirtschaft weiter voranzutreiben.
Die erfolgreiche Umsetzung der Schlüsselprojekte in Thailand und Brasilien sowie die Investitionsprojekte in China und Indonesien werden die Positionierung dahingehend weiter stärken.
Unter Berücksichtigung der genannten Faktoren und unter der Voraussetzung einer weiteren Markterholung im laufenden Geschäftsjahr geht die Lenzing Gruppe für 2023 unverändert von einem EBITDA in einer Bandbreite von 320 Mio. EUR bis 420 Mio. EUR aus.