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Lenzing reagiert mit Einsparprogramm auf Ergebnisentwicklung

Aufsichtsrat bestellt neuen Chief Financial Officer

04.11.2022 - Die Lenzing Gruppe war in den ersten drei Quartalen 2022 wie die gesamte verarbeitende Industrie zunehmend von den extremen Entwicklungen an den globalen Energie- und Rohstoffmärkten betroffen. Insbesondere im Verlauf des dritten Quartals verschlechterte sich das Marktumfeld drastisch und das sich eintrübende Konsumklima belastete die Geschäftsentwicklung der Lenzing zusätzlich.

Die Umsatzerlöse stiegen in der Berichtsperiode primär aufgrund höherer Faserpreise um 24% gegenüber dem Vorjahreszeitraum auf 1,97 Mrd. EUR. Die Ergebnisentwicklung spiegelt neben dem Nachfragerückgang insbesondere die drastisch gestiegenen Energie- und Rohstoffkosten wider. Das Betriebsergebnis vor Abschreibungen (EBITDA) ging gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres um 11,6% auf 263 Mio. EUR zurück. Das Periodenergebnis ging um 33,9% auf 74,9 Mio. EUR zurück, das Ergebnis je Aktie lag bei 2,16 EUR (nach 3,77 EUR in den ersten drei Quartalen 2021). Das bereinigte Eigenkapital stieg aufgrund der operativen Ergebnisentwicklung und positiver Währungseffekte um 6,9% auf 2,26 Mrd. EUR Die bereinigte Eigenkapitalquote liegt infolgedessen bei 37,7%.

Vor dem Hintergrund der Ergebnisentwicklung und des deutlich verschlechterten Marktumfelds hat der Lenzing-Vorstand ein Programm zur Reorganisation und Kostensenkung aufgesetzt. Das Programm ist bereits in Umsetzung und soll nach vollständiger Implementierung annualisiert mindestens 70 Mio. EUR an Kosten einsparen.

„Wir erleben Verwerfungen an den Energie- und Rohstoffmärkten, die das Konsumklima belasten und unsere Sicht auf die kurz- bis mittelfristige Geschäftsentwicklung deutlich einschränken. Wir sind daher gefordert, unsere Anstrengungen zu verstärken, um diese Situation zu meistern und die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Lenzing weiter auszubauen. Deshalb haben wir ein globales Programm gestartet, das bereits kurzfristig zu ersten Kosteneinsparungen führen und Lenzing langfristig stärken wird“, sagt Vorstandsvorsitzender Stephan Sielaff.

Der Brutto-Cashflow verringerte sich in den ersten drei Quartalen 2022 um 17,6% auf 248,2 Mio. EUR Dieser Rückgang ist vor allem auf die Kostenentwicklung zurückzuführen. Der Cashflow aus der Betriebstätigkeit lag aufgrund des gestiegenen Working Capital bei 34,8 Mio. EUR (nach 307,8 Mio. EUR in den ersten drei Quartalen 2021). Der Free Cashflow lag insbesondere aufgrund der Investitionstätigkeit im Rahmen des Zellstoffprojekts in Brasilien bei minus 495,8 Mio. EUR (nach minus 317,9 Mio. EUR in den ersten drei Quartalen 2021). Die Investitionen in immaterielle Anlagen, Sachanlagen und biologische Vermögenswerte (CAPEX) gingen um 15,7% auf 532 Mio. EUR zurück. Das weiterhin hohe Niveau des Investitionsvolumens ist primär auf die Fertigstellung des Zellstoffprojekts in Brasilien zurückzuführen.

Stärkung des Spezialfaserwachstums
Die erfolgreiche Inbetriebnahme der beiden Schlüsselprojekte in Thailand und Brasilien sowie die Umsetzung der Projekte an den bestehenden Standorten in China und Indonesien stellten in den ersten drei Quartalen 2022 die Schwerpunkte der Investitionsaktivitäten der Lenzing dar. Mit der Eröffnung des Lyocellwerks in Thailand im ersten Quartal 2022 kann Lenzing ihren Spezialitätenanteil deutlich erhöhen und damit die strukturell wachsende Nachfrage nach Lyocellfasern der Marke Tencell noch besser bedienen. Das Projekt konnte trotz der pandemiebedingten Herausforderungen pünktlich und im geplanten Kostenrahmen realisiert, die bisher produzierten Mengen erfolgreich platziert werden. Die Produktionsanlage ist mit einer Nennkapazität von 100.000 t pro Jahr die größte ihrer Art weltweit.

In China und Indonesien investiert Lenzing derzeit mehr als 200 Mio. EUR, um bestehende Kapazitäten für Standardviscose in Kapazitäten für umweltverträgliche Spezialfasern umzuwandeln. In Nanjing arbeitet Lenzing an der Konvertierung einer Linie auf die Herstellung von Modalfasern. Das Produktportfolio des chinesischen Standortes wird damit per Ende 2022 gänzlich aus Spezialfasern bestehen. In Purwakarta schafft Lenzing zusätzliche Kapazitäten für Fasern der Marke Lenzing Ecovero. Der indonesische Standort wird im Jahr 2023 zum reinen Spezialviscose-Anbieter.

Ziel einer CO2-freien Zukunft
Im Zuge dieser Investitionen werden beide Standorte schrittweise auf erneuerbare Energie umgestellt; im dritten Quartal 2022 erfolgte in China und in Indonesien die Umstellung auf Grünstrom. Sowohl das neue Lyocellwerk in Thailand, das CO2-neutral betrieben wird, als auch die Investitionen in die bestehenden Standorte helfen Lenzing bei der Erreichung ihrer ambitionierten Klimaziele. Lenzing will ihre CO2-Emissionen bis 2030 um 50% reduzieren und bis 2050 eine Netto-Null erreichen. Lenzing war 2019 der weltweit erste Hersteller holzbasierter Cellulosefasern, dessen Klimaziele wissenschaftlich bestätigt wurden.

Mit dem neuen Zellstoffwerk in Brasilien stärkt Lenzing ihre Eigenversorgung mit Faserzellstoff und damit auch das Spezialfaserwachstum. Es wird zu den produktivsten und energieeffizientesten Werken der Welt zählen und mehr als 50% des erzeugten Stroms als erneuerbare Energie ins öffentliche Netz einspeisen. Mit dem pünktlich erfolgten Start der Inbetriebnahme darf sich Lenzing, das 51% am Joint-Venture LD Celulose hält, über einen weiteren Meilenstein freuen. Die Phase des Hochfahrens der Anlage wird voraussichtlich bis Ende 2022 abgeschlossen sein. Die ersten produzierten Mengen konnten bereits erfolgreich am Markt platziert werden.

Energie-Unabhängigkeit erhöht
Um sich unabhängiger von globalen Energiemärkten zu machen und die CO2-Emissionen entsprechend der strategischen Zielvorgaben weiter zu reduzieren, setzt Lenzing auch in Österreich noch stärker auf Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien. In der Berichtsperiode errichtete Lenzing gemeinsam mit dem österreichischen Energie-versorgungsunternehmen VERBUND mehrere Photovoltaikanlagen am gleichnamigen Standort in Oberösterreich. Die Freiflächenanlage ist mit einer Leistung von 5,6 MWp die größte ihrer Art im gesamten Bundesland. Die Leistung der drei Dachanlagen beläuft sich auf bei 1,5 MWp.

Lenzing gab außerdem die Unterzeichnung eines langfristigen Stromliefervertrags mit dem Grünstromerzeuger Enery und Energie Steiermark bekannt. Die dadurch finanzierte Photovoltaikanlage wird nach erfolgter Inbetriebnahme ab dem vierten Quartal 2023 das Faser- und Zellstoffwerk am Standort Lenzing mit weiterem Grünstrom versorgen. Die Leistung der Anlage wird 5,5 MWp betragen.

Nico Reiner neuer CFO
Der Lenzing Aufsichtsrat hat zum 1. Januar 2023 Nico Reiner zum neuen Chief Financial Officer bestellt. Er folgt in dieser Position Thomas Obendrauf nach, der den Aufsichtsrat im März darüber in Kenntnis setzte, für eine weitere Verlängerung seines im Juni 2022 auslaufenden Vertrages, nicht mehr zur Verfügung zu stehen. Bis zum Eintritt von Nico Reiner wird Sielaff weiterhin die Aufgaben des Finanzvorstands interimistisch ausüben, Thomas Obendrauf dem Unternehmen beratend zur Seite stehen.

Unternehmensstrategie weiterentwickelt
In der Berichtsperiode wurde auch eine umfassende Überprüfung der Unternehmensstrategie durchgeführt. Infolgedessen wird Lenzing ihren profitablen Wachstumskurs nach der erfolgreichen Umsetzung der beiden Schlüsselprojekte in Thailand und Brasilien fortsetzen, ihren Fokus auf nachhaltige und hochwertige Premium-Fasern für Textilien und Vliesstoffe schärfen und den Übergang von einem linearen zu einem Modell der Kreislaufwirtschaft weiter forcieren. Lenzing passte basierend auf dieser weiterentwickelten Unternehmensstrategie auch ihre finanziellen Ziele an und wird, ein gesundes wirtschaftliches Umfeld vorausgesetzt, ihr EBITDA bis 2027, bei einem ROCE von über 12%1, auf über 1 Mrd. EUR deutlich steigern.

Nachhaltigkeit
Bereits zum zweiten Mal wurde Lenzing von EcoVadis, einem führenden internationalen Anbieter von Nachhaltigkeitsratings für Unternehmen, für ihre Nachhaltigkeitsleistungen mit dem Platin-Status ausgezeichnet. Damit gehört Lenzing zum weltweit besten Prozent der von EcoVadis bewerteten Unternehmen in ihrer Industrie. Bereits im ersten Quartal durfte sich Lenzing über die Verleihung des renommierten ÖGUT-Umweltpreises 2022 in der Kategorie „World without waste“ freuen. Die Österreichische Gesellschaft für Umwelt und Technik (ÖGUT) würdigte damit den Beitrag der Lenzing für einen Wandel der Textilindustrie zu einem Modell der Kreislaufwirtschaft. 2021 war Lenzing gleich mehrfach für ihre Leistungen als „Nachhaltigkeits-Champion“ ausgezeichnet worden, darunter auch Top-Ratings durch CDP und MSCI.

Ausblick
Der Krieg in der Ukraine, Chinas Zero-Covid-Politik und die stark gestiegene Inflation haben die Weltwirtschaft deutlich beeinträchtigt. Der Internationale Währungsfonds senkte seine Wachstumserwartungen für das laufende Kalenderjahr im Juli auf 3,2%. Dieses verschlechterte Marktumfeld belastet zunehmend auch das Konsumklima sowie die Stimmung in den für Lenzing relevanten Industrien. Infolgedessen gingen die Geschäftsaussichten im dritten Quartal deutlich zurück.

Angesichts dieser verschlechterten Entwicklung des Marktumfelds setzte Lenzing ihre Prognose für die Ergebnisentwicklung im Geschäftsjahr 2022 am 19. September 2022 aus. Die Gruppe erwartet, dass sich das Ergebnis für das Geschäftsjahr 2022 im Bereich der aktuellen Markterwartung bewegen wird.

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