Lenzing Gruppe behauptet sich im Krisenjahr 2020
Umsetzung strategischer Investitionsprojekte schreitet planmäßig voran
Im Fokus der Maßnahmen standen der Schutz der Mitarbeiter/innen und Partner sowie die Sicherung des operativen Betriebes. Lenzing passte die Produktionsmengen agil dem Bedarf an und konnte ihren Kunden jederzeit den gewohnten Lieferservice bieten. Um den Effekt der unter Druck geratenen Faserpreise und Fasernachfrage zu mindern, intensivierte das Unternehmen außerdem die Maßnahmen zur strukturellen Ergebnisverbesserung und senkte die Betriebskosten deutlich.
Die unmittelbaren Auswirkungen der Covid-19-Krise erhöhten den Preis- und Mengendruck im Bereich der Textilfasern insbesondere im 2. Quartal 2020. Die Erholung der Nachfrage im 2. Halbjahr, insbesondere nach holzbasierten Spezialfasern, beeinflusste die Umsatz- und Ergebnisentwicklung positiv, konnte die Verluste aber nicht ausgleichen. Die Umsatzerlöse gingen 2020 um 22,4% auf EUR 1,63 Mrd. zurück. Die Ergebnisentwicklung reflektiert im Wesentlichen den Umsatzrückgang, wurde aber durch Maßnahmen zur strukturellen Ergebnisverbesserung in allen Regionen unterstützt. Das Betriebsergebnis vor Abschreibungen (EBITDA) verringerte sich im Berichtsjahr um 39,9% auf 196,6 Mio. EUR. Die EBITDA-Marge ging von 15,5% auf 12% zurück. Der Jahresüberschuss/-fehlbetrag lag bei minus 10,6 Mio. EUR (nach 114,9 Mio. EUR 2019) und das den Lenzing Aktionären zurechenbare Ergebnis je Aktie bei 0,24 EUR (nach 4,63 EUR 2019).
„2020 stand auch bei Lenzing überwiegend unter dem Einfluss der Covid-19-Pandemie. Lenzing reagierte rasch und entschlossen auf den erhöhten Preis- und Mengendruck. Im 2. Halbjahr erlebten wir eine breite Erholung am Fasermarkt, insbesondere die Nachfrage nach unseren nachhaltig erzeugten Spezialfasern ist deutlich gestiegen“, sagt der Vorstandsvorsitzende Stefan Doboczky. „Strategisch sind wir weiterhin voll auf Kurs und die Umsetzung der Schlüsselprojekte in Brasilien und Thailand verläuft unverändert nach Plan. Mit unseren Unternehmensprioritäten verfolgen wir konsequent ein großes Ziel, nämlich eine CO2-emissionsfreie Zukunft zu verwirklichen“, so Doboczky.
Stärkung des Spezialfaserwachstums
Die Investitionen in immaterielle Anlagen, Sachanlagen und biologische Vermögenswerte (CAPEX) haben sich 2020 auf 668,8 Mio. EUR nahezu verdreifacht. Der starke Anstieg des Investitionsvolumens ist auf die Umsetzung der Großprojekte in Brasilien und Thailand zurückzuführen. Die Erweiterung der Eigenversorgung mit Faserzellstoff, die Erhöhung des Spezialitätenanteils und die Umsetzung der Klimaziele im Sinne der Unternehmensstrategie sCore TEN stellten auch im Berichtsjahr den Schwerpunkt der Investitionsaktivitäten der Lenzing Gruppe dar.
Die Errichtung des Zellstoffwerks in Brasilien schreitet weiterhin planmäßig voran. Nach der finalen Investitionsentscheidung im Dezember 2019 beteiligte sich die Duratex-Gruppe im 1. Quartal des Berichtsjahres vereinbarungsgemäß mit einem Anteil von 49% am Joint-Venture LD Celulose. Lenzing hält 51% der Anteile. Die erwarteten Baukosten liegen bei 1,38 Mrd. USD. Finanziert wird das Projekt mittels Eigen- und langfristigem Fremdkapital. Der Abschluss der entsprechenden Finanzierungsverträge erfolgte planmäßig im 2. Quartal 2020. Die Inbetriebnahme des Zellstoffwerks ist für das 1. Halbjahr 2022 geplant.
Spezialfasern sind die ganz große Stärke von Lenzing. Die strategische Zielvorgabe, 2020 rund 50% des Konzernumsatzes mit Spezialfasern zu erzielen, ist bereits erreicht. Um künftig noch widerstandsfähiger gegen die Schwankungen des Marktes zu sein, will Lenzing in diesem Bereich weiter organisch wachsen. Im Fokus der nächsten Jahre steht dabei ganz klar die Errichtung der neuen hochmodernen Lyocellanlage in Thailand. Der Anteil der Spezialfasern an den Umsatzerlösen des Segments Fasern soll dadurch bis 2024 auf mehr als 75% gesteigert werden. Das Investitionsvolumen für die neue Anlage mit einer Nennkapazität von 100.000 t beträgt etwa 400 Mio. EUR Die Bauarbeiten starteten im 2. Halbjahr 2019 und verliefen auch im Berichtsjahr planmäßig. Gegen Ende des Jahres 2021 soll die Produktion aufgenommen werden.
Solide Bilanzstruktur
Für die Finanzierung des operativen Wachstums platzierte das Unternehmen schon 2019 als eines der ersten Unternehmen weltweit ein Schuldscheindarlehen, das an die eigenen Nachhaltigkeitsleistungen gekoppelt ist. Um die Kapitalstruktur des Unternehmens weiter zu stärken, emittierte Lenzing im November 2020 erfolgreich eine nachrangige Hybridanleihe über 500 Mio. EUR, die nach IFRS als Eigenkapital ausgewiesen wird. Die Anleihe war mehrfach überzeichnet, läuft unbegrenzt und ist mit einem jährlichen Kupon von 5,75% ausgestattet. Das bereinigte Eigenkapital stieg infolgedessen im Berichtsjahr um 22,5% auf 1,91 Mrd. EUR per 31. Dezember 2020, was einer bereinigten Eigenkapitalquote von 45,8% entspricht.
Nachhaltigkeit
Die Gruppe leistet mit der Umsetzung ihrer Science-based targets einen aktiven Beitrag zur Bewältigung der durch den Klimawandel bedingten Probleme. Lenzing legte sich 2019 strategisch fest, ihre Treibhausgasemissionen pro Tonne Produkt bis 2030 um 50% zu reduzieren. Das Ziel für 2050 lautet klimaneutral zu sein. Die Umsetzung der beiden Schlüsselprojekte in Brasilien und Thailand ist ein bedeutender Meilenstein auf diesem Weg. Der Standort in Thailand ermöglicht mit seiner beispielhaften Infrastruktur eine nachhaltige biogene Energieversorgung. Das Werk in Brasilien wird darüber hinaus mehr als 50% des erzeugten Stroms als erneuerbare Energie ins öffentliche Netz einspeisen.
Lenzing wurde im Geschäftsjahr 2020 gleich mehrfach für ihre Leistungen, insbesondere im Nachhaltigkeitsbereich, ausgezeichnet.
Prognose für 2021
Der Internationale Währungsfonds rechnet für das Jahr 2021 mit einem globalen Wachstum von 5,5%. Die wirtschaftliche Erholung nach der tiefen Rezession durch Covid-19 ist jedoch mit Risiken behaftet und hängt vor allem vom weiteren Verlauf der Pandemie ab. Das Wechselkursumfeld bleibt in den für Lenzing wichtigen Regionen voraussichtlich volatil.
Die globalen Faser- und Zellstoffmärkte gerieten infolge der Covid-19-Krise erheblich unter Druck. Die deutliche Erholung der Nachfrage ab dem 3. Quartal 2020, ausgehend von China, setzte sich bis in das 1. Quartal 2021 fort und sorgt derzeit für ein freundliches Marktumfeld. Im Markt für Baumwolle zeichnet sich in der laufenden Erntesaison 2020/2021 eine Verknappung des Angebotes, insbesondere bei Bio-Baumwolle, und damit einhergehend eine gleichbleibende Entwicklung der Lagermengen ab.
Gleichzeitig geht Lenzing unverändert von einem steigenden Bedarf an nachhaltigen Fasern für die Textil- und Bekleidungsindustrie sowie die Hygiene- und Medizinbranche aus. Dieser Trend dürfte sich, nicht zuletzt auch aufgrund diverser Gesetzesinitiativen, auch nach der Covid-19-Pandemie ungebremst fortsetzen.
Mit der Aussicht auf baldige Impfung einer breiten Bevölkerungsgruppe gegen Covid-19 wachsen auch in der textilen Wertschöpfungskette der Optimismus und das Vertrauen in eine baldige Rückkehr zur Normalität. Das derzeit positive Umfeld ist jedoch nach wie vor von einer großen Unsicherheit durch die Pandemie geprägt. Die Ergebnis-Visibilität bleibt daher eingeschränkt. Die Gruppe erwartet für 2021, unter Berücksichtigung der genannten Faktoren, eine Entwicklung des operativen Ergebnisses, die auf einem vergleichbaren Niveau wie im Vorkrisenjahr 2019 liegen wird.
Angesichts dieser Entwicklungen und mit ihrer Unternehmensstrategie sCore TEN sieht man sich sehr gut positioniert und wird insbesondere die strategischen Investitionsprojekte, die ab 2022 einen signifikanten Ergebnisbeitrag liefern werden, entschlossen vorantreiben.